Leitsatz (amtlich)

1. Ablehnung der Bestimmung des zuständigen Gerichts, weil im Hauptverfahren die am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte weder die Antragsschrift dem Antragsgegner noch ihre Unzuständigkeitserklärungen allen Parteien bekannt gegeben haben.

2. Zur Frage, ob seit 1.1.1999 das Vollstreckungsgericht oder das Prozessgericht für die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung aus Vollstreckungstätigkeit zuständig ist.

 

Normenkette

BRAGO § 19; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 788 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Aktenzeichen 36 M 223/02)

AG Starnberg (Aktenzeichen 1 M 2282/02)

 

Tenor

I. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

II. Die Akten werden an das AG Siegburg zurückgegeben.

 

Gründe

I. Die antragstellenden Rechtsanwälte begehren die Festsetzung ihrer Vergütung aus Vollstreckungstätigkeit gegen ihren Auftraggeber (Antragsgegner) gem. § 19 BRAGO. Den Antrag reichten sie beim AG Starnberg ein, das den der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Vollstreckungsbescheid erlassen hatte, aber nicht als Vollstreckungsgericht tätig geworden war. Auf Hinweis des AG Starnberg, es sei örtlich unzuständig, da für die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung aus Vollstreckungstätigkeit das Vollstreckungsgericht zuständig sei, beantragten die Antragsteller die Verweisung an das zuständige AG; dabei teilten sie mit, dass Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zuletzt im Bezirk des AG Siegburg durchgeführt worden seien. Mit Beschluss vom 26.9.2002 erklärte sich das AG Starnberg für örtlich unzuständig und „verwies” das Verfahren „gem. §§ 281, 802, 788 ZPO an das zuständige AG Siegburg”. Das AG Siegburg verweigerte mit Beschluss vom 14.10.2002 die Übernahme des Verfahrens. Zuständig sei das Gericht des Ausgangsverfahrens des ersten Rechtszugs; das Vollstreckungsgericht setze lediglich die Zwangsvollstreckungskosten gegen den Schuldner fest. Mit Verfügung vom 24.10.2002 sandte das AG Starnberg die Akten erneut an das AG Siegburg. Nach „st. Rspr.” sei für die Kostenfestsetzung nach § 19 BRAGO das Vollstreckungsgericht zuständig, da in Angelegenheiten der Zwangsvollstreckung ein eigener Instanzenweg gegeben sei, der mit der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts beginne. Das AG Siegburg lehnte am 7.11.2002 die Übernahme weiterhin ab, verwies auf § 36 ZPO und sandte die Akten an das AG Starnberg zurück; dieses hat die Akten dem OLG München zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt. Das OLG München hat die Akten zuständigkeitshalber an das BayObLG abgegeben.

II. 1. Das für eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zuständige Gericht ist das BayObLG (§ 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO).

2. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung liegen nicht vor. Der Festsetzungsantrag ist dem Antragsgegner bisher von keinem der beteiligten Gerichte zugeleitet worden. Damit fehlt es bereits an einem Verfahren, in dem die Zuständigkeit eines Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bestimmt werden kann (BGH NJW-RR 1994, 322). Zudem hat das AG Starnberg die „Verweisung”, die nach dem Verfahrensstand allerdings nur eine nicht bindende Abgabe sein konnte, lediglich den Antragstellern, das AG Siegburg seine Verweigerung der Übernahme überhaupt keiner Partei mitgeteilt. Derartige Entscheidungen stellen keine „rechtskräftigen” Unzuständigkeitsentscheidungen i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dar (BGH v. 4.6.1997 – XII ARZ 13/97, NJW-RR 1997, 1161; v. 22.2.1995 – XII ARZ 2/95, MDR 1995, 739 = NJW-RR 1995, 641 u. st. Rspr.; BayObLG v. 16.7.1991 – AR 1 Z 57/91, BayObLGZ 1991, 280 [281]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 36 Rz. 24).

3. Die Akten sind dem AG Siegburg zurückzugeben, an das die Sache aufgrund entspr. Antrags der Antragsteller abgegeben wurde. Der Senat weist vorsorglich auf Folgendes hin: Die lange Zeit umstrittene Frage, welches Gericht für eine vom Gläubiger beantragte Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung zuständig ist (Prozessgericht oder Vollstreckungsgericht, vgl. BayObLGZ 1989, 235 m.w.N.; Schmidt in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 788 Rz. 2), hat der Gesetzgeber in § 788 Abs. 2 ZPO mit Wirkung seit 1.1.1999 ausdrücklich geregelt. Danach ist grundsätzlich das Vollstreckungsgericht (§ 788 Abs. 2 S. 1 ZPO) und nur in bestimmten – hier nicht gegebenen – Fällen das Prozessgericht (§ 788 Abs. 2 S. 2 ZPO) zuständig. Die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung, die nach der Rechtsänderung ergangen ist, hält nunmehr das Vollstreckungsgericht auch für die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung aus Vollstreckungstätigkeit nach § 19 Abs. 1 BRAGO, § 788 Abs. 2 S. 1, § 764 Abs. 1, § 802 ZPO für ausschließlich zuständig (OLG Köln v. 19.1.2000 – 17 W 421/99, MDR 2000, 1276; OLG Koblenz JurBüro 2002, 199).

Gummer Rojahn Zwirlein

 

Fundstellen

Haufe-Index 1103384

JurBüro 2003, 326

InVo 2003, 299

AGS 2003, 270

OLGR-MBN 2003, 167

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