Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungeigentumssache: Rechtsmißbräuchlicher Unterlassungsanspruch zur Ausschaltung eines Konkurrenten sowie Einvernahme Beteiligter im WE-Verfahren

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 4638/95)

AG Rosenheim (Aktenzeichen 10 UR II 11/95)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 6. Mai 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 DM festgesetzt. Der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht wird in Abänderung der Festsetzung in dem Beschluß des Amtsgerichts vom 24. November 1995 ebenfalls auf 20.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin, eine GmbH, sind Wohnungseigentümer in einer aus mehreren Häusern bestehenden Wohnanlage. Die Wohnungen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin liegen im Erdgeschoß eines der Häuser, das sich in unmittelbarer Nähe der Kraftfahrzeugzulassungsstelle befindet. Die beiden Wohnungen grenzen unmittelbar aneinander. Die Antragsgegnerin stellt in ihrer Wohnung seit 1993/1994 Kraftfahrzeugkennzeichen her und vertreibt sie dort. Im Erdgeschoß befindet sich außerdem eine weitere Wohnung, die K. gehört. Dieser betreibt in der Wohnung seit 1989 ein Versicherungsbüro und eine Werkstatt zum Prägen von Kraftfahrzeugkennzeichen. Der Antrag von K., der Antragsgegnerin zu verbieten, ihre Wohnung zur Herstellung von Kraftfahrzeugkennzeichen zu nutzen, wurde im Jahr 1996 rechtskräftig abgewiesen (vgl. Beschluß des Senats vom 18.4.1996, BayObLGZ 1996, 97 = NJW-RR 1996, 1359).

Die Antragstellerin hat beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, ihre Wohnung zur Herstellung von Kraftfahrzeugkennzeichen zu nutzen. Das Amtsgericht hat den Antrag am 24.11.1995 abgewiesen, das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin durch Beschluß vom 6.5.1997 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Einem möglichen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Die Antragstellerin verfolge nicht ihre eigenen Interessen als Wohnungseigentümerin, sondern die wirtschaftlichen Interessen von K. als Wettbewerber der Antragsgegnerin. Dies ergebe sich aus den engen persönlichen Beziehungen zwischen der Antragstellerin und K., bei dem die Antragstellerin außerdem beschäftigt sei. Dafür spreche ferner, daß nennenswerte Beeinträchtigungen der Antragstellerin durch die gewerbliche Tätigkeit der Antragsgegnerin nicht festgestellt worden seien.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Wohnungseigentum der Antragsgegnerin ist in der Teilungserklärung wie auch die anderen Wohnungseigentumsrechte im Erdgeschoß als „Wohnung” bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gemäß § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG mit der Folge, daß das Wohnungseigentum nur als Wohnung genutzt werden darf; allerdings ist auch eine Nutzung zu anderen als zu Wohnzwecken zulässig, sofern dadurch andere Wohnungseigentümer nicht mehr beeinträchtigt werden, als durch eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung als Wohnung (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BayObLG NJW-RR 1996, 1358 m.w.N.). Hält sich die Nutzung eines Wohnungseigentums nicht in diesem Rahmen, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG.

b) Ohne Rechtsfehler hat es das Landgericht offengelassen, ob ein Unterlassungsanspruch besteht, weil diesem jedenfalls der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenstünde.

Der Senat hat in seinem Beschluß vom 18.4.1996 ausgeführt, daß auch dem auf § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG gestützten Unterlassungsanspruch der Einwand der gemäß § 242 BGB unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden kann, wenn ein Wohnungseigentümer mit dem Unterlassungsanspruch Zwecke verfolgt, für die der Anspruch von der Rechtsordnung nicht zur Verfügung gestellt ist. Ein Rechtsmißbrauch kann insbesondere darin liegen, daß die Unterlassung nicht wegen der damit verbundenen Beeinträchtigungen als Wohnungseigentümer im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG verlangt wird, sondern um einen geschäftlichen Konkurrenten auszuschalten. Daran hält der Senat fest. Dasselbe gilt aber auch, wenn der Wohnungseigentümer, der die Unterlassung verlangt, zwar nicht selbst Wettbewerber desjenigen ist, gegen den sich der Unterlassungsanspruch richtet, der Anspruch von ihm aber allein im Interesse eines Dritten geltendgemacht wird, der Wettbewerber ist.

c) Nach Ansicht des Landgerichts ist die Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als Wohnungseigentümerin lediglich vorgeschoben; in Wahrheit gehe es ihr darum, den K. versagten Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Das Landgericht stützt dies...

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