Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsrecht: Erstattung von Beiträgen zur Sozialversicherung. Verjährung der Erstattungsansprüche

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Erstattung von Beitragszahlungen zur Sozialversicherung (hier: Arbeitslosenversicherung) entsteht bereits mit Ablauf des Jahres der Beitragszahlung, auch wenn der Grund für die Erstattung erst zu einem späteren Zeitpunkt offenbar wird. Aus diesem Grund beginnt auch die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres der Beitragszahlung.

2. Ein Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status einer Beschäftigung kann nicht zugleich auch als Antrag auf Erstattung von ggfs. ohne Rechtsgrund entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen gewertet werden.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird Ziffer I. des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.07.2011 abgeändert und die Klage gegen den Bescheid vom 27.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2008 vollständig abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen wird zurückgewiesen.

II. Ziffern II. und III. des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.07.2011 werden einschließlich der Festsetzung des Streitwertes aufgehoben. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.02.1978 bis 30.11.2001.

Die Klägerin zu 1. war zunächst ab 01.02.1978 in der Firma ihres Ehemannes, der Firma G. A., und ab 01.011993 bei deren Rechtsnachfolgerin, der Klägerin zu 2., angestellt. Auf Antrag der Klägerin zu 1. vom 14.09.2004, ihre Tätigkeit bei der Klägerin zu 2. bzw. deren Vorgängerin ab 01.02.1978 sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen, stellte die E. mit Bescheiden vom 25.10.2004 fest, dass jeweils eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliege. Dagegen legte die Klägerin zu 1. durch einen beauftragten Rechtsanwalt Widerspruch ein. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hielt ein Mitarbeiter der E. unter dem 03.02.2005 weitere Feststellungen in einem Aktenvermerk u.a. fest, dass die Klägerin zu 1. für die Zeit vom 02.01.1984 bis 31.03.1984 Arbeitslosengeld bezogen habe und sich bei der "Verfallsklausel des § 26 Abs 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)" in der Arbeitslosenversicherung der Erstattungsanspruch um den Betrag der gewährten Leistungen mindere. Nach einer Gesprächsnotiz vom 23.02.2005 wurde J. A., der Sohn der Klägerin zu 1., u.a. über die "Verfallsklausel § 26 Abs 2 SGB IV" informiert und darauf hingewiesen, inwieweit eine Beitragserstattung generell ausgeschlossen sei bzw. bei der Arbeitslosenversicherung eine Verrechnung mit gewährten Leistungen erfolge. Diese Auswirkungen wollte Herr A. mit der p. GmbH, B-Stadt, abklären und wieder Bescheid geben. Den Widerspruch wies die E. schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2005 zurück. Auf eine dagegen gerichtete Klage der Klägerin zu 1. - im Klageverfahren war u.a. die Klägerin zu 2. beigeladen - hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) mit Urteil vom 08.03.2006 festgestellt, die Klägerin zu 1. habe nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen (S 9 KR 160/05).

Am 12.06.2006 beantragten die Klägerinnen bei der E., ihnen die für die Klägerin zu 1. gezahlten Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu erstatten. Im Anschreiben wurde dabei ein Zeitraum vom 01.02.1978 bis 28.02.2006 angegeben, in der Anlage war jedoch ein Hinweis für die Beklagte dahingehend gegeben worden, dass die Beiträge für die Zeit vom 01.10.1990 bis 30.11.2001 nicht aufgeführt worden seien, "da die Einrede der Verjährung nicht geltend gemacht" werde. Auf Anhörung werde verzichtet. Die Beklagte erstattete den Klägerinnen darauf die für die Zeit vom 01.12.2001 bis 28.02.2006 zu Unrecht entrichtete Beiträge iHv insgesamt jeweils 5.862,97 € (Bescheide vom 04.09.2006 und vom 14.09.2006).

Am 22.11.2007 beantragten die Klägerinnen die Erstattung der weiteren, zu Unrecht entrichteten Beiträge für den Zeitraum vom 01.02.1978 bis 30.11.2001. Die zuständige Einzugsstelle sei stets von einer Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung ausgegangen, weshalb die Beiträge damit insgesamt unverjährt seien. Solange durch einen Verwaltungsakt der E. gerade die Versicherungspflicht der Klägerin zu 1. rückwirkend festgestellt worden sei und damit ein Rechtsgrund für die jeweilige Tragung von Beiträgen bestanden habe, habe der Erstattungsanspruch nicht entstehen können. Dies sei erst mit Urteil des SG vom 08.03.2006 erfolgt. Damit seien die Voraussetzungen der Beitragsentrichtung entfallen, so dass der Anspruch auf Beitragserstattung nach § 26 Abs 2 SGB IV habe entstehen und fällig bzw. geltend gemacht werden können. Die Verjährungsfrist von vier Jahren sei seitdem nicht abgelaufen, zumal auch durch das Erstattungsbegehren die Verjährung gehemmt worden sei.

Mit Schreiben vom 26.11.2007 wies die Beklagte darauf hin, man habe mit Bescheid vom 04.09.2006 ...

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