Entscheidungsstichwort (Thema)

Formwirksamkeit eines Testaments

 

Normenkette

BGB § 2087 Abs. 2, § 2247

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Beschluss vom 26.03.1993; Aktenzeichen 1 T 103/91)

AG Bad Kissingen (Aktenzeichen VI 63/91)

 

Tenor

  • Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 26. März 1993 wird zurückgewiesen.
  • Die Beteiligte zu 1 hat der Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
  • Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 275.000 DM festgesetzt.
 

Tatbestand

I.

Der Erblasser, ein katholischer Geistlicher, ist am 1991 verstorben. Seine Eltern sind vorverstorben. Die Beteiligte zu 1 ist seine Halbschwester aus der zweiten Ehe seines Vaters. Der Erblasser war vor seinem Tode über viele Jahre als Pfarrer in … tätig, wo er auch wohnte. Er war dort auch für die Verwaltung der Kirchenstiftung seiner Gemeinde, die Beteiligte zu 2, verantwortlich. Der Aktivnachlaß besteht im wesentlichen aus Bankguthaben und Bargeld im Wert von ca. 275.000 DM, einem Auto und Mobiliar im Wert von ca. 18.000 DM sowie einer Lebensversicherung.

Der Erblasser hat zwei handschriftliche Testamente verfaßt, die beide das Datum 2.2.1956 tragen und ursprünglich gleich lauteten. Darin war im wesentlichen verfügt:

“Meinen privaten Meßkelch soll der Bonifatiusverein erhalten zur Verwendung für die Diaspora.

Meine Bankguthaben … und mein Sterbegeld … sollen verwendet werden um noch vorhandene Schulden zu bezahlen und die Beerdigungskosten zu begleichen. Den Rest des Geldes sollen meine Eltern und meine Schwester erhalten.

Meinen übrigen Besitz (z.B. Kleidung, Wäsche, Bücher, Fahrzeuge, Schreibmaschine, Photogeräte, Musikinstrumente u.a.) sollen meine Eltern und meine Schwester erhalten.

Zum Testamentsvollstrecker setze ich ein H.… Dieser möge sich aus meinen hinterlassenen Büchern …”

Das eine Testament wurde in einem Umschlag bei dem Bischöflichen Ordinariat … verwahrt. Mit Schreiben vom Januar 1979 und März 1982 wies dieses den Erblasser darauf hin, daß auf dem Testament, das bei den Akten hinterlegt sei, das Ausstellungsdatum fehle, und bat, dieses baldmöglichst mitzuteilen.

Das andere Testament behielt der Erblasser bei sich. Am 21.8.1972 brachte er darauf handschriftliche Streichungen und Zusätze an. Von den bedachten Personen sind die Eltern und die Schwester jeweils gestrichen. Auch der Name des Testamentsvollstreckers ist gestrichen. Die geänderten Sätze des Testaments lauten nunmehr:

“ … Den Rest des Geldes sollen die Kirchenkasse meines Wohnortes und meine Haushälterin je zur Hälfte erhalten.

Meinen übrigen Besitz … soll das Priesterseminar … erhalten.

Mein Testamentsvollstrecker möge sich aus meinen hinterlassenen Büchern …”

Am linken Rand hat der Erblasser quer vermerkt:

“Meine Eltern sind verstorben und meine Schwester erhält nichts, da sie mir bis zur Stunde nichts ausgezahlt hat von meinem 1/4 Anteil an den Mieteinahmen der Wohnung in … Diese Eigentumswohnung meines Vaters fiel zur Hälfte an meine inzwischen verstorbene Mutter, und zu je ein 1/4 an mich und an meine Schwester. Letztere erhielt den Anteil von meiner Mutter. Die Kinder meiner Schwester erhalten mein 1/4 Eigentum zu gleichen Teilen! Was meine Schwester mir vorenthalten, geht in die Tausende.”

In der rechten oberen Ecke findet sich schräg geschrieben der folgende vom Erblasser datierte und unterschriebene Vermerk:

“Heute am Montag, den 21.8.1972, am Tage vor meinem Urlaub habe ich die Änderungen und Ergänzungen vorgenommen.”

Die Eigentumswohnung haben die Geschwister mit notariellem Vertrag vom 30.10.1974 für 44.000 DM verkauft. Die in dem Nachtrag erwähnte Haushälterin des Erblassers ist 1980 vorverstorben. Die Kirchenkasse des letzten Wohnortes des Erblassers wird von der Kirchenstiftung verwaltet.

Die Schwester des Erblassers hat mit Schreiben vom 10.5.1991 an das Nachlaßgericht das Testament vom 2.2.1956 in dessen am 21.8.1972 geänderter Fassung angefochten, da sich der Erblasser hinsichtlich ihres Verhaltens im Zusammenhang mit der Wohnung geirrt habe. Die von ihr für die Wohnung aufgewendeten Kosten hätten die Mieteinnahmen bei weitem überstiegen, so daß dem Erblasser kein Geld vorenthalten worden sei. Die Schwester ist der Auffassung, daß sie aufgrund des ursprünglichen Testaments Alleinerbin geworden ist, und hat die Erteilung eines entsprechenden Erbscheins beantragt. Demgegenüber geht die Kirchenstiftung davon aus, daß die Anfechtung nicht durchgreife und sich die Erbfolge nach dem geänderten Testament vom 21.8.1972 richte. Sie ist der Auffassung, daß sie aufgrund dieses Testaments zur Alleinerbin eingesetzt sei, und hat ebenfalls einen entsprechenden Erbschein beantragt.

Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 21.5.1991 einen Testamentsvollstrecker ernannt. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen hat es mit Beschluß vom 8.11.1991 angekündigt, es werde der Kirchenstiftung einen Erbschein als Alleinerbin verbunden mit einem Testamentsvollstreckervermerk erteile...

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