Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbscheinseinziehung und -erteilung. Erbschein

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß §§ 2355, 2356 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts grundsätzlich die Urschrift der Urkunde vorzulegen, auf die das Erbrecht gestützt wird. Ist diese jedoch nicht auffindbar (vgl. § 2356 Abs. 1 Satz 2 BGB), so kann die Errichtung und der Inhalt eines Testaments auch mit Hilfe anderer Beweismittel dargetan werden, insbesondere durch Vorlage einer Durchschrift, einer Abschrift oder einer Ablichtung des Testaments.

2. Die durch § 28 Abs. 2 TestG mit Wirkung vom 4.8.1938 eingeführte, seit 1.4.1953 als § 2267 BGB n.F. geltende Formerleichterung schließt nicht aus, daß Eheleute weiterhin nach § 2267 BGB a.F. verfahren.

 

Normenkette

BGB §§ 2267, 2355, 2356 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 31.08.1992; Aktenzeichen 4 T 464/92)

AG Mühldorf a. Inn (Aktenzeichen VI 628/90)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 31. August 1992 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 4 hat die den Beteiligten zu 1 bis 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 203 000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der am 1990 im Alter von 63 Jahren verstorbene Erblasser war seit 30.6.1989 mit der Beteiligten zu 4 in zweiter Ehe kinderlos verheiratet. Aus seiner ersten, seit 30.5.1989 geschiedenen Ehe sind drei Kinder, die Beteiligten zu 1 bis 3, hervorgegangen.

Der Erblasser hat am 11.7.1988 ein notarielles Testament errichtet. In Nr. I dieser Urkunde erklärte er, er sei weder durch einen Erbvertrag noch durch ein gemeinschaftliches Testament in der freien Verfügung über seinen Nachlaß gebunden; alle bisher errichteten Verfügungen von Todes wegen hebe er auf. Er sei derzeit noch verheiratet, lebe aber von seiner Ehefrau getrennt; ein Scheidungsantrag sei bereits gestellt. In Nr. II setzte der Erblasser seine spätere zweite Ehefrau, die Beteiligte zu 4, zu seiner „alleinigen und ausschliesslichen” Erbin ein.

Dem Nachlaßgericht sind außerdem zwei letztwillige Verfügungen des Erblassers vom 29.12.1980 übergeben worden, die er jeweils als handschriftlichen Zusatz zu einer maschinengeschriebenen Waffenbestandsmitteilung verfaßt und unterzeichnet hatte. Diese Verfügungen sind inhaltlich gleichlautend und regeln die Aufteilung der Waffensammlung des Erblassers unter seine beiden Söhne (die Beteiligten zu 2 und 3).

Ein weiteres Testament des Erblassers vom 24.1.1983 lag dem Nachlaßgericht lediglich als Fotokopie vor. Diese Erklärung besteht aus zwei handgeschriebenen DIN A-Seiten und hat folgenden Wortlaut: W. 24. Januar 1983

Testament

Ich …(Erblasser),… verfüge, daß bei meinem Ableben aus dem Nachlaß meine Kinder A. (Beteiligte zu 1), D. (Beteiligter zu 2) und H. (Beteiligter zu 3) folgende Anteile bekommen:

  1. Aus Spar- und Pfandbriefen … jedes je 1/3 – ca. 700 000 DM insgesamt!
  2. das Haus A.Straße bekommen D. und H. je zur Hälfte. Sie haben daher von den Pfandbriefen meiner Tochter A. je 50 000 DM – insgesamt 100 000 DM zu geben.
  3. meine Münzsammlung … teilt sich in drei Teile auf.
  4. Schmuck … teilt sich in drei Teile.
  5. meine Waffensammlung bekommen je zur Hälfte D. und H.
  6. die Briefmarkensammlung erhält A. als Ausgleich allein.
  7. der Baugrund M.Weg gehört D.
  8. die gekaufte Wohnung in der H.Straße gehört allen 3 Kindern. Die Wohnung ist zu vermieten. Der Erlös teilt sich. Die Hypothek ist daher von allen 3 Kindern gemeinsam zu bezahlen ….
  9. meine Bücher sind in 3 Teile zu teilen.
  10. der Pkw soll H. gehören.
  11. die vorhandene Munition gehört D. und H. gemeinsam je 1/2.
  12. Lebensversicherungen für alle 3 sind im Aktenkoffer und beim Safe …

    Diese Verfügung wurde bei voller geistiger Verfassung geschrieben. Verfügt wird noch, daß bei der Aufteilung nicht gestritten wird. Wer streitet, soll die Hälfte seines Erbes verlieren.

G. A.

Quer entlang dem linken Blattrand der zweiten Seite hat der Erblasser folgenden Vermerk gesetzt und mit seinem Handzeichen versehen:

Kopie dieser Verfügung liegt im Safe …, ebenso die Aufstellung der Münzen und Pfandbriefe!

Die dem Nachlaßgericht vorgelegte Testamentskopie befand sich in einem verschlossenen Briefumschlag, der außerdem die Kopie einer von der ersten Ehefrau des Erblassers eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten Erklärung enthielt. Sie lautet: W. d. 24. Jan. 1983

Testament

Ich, … (damalige Ehefrau des Erblassers) schließe mich den Testament meines Mannes v. 24 Januar 1983 voll u ganz an. Diese Verfügung wurde bei voller geistiger Verfassung geschrieben.

P. A.

Im Beschwerdeverfahren hat die Beteiligte zu 4 eine vom Erblasser eigenhändig geschriebene und unterzeichnete Erklärung vom 7.5.1989 vorgelegt. Sie trägt die Überschrift: „Zusatz zum Testament. hier: eidesstattliche Erklärung über finanzielle Zuwendungen an meine Kinder wegen Erbausschluß” und lautet:

Meine 3 Kinder A., D. und H. sind nach meinem Tode nicht mehr erbberechtigt.

Beg...

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