Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Pflicht zur Neuplanzung einer eigenmächtig im sondergenutzten Garten gefällten Birke

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Entscheidung vom 17.02.1997; Aktenzeichen 60 T 2066/96)

AG Freising (Entscheidung vom 17.06.1996; Aktenzeichen 2 UR II 4/96)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Landshut vom 17. Februar 1997 aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts Freising vom 17. Juni 1996 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Androhung von Zwangsmitteln entfällt.

III. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die Gerichtskosten aller Rechtszüge zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2 500 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. An der vor ihrer Erdgeschoßwohnung liegenden ca. 50 m² großen Gartenfläche ist den Antragsgegnern das Sondernutzungsrecht eingeräumt. Als die Antragsgegner ihre Wohnung im Jahr 1991 erwarben, stand auf der Sondernutzungsfläche eine Birke, die zuletzt ca. 12 m hoch war. Am 23.3.1996 fällten die Antragsgegner diesen Baum.

Der Antragstellerin gehört die schräg über der Einheit der Antragsgegner liegende Wohnung; die Antragstellerin sprach sich gegen das Abholzen der Birke aus.

Das Amtsgericht hat antragsgemäß mit Beschluß vom 17.6.1996 die Antragsgegner bei Meidung von Zwangsmitteln verpflichtet, unverzüglich nach Rechtskraft des Beschlusses in üblicher Pflanzzeit in unmittelbarer Nähe der Stelle, an der sich der gefällte Baum befand, eine Birke in gleicher Höhe und mit gleichem Umfang zu pflanzen oder fachgärtnerisch mit Anwachsgarantie pflanzen zu lassen. Das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner am 17.2.1997 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das Rechtsmittel ist im wesentlichen begründet; es führt – mit Ausnahme der Androhung von Zwangsmitteln – zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Entfernung der Birke sei zwar eine bauliche Veränderung, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehe. Durch das Abholzen der Birke seien aber die Rechte der Antragstellerin nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt worden. Der optische Gesamteindruck der Reihenhausanlage sei durch die getroffene Maßnahme nicht wesentlich beeinträchtigt worden, weil die Gärten vor der Häuserfront nur unregelmäßig mit Bäumen, Sträuchern und Hecken bepflanzt seien. Die Antragstellerin habe zwar vorgebracht, daß sie an der Birke gehangen habe; dieses Affektionsinteresse sei jedoch als ein Interesse von geringerer Bedeutung einzustufen. Zu der Frage, ob die Birke Wind- oder Sichtschutz gegeben habe, sei „nichts Brauchbares” vorgetragen. Entscheidend sei, daß die Schattenbildung der Birke die Antragsgegner erheblich beeinträchtigt habe. Im Hinblick darauf, daß auf einem nur 50 m² großen Gartenanteil eine 12 m hohe Birke gestanden habe, hätte auch das Absägen von Ästen keine wesentliche Besserung bringen können. Hinzukomme, daß die Birke, wäre sie nicht gefällt worden, noch weiter gewachsen wäre und damit die Beeinträchtigung durch sie zugenommen hätte.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Antragsgegner sind nach § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG verpflichtet, nach näherer Maßgabe des Beschlusses des Amtsgerichts eine Birke in gleicher Höhe und mit gleichem Umfang wie der gefällte Baum wieder anzupflanzen.

Die Antragsgegner haben durch das nicht von allen Miteigentümern genehmigte Fällen der Birke auf der ihnen zugewiesenen Sondernutzungsfläche gemeinschaftliches Eigentum verletzt. Sie waren zu der von ihnen eigenmächtig durchgeführten Maßnahme weder aufgrund des zu ihren Gunsten bestehenden Sondernutzungsrechts ermächtigt, noch ist jedenfalls die Antragstellerin zur Duldung der auf diese Weise entstandenen Veränderung der Gartengestaltung verpflichtet. Die Antragsgegner müssen vielmehr den rechtswidrig beseitigten früheren Zustand wiederherstellen. Dabei kann offenbleiben, ob das Abholzen des Baumes eine bauliche Veränderung im Sinn von § 22 Abs. 1 WEG darstellt.

Das aus dem Sondernutzungsrecht fließende alleinige Gebrauchsrecht an der der Wohnung der Antragsgegner vorgelagerten Grundstücksfläche schließt die Befugnis ein, diese Fläche grundsätzlich nach Belieben und eigenem Gutdünken zu bepflanzen. Der Sondernutzung sind jedoch wie dem Sondereigentum durch das Gesetz und die Rechte Dritter (vgl. § 13 Abs. 1 WEG) Grenzen gesetzt. Die sich danach ergebenden Verpflichtungen für den Sondernutzungsberechtigten sind in § 14 Nr. 1 WEG näher umschrieben. Danach darf er von dem ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Teil des gemeins...

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