Leitsatz (amtlich)

›Wird in einem Mietvertrag über Wohnraum eine Formularklausel verwendet, wonach der nach Monaten festgesetzte Mietzins spätestens am dritten Werktag eines jeden Monats im voraus zu zahlen ist, so ist diese Klausel nicht deshalb unwirksam, weil in einer weiteren Formularklausel des Vertrages die Aufrechnung mit anderen Forderungen als solchen nach § 538 BGB als ausgeschlossen gilt, soweit die Forderung nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist.‹

 

Gründe

Der Bekl. mietete im Jahr 1987 in einem Anwesen von der Eigentümerin mit 2 getrennten Formularmietverträgen eine Wohnung und Gewerberäume. Der Wohnraummietvertrag enthält u.a. folgende Klauseln:

"Der Mietpreis ist spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats an der Vermieter ... kostenfrei im voraus zu zahlen. ... Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. ...

Der Mieter kann mit einer Forderung nach § 538 BGB aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung des Zurückbehaltungsrecht ausüben. Eine Aufrechnung oder das Geltendmachen eines Zurückbehaltungsrechts ist aber nur dann zulässig, wenn der Mieter seine Absicht einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses schriftlich anzeigt.

Eine Aufrechnung mit einer anderweitigen Forderung gilt als ausgeschlossen, soweit sie nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist."

In der Folgezeit ging die Miete für die Wohnung trotz Mahnung der Vermieterin wiederholt erst mehrere Tage nach dem vertraglich festgelegten Termin auf dem für die Mietzahlung benannten Konto ein. Unter anderem deshalb kündigte die Vermieterin (und nunmehrige Kl.) beide Mietverhältnisse zum 28.2.1992.

Das AG hat den Bekl. zur Räumung sowohl der Wohnung wie auch der Gewerberäume verurteilt. Es hat die Kündigung für wirksam erachtet. Hinsichtlich der Kündigung der Wohnräume hat es sich darauf gestützt, daß der Bekl. seine vertraglichen Verpflichtungen durch die verspäteten Mietzahlungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt habe (§ 564 b Abs. 2 Nr. 1 BGB) und daher ein berechtigtes Interesse der Kl. an einer Beendigung des Mietverhältnisses bestehe. Mit der Berufung wendet sich der Bekl. nur noch gegen die Verurteilung zur Räumung der Wohnung. Das LG hat am 20.11.1992 beschlossen, einen Rechtsentscheid zu folgenden Fragen einzuholen:

1. Ist die Formularklausel:

"Eine Aufrechnung mit einer anderweitigen Forderung gilt als ausgeschlossen, soweit sie nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist"

wirksam, wobei der Begriff "anderweitige Forderung" im Gegensatz steht zu einer Forderung nach § 538 BGB.

2. Falls die Frage zu 1) bejaht wird:

Ist dann die in dem gleichen Mietvertragsformular enthaltende Mietvertragsvorauszahlungsklausel:

"Der Mietpreis ist spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats an den Vermieter ... kostenfrei im voraus zu zahlen ...

Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an"

wirksam?

3. falls die Frage zu 1) verneint wird:

Muß sich der Verwender der Aufrechnungsklausel nicht so behandeln lassen, als sei die Klausel wirksam (§ 5 AGBG) und ist dann die Vorauszahlungsklausel unwirksam?

Zur Begründung hat es ausgeführt, es beabsichtige der Berufung stattzugeben, da es die Vorauszahlungsvereinbarung im Zusammenhang mit der formularmäßigen Aufrechnungsbeschränkung jedenfalls dann für unwirksam halte, wenn die Aufrechnungsbeschränkung wirksam sei. Es folge insoweit der Auffassung des LG München I (WuM 1991, 389) und des OLG München (WuM 1992, 232). Es tendiere jedoch dazu, lediglich die Aufrechnungsbeschränkung als unwirksam anzusehen, so daß die Vorauszahlungsvereinbarung dann isoliert wirksam bleibe. Die Frage stehe auch in einem anderen Verfahren vor dem LG zur Entscheidung an, ihr komme deshalb auch im Hinblick auf weitere zu erwartende Verfahren grundsätzliche Bedeutung zu.

Von den Parteien hat sich nur die Kl. geäußert. Sie hält die vorgelegten Rechtsfragen nicht für entscheidungserheblich.

II. 1. Die Vorlage, über die das BayObLG zu entscheiden hat (BayObLGZ 1991,348,350 und ständ. Rechtspr. des Senats), ist statthaft. Die übrigen Voraussetzungen für den Erlaß eines Rechtsentscheids sind allerdings nur zum Teil gegeben.

a) Das LG hat in der Begründung des Vorlagebeschlusses nicht alle für die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfragen wesentlichen Umstände dargelegt.

aa) Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Klausel, daß es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes ankommt, für die Entscheidung des Rechtsstreits Bedeutung hat. Ein Rechtsentscheid zu Nr. 2 letzter Absatz der Vorlagefragen ergeht daher nicht. Selbst wenn man von der Unwirksamkeit der Klausel ausgeht, ist der Bekl. nach seinem eigenen Vortrag der Verpflichtung zur rechtzeitigen Absendung des Geldes wiederholt nicht nachgekommen. So hat er in der Zeit bis September 1988 den Absendungstermin trotz mehrerer Mahnungen wiederholt um mehrere Tage übers...

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