Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob ein Nachlaßgläubiger bei Ablehnung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlaßgericht beschwerdeberechtigt ist.

2. Zur Auslegung eines Testaments, das die Ernennung einer bestimmten Person zum Testamentsvollstrecker beinhaltet, als Ersuchen an das Nachlaßgericht, nach Abwicklung der letztwilligen Verfügung einen weiteren Testamentsvollstrecker zu ernennen, um Nachlaßgläubigern die Geltendmachung ihrer Ansprüche gegen diesen zu ermöglichen.

 

Normenkette

FGG § 20 Abs. 1; BGB §§ 133, 2084, 2200 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bayreuth (Aktenzeichen VI 248/62)

LG Bayreuth (Aktenzeichen 15 T 135/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 16. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 5.000,– festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die 1962 verstorbene Erblasserin hinterließ ein notarielles Testament vom 20.3.1962, in dem sie neun Personen zu gleichen Teilen zu Erben einsetzte und eine Vielzahl von Vermächtnissen und Auflagen anordnete. Den Miterben L. ernannte die Erblasserin zum Testamentsvollstrecker und bestimmte, daß dieser „alles gut abwickeln” solle und sämtliche Vermächtnisse innerhalb eines Vierteljahres nach ihrem Tod zu erfüllen habe.

Das Nachlaßgericht erteilte dem von der Erblasserin ernannten Testamentsvollstrecker am 23.5.1962 ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Der Testamentsvollstrecker teilte mit Schreiben vom 27.8.1965 dem Nachlaßgericht mit, daß die Erbschaftsangelegenheit erledigt sei, und reichte mit Schreiben vom 13.11.1965 das Testamentsvollstreckerzeugnis zu den Nachlaßakten zurück. Zwischenzeitlich ist der frühere Testamentsvollstrecker verstorben.

Mit Schreiben vom 17.5.2000 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten bei dem Nachlaßgericht die Ernennung eines weiteren Testamentsvollstreckers. Die Beteiligte sei Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem ausweislich des Grundbuchs drei in Goldmark bezifferte Buchhypotheken zugunsten einer Frau S. lasteten. Die Erblasserin sei zu einem Bruchteil Erbeserbin der verstorbenen S. Da die den Hypotheken zugrundeliegenden Forderungen getilgt seien, habe die Beteiligte gegen die Erben der S., somit auch gegen die Erben der Erblasserin, einen Anspruch auf Abgabe einer Löschungsbewilligung. Der Erblasserin sei offensichtlich nicht bekannt gewesen, daß zu ihrem Nachlaß auch die Buchberechtigung an den Hypotheken gehörte. Da die Erblasserin den Miterben L. gerade im Hinblick darauf zum Testamentsvollstrecker ernannt habe, daß der Vielzahl von Erben das persönliche Handeln bei der Nachlaßabwicklung erspart werden solle, sei anzunehmen, daß die Erblasserin in Kenntnis der Hypothekenbuchberechtigung für den Fall, daß der von ihr ernannte Testamentsvollstrecker vor Abschluß der Nachlaßauseinandersetzung versterben sollte, das Nachlaßgericht um Ernennung eines weiteren Testamentsvollstreckers ersucht hätte.

Das Nachlaßgericht lehnte mit Beschluß vom 11.9.2000 die Ernennung eines weiteren Testamentsvollstreckers ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten wies das Landgericht mit Beschluß vom 16.10.2000 zurück. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde vom 20.2.2001.

II.

Die nicht fristgebundene und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig (§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten ergibt sich aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde (§ 29 Abs. 4, § 20 Abs. 1 FGG; vgl. BayObLGZ 1998, 195 m.w.N.). Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, ein Nachlaßgläubiger sei im Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers (§ 2200 BGB) bei Ablehnung der Ernennung beschwerdeberechtigt. Die Beschwerde könne in der Sache jedoch keinen Erfolg haben, da die Voraussetzungen für die Ernennung eines weiteren Testamentsvollstreckers durch das Nachlaßgericht nicht gegeben seien. Der von der Erblasserin ernannte Testamentsvollstrecker habe den Erblasserwillen vollständig und ordnungsgemäß erfüllt. Dem Testament vom 20.3.1962 sei weder ein ausdrückliches noch ein konkludentes Ersuchen der Erblasserin zu entnehmen, für den Fall, daß der von ihr ernannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt oder verstirbt, einen weiteren Testamentsvollstrecker zu ernennen. Der maßgebliche Wille der Erblasserin sei dahin gegangen, daß der Testamentsvollstrecker die Krankheits-, Arzt- und Pflegekosten sowie die Beerdigungskosten aus dem Nachlaß bestreiten, das Grabmal wiederherstellen und die Vermächtnisse abwickeln solle. Ein Wille der Erblasserin, durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers einem Nachlaßgläubiger die Verwirklichung seiner Ansprüche zu erleichtern, lasse sich dem Testament nicht entnehmen.

2. Die weitere Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

a) Gegen die Abweisung des Antrages auf Ernennung eines Testamentsvollstreckers ist die einfache Besch...

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