Leitsatz (amtlich)

1. Auf eine Jahresabrechnung gestützte Wohngeldansprüche setzen die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Jahresgesamtabrechnung wie über die Einzelabrechnungen voraus. Grundsätzlich muss die individuelle Wohngeldschuld des einzelnen Wohnungseigentümers darin ausgewiesen sein, es sei denn, diese lässt sich durch einfache Rechenvorgänge ohne weiteres ermitteln.

2. Ein Wohnungseigentümer hat keine Ansprüche auf Aufwendungsersatz für eigene Bemühungen bei Störungen des Wohnungseigentums, wenn seinem Vorgehen ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss entgegensteht und die Voraussetzungen des § 679 BGB nicht vorliegen.

3. Wird eine Wohngeldforderung durch Eigentümerbeschluss über die maßgeblichen Abrechnungen erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens begründet und fällig, erscheint es jedenfalls nicht billig, für den ersten Rechtszug eine Kostenerstattung zugunsten der letztlich obsiegenden Wohnungseigentümer anzuordnen.

 

Normenkette

BGB § 187 S. 1, §§ 670, 677, 679, 683; WEG § 15 Abs. 3, § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 2, 4, § 28 Abs. 3, 5, § 47

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Aktenzeichen 1 T 1710/00)

AG Ingolstadt (Aktenzeichen 13 UR II 30/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Ingolstadt vom 13.8.2001 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen seit 28.4.2001 zu bezahlen sind und außergerichtliche Kosten den Antragstellern im ersten Rechtszug nicht zu erstatten sind.

II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschl. des Verfahrens zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.509,42 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer größeren Wohnanlage. Die Antragsteller verlangen vom Antragsgegner, dem eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 28 m2 gehört, Nachzahlungsbeträge aus Wohngeldabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1995 bis 1998 in einer Gesamthöhe von 2.178,80 DM zzgl. Verzugszinsen. Die Jahresgesamtabrechnungen wurden durch bestandskräftige Beschlüsse in Eigentümerversammlungen vom 24.5.1996, 25.4.1997, 17.4.1998 und 16.4.1999 genehmigt. Die Einzelabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 1990 bis 1998 waren Gegenstand der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.4.2001 und wurden dort mehrheitlich genehmigt. Der Antragsgegner hat den maßgeblichen Beschluss gerichtlich angefochten. Hierüber ist noch nicht entschieden.

Das AG hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 25.9.2000 antragsgemäß zur Zahlung verpflichtet. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners blieb in der Hauptsache erfolglos. Im Beschluss des LG vom 13.8.2001 wurde zudem ein in der Beschwerdeinstanz gestellter Gegenantrag als unzulässig verworfen. Mit diesem verlangte der Antragsgegner Ersatz von Fahrtkosten und Entschädigung für Zeitaufwand. Er hatte sich 1995/1996 darum bemüht, die Ausübung der Prostitution in verschiedenen Wohnungen der Wohnanlage, die sich außerhalb des Sperrbezirks der Stadt I. befindet, zu unterbinden. Dazu war er mehrfach beim städtischen Ordnungsamt vorstellig geworden. Er wirft den Antragstellern und dem Verwalter in diesem Zusammenhang vor, nicht gegen die maßgeblichen Wohnungseigentümer vorgegangen zu sein.

Gegen den ihm am 18.8.2001 zugestellten Beschluss richtet sich das vom Antragsgegner eigenhändig schriftlich beim LG eingelegte und am 22.8.2001 eingegangene Rechtsmittel. Nach Hinweis des Senats vom 7.9.2001 auf die Formerfordernisse der sofortigen weiteren Beschwerde hat der Antragsgegner am 18.9.2001 zu Protokoll der Geschäftsstelle des BayOLG sofortige weitere Beschwerde eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist beantragt. Diese wurde ihm durch Beschluss des BGH vom 2.5.2002 (V ZB 36/01) erteilt.

Die Antragsteller haben sich dem Rechtsmittel widersetzt und i.Ü. Anschlussbeschwerde gegen die Kostenentscheidung des LG eingelegt, soweit ihnen im Beschwerdeverfahren ein Anteil der Gerichtskosten auferlegt und eine vollständige Kostenerstattung versagt worden ist.

II. Die nach erteilter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde hat im Wesentlichen keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Anspruch der Wohnungseigentümer ergebe sich aus dem Gesetz i.V.m. den jeweiligen Beschlüssen, durch die die Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen genehmigt worden seien. Zwar hätten zunächst Beschlüsse zu den jeweiligen Einzelabrechnungen gefehlt. Die Wohnungseigentümer hätten dies aber für die fraglichen Jahre am 27.4.2001 nachgeholt. Somit seien die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Nachzahlungsansprüchen geschaffen worden. Die maßgeblichen Eigentümerbeschlüsse seien nicht nichtig. Einwände gegen deren inhaltliche Richtigkeit gingen im hiesigen Verfa...

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