Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentserrichtung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine widerrufene Verfügung in einem eigenhändigen Testament wird nicht allein dadurch wieder in Kraft gesetzt, dass der Erblasser das Testament durch eine nicht erneut unterschriebene Orts- und Datumsangabe ergänzt.

 

Normenkette

BGB § 2247

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 02.07.1997; Aktenzeichen 6 T 587/94)

AG Weilheim (Beschluss vom 30.09.1993; Aktenzeichen VI 281/92)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß seine Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Weilheim – Zweigstelle Schongau – vom 30.9.1993 als unzulässig verworfen wird.

II. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 2. Juli 1997 aufgehoben.

III. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und erneuten Entscheidung an das Landgericht München II zurückverwiesen.

IV. Der Antrag des Beteiligten zu 4, ihm für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Erblasserin war unverheiratet und hatte keine Kinder. Von ihren Verwandten leben noch ihre beiden Brüder, die Beteiligten zu 4 und 5, eine Nichte, die Beteiligte zu 1, und zwei Neffen, die Beteiligten zu 2 und 3. Zum Nachlaß gehören Grundstücke.

Das Nachlaßgericht hat drei Testamente eröffnet: Ein aus der amtlichen Verwahrung geholtes notarielles Testament vom 22.3.1963 und zwei privatschriftliche Testamente vom 31.1.1988 und vom 7.2.1992, die der Beteiligte zu 2 abgeliefert hatte. Nach dem Testament vom 7.2.1992 ist der Beteiligte zu 2 Alleinerbe, der Beteiligte zu 4 Vermächtnisnehmer hinsichtlich eines Grundstücks. Der Beteiligte zu 2 nahm die Erbschaft an und beantragte einen Erbschein.

Am 29.1.1993 übergab der Ehemann der Beteiligten zu 1 ein weiteres Testament, das nach seinem Inhalt von der Erblasserin am 16.9.1992 errichtet worden war. Es enthält die Einsetzung der Beteiligten zu 1 als Alleinerbin und Vermächtnisse zugunsten der Beteiligten zu 4 und 5. Auch die Beteiligte zu 1 beantragte, ihr einen Erbschein zu erteilen.

Die Echtheit des Testaments vom 16.9.1992 wurde vom Beteiligten zu 4 bezweifelt, vom Beteiligten zu 2 bestritten. Nach Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens erließ das Nachlaßgericht am 30.9.1993 einen Vorbescheid zugunsten der Beteiligten zu 1, wobei es davon ausging, daß die Erblasserin das Testament zunächst als Entwurf verfaßt, allerdings auch unterschrieben und am 16.9.1992 durch Hinzufügen des Datums komplettiert habe.

Gegen diesen Vorbescheid legten der Beteiligte zu 2 und der Beteiligte zu 4 Beschwerde ein.

Das Nachlaßgericht erholte ein Ergänzungsgutachten zu der Frage, ob das Datum des Testaments vom 16.9.1992 von der Erblasserin nach dem 7.2.1992 geschrieben wurde, und legte die Beschwerden dann dem Landgericht vor.

Das Landgericht vernahm die Beteiligte zu 1 und ihren Ehemann und wies mit Beschluß vom 2.7.1997 die Beschwerden zurück.

Gegen diesen Beschluß richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 4.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 4 ist ohne Rücksicht auf die Zulässigkeit seiner Erstbeschwerde deswegen zulässig, weil die Erstbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen wurde (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7. Aufl. § 27 FGG Rn. 7).

Sie ist jedoch unbegründet, weil der Beteiligte zu 4 nicht beschwerdeberechtigt war und seine Beschwerde daher als unzulässig hätte verworfen werden müssen.

a) Das Rechtsbeschwerdegericht hat die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen zu prüfen; es hat daher auch ohne ausdrückliche Rüge die Beschwerdeberechtigung hinsichtlich der Erstbeschwerde einer Nachprüfung zu unterziehen (BayObLGZ 1971, 284/285).

b) Der Beteiligte zu 4 ist zwar materiell beteiligt und daher auch zu Recht formell beteiligt worden, weil er gesetzlicher Erbe wäre, wenn die Testamente vom 7.2.1992 und vom 16.9.1992 unwirksam wären. Die Unwirksamkeit des Testaments vom 7.2.1992 macht er aber nicht geltend; er wendet sich nur gegen die Wirksamkeit des Testaments vom 16.9.1992 und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. Durch das Testament vom 7.2.1992 aber ist der Beteiligte zu 4 als gesetzlicher Erbe ausgeschlossen. Demgemäß beansprucht er auch nicht, gesetzlicher Erbe geworden zu sein; seine Beschwerdeberechtigung (§ 20 Abs. 1 FGG) kann sich daher nicht daraus ergeben, daß durch einen Erbschein gemäß dem Vorbescheid des Nachlaßgerichts seine Stellung als gesetzlicher Erbe beeinträchtigt wäre. Sie ergibt sich aber auch nicht daraus, daß er nach dem Testament vom 7.2.1992 Vermächtnisnehmer hinsichtlich eines Grundstücks ist. Dieses Recht wird durch einen Erbschein gemäß dem Vorbescheid nicht beeinträchtigt; denn der Erbschein bezeugt das Erbrecht, nicht auch Vermächtnisse. Deswegen sind nach ganz herrschender Meinung Vermächtnisnehmer – wie allgemein Nachlaßgläubiger, z.B. auch Pflichteilsberechtigte – im Erbscheinsverfahren, von den Fällen...

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