Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Eintragungsfähigkeit eines vereinbarten Zustimmungserfordernisses des teilenden Alleineigentümers zu Versammlungsbeschlüssen

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Entscheidung vom 27.01.1997; Aktenzeichen 60 T 3478/96)

AG Erding (Entscheidung vom 09.12.1996)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts Landshut vom 27. Januar 1997 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – E vom 9. Dezember 1996 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte hat zu notarieller Urkunde vom 28.10.1996 an seinem Grundstück durch Teilung Wohnungseigentum begründet. Nach der Teilungserklärung sollen drei Wohnungs- und Teileigentumsrechte mit unterschiedlich großen Miteigentumsanteilen von 50/100, 40/100 und 10/100 entstehen; zum Inhalt des Sondereigentums soll eine Bestimmung werden, daß sich das Stimmrecht nach der Größe der Miteigentumsanteile richtet; solange der Beteiligte Eigentümer oder Miteigentümer auch nur eines Wohnungs- und Teileigentums ist, soll aber gegen seine Stimme kein Eigentümerbeschluß gefaßt werden können.

Das Grundbuchamt hat den Antrag des Beteiligten, die Teilung und die Stimmrechtsregelung in das Grundbuch einzutragen, durch Zwischenverfügung vom 9.12.1996 beanstandet. Die Regelung, daß gegen die Stimme des Beteiligten kein Eigentümerbeschluß gefaßt werden könne, sei nicht eintragungsfähig; der dahingehende Eintragungsantrag sei daher zurückzunehmen. Die Erinnerung/Beschwerde dagegen hat das Landgericht durch Beschluß vom 27.1.1997 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Grundbuchamt sei in Grenzen zur Überprüfung der als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch einzutragenden Gemeinschaftsordnung befugt. Insbesondere fänden die §§ 134, 138 BGB Anwendung. Die vom teilenden Eigentümer einseitig getroffenen Regelungen unterlägen aber auch einer Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB. Einer solchen halte die Stimmrechtsregelung nicht stand, soweit der Beteiligte nicht überstimmt werden könne. Die übrigen Wohnungseigentümer wären in jedem Fall von der Zustimmung des Beteiligten abhängig. Ihr Stimmrecht habe daher für sich gesehen keine Bedeutung und werde völlig ausgehöhlt. Dies sei nicht vergleichbar mit dem Fall, daß bei einer aus zwei Wohnungseigentümern bestehenden Gemeinschaft einer die Stimmenmehrheit habe, weil in diesem Fall der Abstimmungsmodus von vorneherein feststehe.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Wohnungseigentümer können gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG von den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Danach können sie abweichend von dem gesetzlichen Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG das Stimmrecht anders regeln, z.B. es an die Größe der Miteigentumsanteile binden (BayObLGZ 1986, 10/12). Eine solche Vereinbarung kann gemäß § 5 Abs. 4 WEG als Inhalt des Sondereigentums mit der Rechtsfolge in das Grundbuch eingetragen werden, daß sie auch gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gilt (§ 10 Abs. 2 WEG). Dies alles gilt gemäß § 8 Abs. 2 WEG auch für Regelungen der Gemeinschaftsordnung, die der teilende Alleineigentümer bei Begründung von Wohnungseigentum gemäß § 8 Abs. 1 WEG trifft.

b) Wird eine solche Vereinbarung zur Eintragung in das Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums beantragt, hat das Grundbuchamt zu prüfen, ob sie gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt. In diesem Fall würde nämlich das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig; dabei darf das Grundbuchamt nicht mitwirken (BayObLG aaO). Als Prüfungsmaßstab für das Grundbuchamt kommen insbesondere die §§ 134, 138 BGB sowie § 242 BGB in Betracht (KEHE/Ertl/Albrecht GBR 4. Aufl. Einl. Rn. E 86; Demharter GBO 21. Aufl. Anh. zu § 3 Rn. 20; Weitnauer WEG 8. Aufl. § 7 Rn. 30 und § 10 Rn. 26; Bärmann/Pick/Merle WEG 7. Aufl. § 10 Rn. 52; vgl. dazu auch BayObLGZ 1988, 287/291 mit Anm. von Weitnauer DNotZ 1989, 430 und Böttcher Rpfleger 1990, 161; OLG Köln Rpfleger 1989, 405; OLG Zweibrücken MittBayNot 1994, 44). Das Grundbuchamt darf die Eintragung aber nur dann ablehnen, wenn zweifelsfrei feststeht, daß das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig würde; bloße Zweifel genügen nicht (Demharter Anh. zu § 13 Rn. 29). Sofern die Prüfung, wie insbesondere eine solche anhand des § 242 BGB, eine wertende Beurteilung unter Berücksichtigung aller Umstände erfordert, ist das Grundbuchamt dazu wegen der Beweismittelbeschränkung im Eintragungsantragsverfahren in der Regel nicht in der Lage; dann bleibt eine Überprüfung im Einzelfall dem Wohnungseigentumsgericht im Verfahren nach § 43 WEG vorbehalten (Demharter Anh. zu § 3 Rn. 20). Dieser sich aus den Besonderheiten des grundbuchrechtlichen Verfahrens ergebende ...

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