nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Bayreuth (Entscheidung vom 15.06.2000; Aktenzeichen S 5 VG 12/99)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.06.2003; Aktenzeichen B 9 VG 4/02 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerinnen wird der Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Bayreuth vom 15.06.2000 und Änderung der Bescheide vom 31.05.1999 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 16.07.1999 verurteilt, die Hinterbliebenen-Versorgungsbezüge der Klägerinnen diesen ohne Anwendung der Ruhensvorschrift des § 65 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BVG zu gewähren.

II. Der Beklagte hat den Klägerinnen zu 1) bis 5) die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Anspruch der Klägerinnen auf Hinterbliebenenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Höhe der Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, der das getötete Gewaltopfer als freiwilliges Mitglied angehörte, ruht.

Der Ehemann bzw. Vater der Klägerinnen, der Allgemeinarzt Dr.T. E. , geb. am 1954, wurde am 14.12.1998 in seiner Arztpraxis in Lautertal von einem Patienten durch zwei Pistolenschüsse in den Hinterkopf getötet. Der Täter verübte anschließend Selbstmord.

Die Hinterbliebenen des Getöteten beantragten im Januar 1999 Leistungen nach dem OEG. Es handelt sich um die am 1954 geborene Witwe G. E. (Klägerin zu 1), sowie die Töchter V. (geb. 1983 - Klägerin zu 2) -), J. (geb. 1984 - Klägerin zu 3) -), B. (geb. am 1986 - Klägerin zu 4) -) und S. (geb. am 1989 - Klägerin zu 5) -).

Die Klägerin zu 1) gab bei der Antragstellung an, sie habe auch bei anderen Stellen Leistungen beantragt, nämlich bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), der Bayer. Ärzteversorgung, der Zusatzversicherung der bayerischen Gemeinden sowie einer privaten Lebensversicherung. Sie übermittelte den Bescheid der BGW vom 25.01. 1999, wonach ihr ab 14.12.1998 bis 31.03.1999 (Sterbevierteljahr) Witwenrente in Höhe von monatlich 1.777,78 DM, anschließend in Höhe von monatlich 711,11 DM neben einem Sterbegeld in Höhe von einmalig 7.440,00 DM ausgezahlt wurden. Auch übersandte sie die entsprechenden Bescheide der BGW an die Klägerinnnen zu 2) bis 5) vom 25.01.1999, mit denen diesen jeweils Halbwaisenrente von DM 355,56 gewährt wurde.

Am 05.02.1999 erteilte der Beklagte den Klägerinnen Bescheide, in denen der Tod ihres Ehemanns bzw. Vaters als Folge einer Schädigung im Sinne des OEG anerkannt wurde. Über die Höhe der Hinterbliebenenversorgung wurde darin noch nicht entschieden, da die Einkommensverhältnisse nicht bekannt seien und nach § 65 Abs.1 Nr.1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) der Anspruch auf Versorgungsbezüge in Höhe der Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung ruhe, wenn - wie hier - beide Ansprüche auf der selben Ursache beruhten.

Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, ein Bruder des Getöteten, Widerspruch ein, da zu Unrecht ein Ruhensfall im Sinne des § 65 BVG angenommen worden sei. Sinn dieser Vorschrift sei es, eine Doppelversorgung aus staatlichen Versicherungs- und Versorgungssystemen zu vermeiden; bei der eigenfinanzierten freiwilligen Selbstversicherung des Unternehmers sei jedoch eine Doppelvorsorge des Staates nicht gegeben. Die durch eigene freiwillige Zahlungen erworbene Rechtsposition gegenüber der Berufsgenossenschaft würde entgegen Art.14 Grundgesetz durch die Anwendung der Ruhensregelung faktisch entzogen. Der durch Eigenvorsorge des Berechtigten geschaffene Leistungsanspruch dürfe nicht bei der Grundrente nach BVG, sondern erst bei der Ausgleichsrente angerechnet werden. Aus diesen Erwägungen seien auch Leistungen aus einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung nach der Rechtsprechung nicht auf das Bestattungsgeld nach § 36 BVG anzurechnen. Der selbe Grundgedanke sei auch in § 93 Abs.5 Nr.2 SGB VI enthalten. Daher sei in § 65 Abs.1 Nr.1 BVG der Begriff "gesetzliche Unfallversicherung" im Wege der teleologischen Reduktion auf "gesetzliche Unfallversicherung ohne überwiegende eigene Beitragsleistung" zu reduzieren.

Im Zuge der vom Beklagten durchgeführten Einkommensermittlungen teilte die Klägerin zu 1) am 17.05.1999 mit, in welcher Höhe sie und ihre Töchter Lebensversicherungsleistungen erhalten hätten (von der A. Lebensversicherung, der C. Lebensversicherung und der K. Lebensversicherung). Es bestünden auch erhebliche Verbindlichkeiten. Außerdem gewähre die Bayerische Ärzteversorgung ab 16.12.1998 Hinterbliebenenrente (ab 01.01.1999 monatlich 1.943,90 DM für die Witwe und 647,80 DM für jede der vier Waisen) und Rente aus der Zusatzversorgung (mtl. 125,27 DM bzw. 25,05 DM).

Am 31.05.1999 erließ der Beklagte gegenüber den Klägerinnen zu 1) bis 5) Bescheide nach dem OEG, in denen der Tod des Ehemanns bzw. Vaters erneut als Folge einer Schädigung im Sinne des OEG anerkannt und dem Grunde nach ein Anspruch auf Witwen- bzw. Waisenrente nach § 38 BVG einschließlich Ausglei...

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