Leitsatz (amtlich)

Für Zeiträume nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine GmbH ist im Regelfall kein Raum für individuelle Auskunftsansprüche von Gesellschaftern gegen den Insolvenzverwalter bezüglich der Insolvenzmasse.

 

Normenkette

GmbHG § 51; InsO § 80

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 15.10.2004; Aktenzeichen 2H T 747/04)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG Memmingen vom 15.10.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten der Antragsgegnerin trägt die Antragstellerin.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen Beschwerde wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Alleingesellschafterin einer GmbH, deren Satzungszweck die Herstellung und der Vertrieb u.a. von Textilmaschinen ist. Über die Gesellschaft wurde am 29.10.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft wird seither durch den Insolvenzverwalter weitergeführt.

Erstmals mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 3.7.2003 ersuchte die Antragstellerin den Insolvenzverwalter um Auskunft über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft. Dieses und weitere Auskunftsverlangen wurden vom Insolvenzverwalter abgelehnt.

Daraufhin begehrte die Antragstellerin beim LG die Feststellung, dass der Insolvenzverwalter insb. durch Vorlage der betriebswirtschaftlichen Auswertung Auskunft zu geben habe über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft zum 31.12.2003. Die Auskunft diene dem Zweck der Prüfung, ob die Antragstellerin "durch Ausgleich der noch bestehenden Verbindlichkeiten" das Insolvenzverfahren beenden und die Gesellschaft selbst weiterführen könne.

In der mündlichen Verhandlung vom 14.7.2004 änderte die Antragstellerin ihr Feststellungsbegehren dahingehend, dass die Auskunft über die zum 31.12.2003 bestehende wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu geben sei durch Vorlage des Jahresabschlusses zum 31.12.2003 einschließlich Gewinn- und Verlustrechnung und des Berichts der betriebswirtschaftlichen Auswertungen zum 30.6.2004, aus denen das Anlagevermögen, Umlaufvermögen, die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, die sonstigen Verbindlichkeiten, die Vor-/Umsatzsteuer, Wertberichtigungen und Rückstellungen, Umsatzerlöse, der Rohertrag, die Kostenarten, die Gesamtkosten, das Betriebsergebnis, das Ergebnis vor Steuern, die Barliquidität Wechsel und Scheck, Wertpapiervermögen sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ersichtlich seien.

Mit Schriftsatz vom 6.9.2004 änderte die Antragstellerin erneut ihr Feststellungsbegehren dahingehend, dass statt des 31.12.2003 der 31.10.2003 als maßgebliches Datum für die Bilanzunterlagen genannt wurde; ihr sei erst nachträglich bekannt geworden, dass die Gesellschaft ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr habe. Außerdem aktualisierte sie hinsichtlich der verlangten betriebswirtschaftlichen Auswertungen das Datum auf den 31.8.2004. Diesen Antrag wies das LG am 15.10.2004 zurück und ließ die sofortige Beschwerde zu.

Gegen den ihr am 20.10.2004 zugestellten Beschluss legte die Antragstellerin über ihre Verfahrensbevollmächtigten am 3.11.2004 sofortige Beschwerde ein. Sie verfolgt damit weiterhin das Ziel, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses ihrem zuletzt vor dem LG gestellten Feststellungsantrag zum Erfolg zu verhelfen.

II. Das Rechtsmittel ist statthaft, insb. vom LG zugelassen sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 51b S. 1 GmbHG, § 132 Abs. 3, § 99 Abs. 3 S. 2 und 4 AktG). Es hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. In seiner Entscheidung hat das LG ausgeführt: Zwar richte sich der geltend gemachte Auskunftsanspruch zutreffend gegen den Insolvenzverwalter und nicht gegen die Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer, als Antragsgegner. Denn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH habe zur Folge, dass für die entsprechende Insolvenzmasse das Verwaltungs- und Verfügungsrecht gem. § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergehe. Doch werde das Recht der Antragstellerin aus § 51a GmbHG durch die speziellen Regelungen der InsO verdrängt.

Die aktuelle wirtschaftliche Gesamtsituation der Gesellschaft, auf die sich das auf Auskunftsbegehren der Antragstellerin beziehe, spiegele das Ergebnis zahlreicher Handlungen des Insolvenzverwalters wider, die auf der Weiterführung des Betriebs beruhten. Insoweit trete das Informationsrecht eines Gesellschafters zurück hinter die Rechenschafts- und Auskunftspflicht des Insolvenzverwalters ggü. den Gläubigern nach § 66 Abs. 1, § 79 InsO. Diese Pflicht trage einerseits dem berechtigten Informationsverlangen von Gläubigern Rechnung und berücksichtige andererseits die weitgehend unabhängige und umfassende Aufgabenstellung des Insolvenzverwalters. Dieser sei im Übrigen zwar dem Insolvenzgericht und der Gläubigerversammlung, aber nicht den einzelnen Gläubigern auskunftspflichtig. Die Antragstellerin sei trotz ihrer Gesellsch...

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