Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Veränderung der Gemeinschaftsordnung durch jahrelange abweichende Kostenverteilung

 

Beteiligte

die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnanlage … (Eigentümerliste in der Anlage zum Beschluß des Landgerichts)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 23. Juli 1985 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Nr. II dieses Beschlusses zu lauten hat:

Der Eigentümerbeschluß vom 19.9.1984 zu Tagungsordnungspunkt 1 (Jahresabrechnung 1983) wird für ungültig erklärt, soweit er sich auf die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten für die Tiefgaragenstellplätze bezieht.

II. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Seit 1975, dem Bestehen dieser Anlage, wurden die Bewirtschaftungskosten für die Stellplätze in der Tiefgarage nicht wie in § 17 Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung (GO) vorgesehen nach dem tatsächlichen Aufwand abgerechnet und allein auf die Inhaber der Stellplätze aufgeteilt, sondern mit den übrigen Kosten ermittelt und auf sämtliche Wohnungseigentümer umgelegt.

Die Antragsteller, welche 1983 Sondereigentum dieser Wohnanlage erworben haben, beanstanden diese Abrechnungsweise. Sie haben mit ihrem am 12.10.1984 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 19.9.1984 zu TOP 1 – mit ihm wurde die Jahresabrechnung 1983 mehrheitlich gebilligt – für ungültig zu erklären und die Verwalterin zu verpflichten, die Jahresabrechnung 1983 bezüglich der Stellplätze entsprechend der Regelung in der Gemeinschaftsordnung vorzunehmen. Das Amtsgericht hat diese Anträge mit Beschluß vom 17.11.1984 abgewiesen. Das Landgericht hat ihnen mit Beschluß vom 23.7.1985 unter Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung entsprochen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der angefochtene Eigentümerbeschluß sei für ungültig zu erklären. Die Jahresabrechnung 1983 entspreche nicht der in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelung. Allein diese sei maßgebend. Dahinstehen könne, ob mit Rücksicht auf die jahrelang praktizierte Abrechnungsweise das Zustandekommen einer Vereinbarung angenommen werden könne, welche die Gemeinschaftsordnung abgeändert habe. Gegenüber den Antragstellern wäre eine solche Vereinbarung jedenfalls unwirksam, weil sie nicht in das Grundbuch eingetragen sei. Ein Eigentümerbeschluß, durch den die Gemeinschaftsordnung abgeändert worden wäre, liege nicht vor. Die Verwalterin sei mithin verpflichtet, die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten für die Stellplätze so vorzunehmen, wie es die Gemeinschaftsordnung vorschreibe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Das Landgericht hat den Eigentümerbeschluß vom 19.9.1984 über die Jahresabrechnung dem äußeren Wortlaut nach ohne Einschränkung für ungültig erklärt (Nr. I), die Verwalterin jedoch nur verpflichtet, die Jahresabrechnung 1983 bezüglich der Stellplätze neu vorzunehmen. Der Zusammenhang ergibt, daß der Eigentümerbeschluß nur für ungültig erklärt ist, soweit er sich auf die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten für die Tiefgaragenstellplätze bezieht.

Die Antragsteller haben nur die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten für die Stellplätze beanstandet. Ihr Antrag, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären, bezieht sich nur auf diesen Abrechnungsposten. Davon ist auch das Landgericht ausgegangen, wie sich seinem Beschluß entnehmen läßt, auch wenn es dies nicht, wie das Amtsgericht, ausdrücklich hervorgehoben hat.

Dem ist beizupflichten. Eine Antragsbeschränkung und dementsprechend eine auf einzelne Rechnungsposten beschränkte Ungültigkeitserklärung eines Eigentümerbeschlusses sind möglich (BayObLGZ 1974, 172/175; Senatsbeschluß vom 5.12.1984 BReg. 2 Z 68/84). Wegen der Ausschlußfrist des § 23 Abs. 4 WEG ist der Richter im Verfahren über die Beschlußanfechtung an den gestellten Sachantrag gebunden (BayObLG aaO). Ob und inwieweit ein Eigentümerbeschluß angefochten sein soll, bestimmt in Wohnungseigentumssachen allein der Antragsteller. Er hat es auch in der Hand, die Anfechtung auf selbständige Rechnungsposten einer Abrechnung zu beschränken, wenn er sich wie hier gegen einen Eigentümerbeschluß wendet, durch den eine Jahresabrechnung bestätigt worden ist (BayObLG aaO). Da dies hier geschehen ist, erscheint es angezeigt, den Inhalt der nunmehr bestätigten Entscheidung des Landgerichts im Tenor klarzustellen.

b) Das Landgericht hat den angefochtenen Eigentümerbeschluß (in dem eben klargestellten Umfang) zu Recht für ungültig erklärt, weil er dem in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssel zum Nachteil der Antragste...

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