Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Auslegung eines Testaments als Ersatzerbeinsetzung der Abkömmlinge bedachter Geschwister, wenn der Erblasser seine zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch lebenden Geschwister gleichmäßig zu Erben eingesetzt hat und einige von ihnen vor dem Erbfall verstorben sind (im Anschluss an BayObLGZ 2003, 204).

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Auslegung eines Testaments als Ersatzerbeinsetzung der Abkömmlinge bedachter Geschwister, wenn der Erblasser seine zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch lebenden Geschwister gleichmäßig zu Erben eingesetzt hat und einige von ihnen vor dem Erbfall verstorben sind.

 

Normenkette

BGB § 2084

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 10.11.2003; Aktenzeichen 7 T 9294/02)

AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 8/02)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 10.11.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. II des landgerichtlichen Beschlusses aufgehoben wird.

II. Die Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 40.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der im Alter von 62 Jahren verstorbene Erblasser war seit 1988 geschieden und kinderlos. Er hatte sechs Geschwister, von denen drei noch am Leben waren, als er am 18.1.1989 das folgende eigenhändig ge- und unterschriebene Testament errichtete:

"Ich vermache nach meinem Tod, mein Vermögen zu gleichen Teilen meinen noch lebenden Geschwistern A, B (Beteiligte zu 1) und C. Die Kinder meiner verstorbenen Schwestern erben nichts. Das Grundstück geht an B und C."

Vorverstorben waren zwei Schwestern unter Hinterlassung von Abkömmlingen und ein kinderloser Bruder. Nach Errichtung des Testaments, aber vor dem Erbfall, sind zwei der im Testament aufgeführten Geschwister gestorben: der Bruder A im Jahr 1991 unter Hinterlassung einer ehelichen Tochter (Beteiligte zu 2) und zweier nichtehelicher Kinder (Beteiligte zu 3) und 4)) sowie der Bruder C im April 2001 ohne Hinterlassung von Abkömmlingen.

Der Wert des Nachlasses beträgt rund 80.000 Euro; den Wert des Grundstücks hat das Nachlassgericht mit 3.500 DM bewertet.

Die Beteiligte zu 1) hat einen Alleinerbschein beantragt. Sie ist der Auffassung, dass bezüglich der zwei nach Testamentserrichtung weggefallenen Geschwister Anwachsung eintritt und nicht etwa die Abkömmlinge des Bruders A als Ersatzerben eingesetzt sind. Die Beteiligte zu 4 widersprach dem Antrag. Nach ihrer Auffassung hat der Erblasser die Geschwister als jeweils Erste ihres Stammes bedacht; die Abkömmlinge des Bruders A (Beteiligte zu 2), 3), 4)) seien daher als Ersatzerben anzusehen und neben der Beteiligten zu 1) (zu 1/2) zu je 1/6 Miterben geworden. Der Umstand, dass sie (die Beteiligte zu 4) als nichteheliches Kind keinen Kontakt zu ihrem Vater und dem Erblasser gehabt habe, sei in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Mit Beschluss vom 25.9.2002 kündigte das Nachlassgericht den Erlass eines Alleinerbscheins zugunsten der Beteiligten zu 1) an. Die Auslegung des Testaments ergebe, dass der Erblasser sein Vermögen allein auf die noch lebenden Geschwister habe aufteilen wollen. Auch habe die Beteiligtezu 2) bei der Testamentseröffnung selbst erklärt, es sei nie darüber gesprochen worden, dass sie an die Stelle ihres verstorbenen Vaters rücken sollte. Zudem habe die Beteiligte zu 4 keinerlei Kontakt mit dem Erblasser gehabt.

Gegen den Vorbescheid des AG hat die Beteiligtezu 2) Beschwerde eingelegt. Sie ist wie die Beteiligte zu 4) der Auffassung, dass die Beteiligte zu 1) zu 1/2 und die Beteiligten zu 2), 3) und 4) zu je 1/6 Erben geworden sind. Sie weist darauf hin, dass jedenfalls sie durchaus Kontakt zum Erblasser gehabt habe.

Mit Beschluss vom 10.11.2003 hob das LG den Beschluss des AG auf (Ziff. 1) und wies das AG an, den Beteiligten einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligte zu 1) als Miterbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 2) bis 4) als Miterben zu je 1/6 ausweist (Ziff. II). Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), mit der sie ihren Antrag auf Alleinerbschein weiterverfolgt.

II. Die nicht fristgebundene und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig (§ 27 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1, Abs. 4, § 20 FGG). Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt: In der Einsetzung der Geschwister als nächste Angehörige des Erblassers sei zugleich die Kundgabe des Willens zu sehen, die Abkömmlinge der Bedachten zu Ersatzerben zu berufen. Gegen diese Auslegung spreche nicht der Ausschluss der Kinder der verstorbenen Schwestern von der Erbfolge, denn diese Verfügung habe mit der Erbenstellung anderer Personen nichts zu tun. Auch der Umstand, dass der Erblasser nach dem Tod seiner zwei im Testament bedachten Brüder sein Testament nicht geändert habe, spreche nicht gegen die Annahme einer Ersatzerbeinsetzung....

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