Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung Eigentümerversammlungsbeschluss. Verpflichtung und Feststellung

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Beschluss vom 26.07.1990; Aktenzeichen 1 T 18/90)

AG Bad Kissingen (Aktenzeichen UR II 25/89)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 26. Juli 1990 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurück verwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Antragsteller und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; der Antragsteller bezog seine Wohnung 1981. Zu der Anlage gehört eine Tiefgarage mit 44 Stellplätzen, an denen Teileigentum gebildet ist. Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1 bis 9 sind Eigentümer je eines Stellplatzes. Die Stellplätze der Antragsgegner zu 1 bis 9 haben Kipptore teilweise aus Aluminium, teilweise aus Maschendraht und sind mit seitlichen Begrenzungen aus Maschendraht (bei den Antragsgegnern zu 5 gleichfalls aus Aluminium) versehen.

Im Jahre 1979 beschlossen die damaligen Eigentümer mehrheitlich eine „Garagenordnung”, deren Nummer 8 bestimmt:

Die Abtrennung von Tiefgaragenplätzen durch Gitter, Wände u.a. bedarf der vorherigen Zustimmung durch die Verwaltung. In jedem Falle ist jedoch darauf zu achten, daß künftig bei Anbringung von Gittern, Wänden usw. in der Weise verfahren wird, daß ein möglichst einheitliches Bild innerhalb der Garage erzielt wird. Die Konstruktion der Gitter und Wände muß so gehalten sein, daß eine Beeinträchtigung der anderen Garagenbesitzer unterbleibt. Baupolizeiliche Vorschriften sind unbedingt einzuhalten.

Das zuständige Landratsamt erließ am 23.9.1986 Beseitigungsanordnungen gegen die sechs Antragsgegner, an deren Stellplätzen Kipptore aus Aluminium angebracht waren. Die Anordnungen wurden nicht rechtskräftig. Der Antragsgegner zu 2 erklärte sich in einem Vergleich vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bereit, das Aluminiumtor an seinem Stellplatz bis zum 1.10.1990 durch ein luftdurchlässiges Tor aus Maschendraht oder Gittermetall zu ersetzen und die seitliche Begrenzung luftdurchlässig zu belassen.

In der Versammlung vom 26.5.1989 lehnten die Wohnungseigentümer den Antrag des Antragstellers, daß die von manchen Miteigentümern an den offenen Stellplätzen angebrachten Garagentore zu entfernen seien (Tagesordnungspunkt 6 a), mehrheitlich ab. Den Antrag, daß die Vorschriften aus der Teilungserklärung und der Garagenordnung bei der Nutzung der Garagen zu beachten seien (Tagesordnungspunkt 6 b), nahmen sie einstimmig an.

Der Antragsteller hat am 9.6.1989 beantragt, den Beschluß der Eigentümerversammlung vom 26.5.1989 zu den Tagesordnungspunkten 6 a und 6 b für ungültig zu erklären. Den Antrag zu Tagesordnungspunkt 6 b hat er wieder zurückgenommen. Den aufrecht erhaltenen Antrag hat er dahin abgeändert, daß die Antragsgegner zu 1 bis 9 verpflichtet werden sollen, die an ihren Stellplätzen angebrachten Garagentore zu entfernen. Ferner soll festgestellt werden, daß die Miteigentümer nicht berechtigt sind, an den offenen Stellplätzen Garagentore anzubringen.

Das Amtsgericht hat die Anträge mit Beschluß vom 5.2.1990 abgewiesen, da sie in der geänderten Form unzulässig, aber auch unbegründet seien. Für den Feststellungsantrag fehle das Rechtsschutzbedürfnis.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Amtsgerichts mit Beschluß vom 26.7.1990 zurückgewiesen. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsteller seine Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung.

1. Das Landgericht hat ausweislich des Sitzungsprotokolls (vgl. § 165 Satz 1 ZPO) am 22.5.1990 in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt. Damit hat es das Gesetz verletzt, denn gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist in Wohnungseigentumssachen öffentlich zu verhandeln (siehe im einzelnen BayObLGZ 1988, 436/438 f.; BayObLG NJW-RR 1989, 1293; OLG Hamm OLGZ 1988, 185/107; KG WuM 1990, 184). Dieser Verfahrensverstoß zwingt aber hier anders als in den beiden zitierten Senatsbeschlüssen nicht nach § 27 Satz 2 FGG, § 551 Nr. 6 ZPO dazu, die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen. Denn das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung nicht „auf Grund der mündlichen Verhandlung” erlassen. Es hat den Beteiligten vielmehr am Schluß der Verhandlung eingeräumt, weitere Schriftsätze einzureichen, was diese auch getan haben. Diese Schriftsätze waren bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Da in Wohnungseigentumsverfahren trotz der Bestimmung des § 44 Abs. 1 WEG der Grundsatz der Mündlichkeit der Verhandlung nicht so streng durchgeführt ist wie im Zivilprozeß (§ 128...

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