Leitsatz (amtlich)

1. Der Einwand der unrichtigen Sachbehandlung gem. § 16 KostO und die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus der Verletzung spezifisch notarieller Pflichten gegen die Kostenforderung des Notars müssen auch im Verfahren der Notarkostenbeschwerde gem. § 156 KostO beachtet werden (Anschluss an OLG Stuttgart Justiz 1996, 20 [21] und ThürOLG NotBZ 2003, 359). Insoweit können eine Darlegungs- und eine Substantiierungspflicht mit ähnlich hohen Anforderungen wie im Zivilprozess angenommen werden.

2. Ein Bauvorhaben, das zur Anwendbarkeit der Makler- und Bauträgerverordnung führt, liegt nicht vor bei Vereinbarung lediglich geringfügiger Renovierungsarbeiten oder bloßer Schönheitsreparaturen, so dass die kaufvertraglichen Elemente die werkvertraglichen Teile des Rechtsgeschäfts ganz in den Hintergrund treten lassen.

3. Zur Aufklärungspflicht des Notars.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 12.05.2004; Aktenzeichen 13 T 18320/03)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 12.5.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 724,77 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der beteiligte Notar beurkundete am 18.2.2002 einen "Kaufvertrag und Werkvertrag", mit dem die Beteiligte eine Altbauwohnung in Berlin zum Kaufpreis von 58.044 Euro erwarb. Der Veräußerer verpflichtete sich darin, Modernisierungsarbeiten nach Maßgabe zweier Anlagen zu der Urkunde für 6.449,30 Euro durchzuführen; u.a. sollten das Bad und einige Fenster der Wohnung erneuert werden. Die Beteiligte zahlte im Oktober 2002 den Kaufpreis. Einige Tage später stellte der Veräußerer Insolvenzantrag. Die Erfüllung der werkvertraglichen Verpflichtung wurde dadurch obsolet.

Der beteiligte Notar erstellte und übersandte der Beteiligten für die genannte Beurkundung am 19.3.2003 die vollstreckbare Ausfertigung einer Kostenrechnung über 724,77 Euro. Die Beteiligte, die diesen Betrag mittlerweile bezahlt hat, wendet sich dagegen. Sie meint, der Notar habe bei Beurkundung seine Pflichten verletzt, insb. gegen die Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung verstoßen, die zum Vertragsinhalt hätten gemacht werden müssen. Das Verhältnis von Kaufpreis zu Werklohn sei grob unrichtig. Die Modernisierungsarbeiten müssten zum Schaden der Beteiligten für erheblich mehr als vereinbart vergeben werden.

Das LG behandelte diese bei ihm eingereichten Einwendungen als Kostenbeschwerde, die es am 19.1.2004 zurückwies, ohne vorher die Notarkasse zu hören.

Der Senat hat deshalb am 17.3.2004 die Entscheidung des LG aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen. Dieses hat nach Vorliegen einer Stellungnahme der Notarkasse, die Anlass zur inhaltlichen Berichtigung der Kostenrechnung gab, am 12.5.2004 die Beschwerde erneut zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die auch in diesem Beschluss zugelassene weitere Beschwerde der Beteiligten.

II. Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt, der Notar habe keine Amtspflichtverletzung begangen. Die Beschreibung der durchzuführenden Modernisierungsarbeiten sei hinreichend konkret. Wenn sich nachträglich herausgestellt habe, dass die nötigen Arbeiten erheblich umfangreicher seien, als aus der Beschreibung hervorgeht, sei dies nicht dem Notar anzulasten. Auch habe der Notar nicht erschließen können, dass die Arbeiten über geringfügige Renovierungsarbeiten und bloße Schönheitsreparaturen hinausgehen sollten und damit die Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung zu beachten gewesen wären. Gleiches gelte für das Verhältnis von Kaufpreis- und Werklohnanteil an dem insgesamt von der Beteiligten zu zahlenden Betrag.

2. Das LG hat die Beschwerde zu Recht zurückgewiesen.

a) Zutreffend hat das LG die Kostenforderung des Notars als solche bejaht und lediglich den Einwand der Pflichtverletzung des Notars einer näheren Prüfung unterzogen. Der Kostenschuldner verlagert zwar mit diesem Einwand eine Materie in ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die, soweit das Bestehen von Schadensersatzansprüchen in Frage steht, grundsätzlich in das allgemeine Streitverfahren gehört (zu einer ähnlichen Problematik BGH v. 17.3.2004 - IV ZB 21/02, BGHReport 2004, 977 [978] = MDR 2004, 1015). Gleichwohl ist die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus der Verletzung spezifisch notarieller Pflichten gegen die Kostenforderung des Notars auch im Verfahren der Notarkostenbeschwerde gem. § 156 KostO zu beachten (OLG Stuttgart Justiz 1996, 20 [21]; ThürOLG NotBZ 2003, 359, m.w.N.).

Die in diesem Zusammenhang maßgebenden Grundsätze hat das LG beachtet. Es ist insb. rechtlich nicht zu beanstanden (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO), dass die Beschwerdekammer durch zwei Aufklärungsbeschlüsse auf die Substantiierung des Schadensersatzanspruchs gegen den Notar hingewirkt hat. Die Verlagerung der Prüfung von Schadensersatzansprüchen in das Verfahren der Notarkostenbeschwerde darf nicht dazu führen, dass sich der Kostenschuldner auf diese Weise den ...

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