Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Zuflussprinzip. Absetzung des Grundfreibetrags nach § 11 Abs 2 S 2 SGB 2 aF. verfrühte Auszahlung von Arbeitsentgelt. keine Mehrfachabsetzung des Grundfreibetrags bei Zufluss von zwei Monatslöhnen in einem Monat

 

Leitsatz (amtlich)

Der Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 S 2 SGB 2 aF (nunmehr § 11b Abs 2 S 2 SGB 2) ist als monatlicher Aufwand anzusehen, der vom gesamten Einkommen (aus Erwerbstätigkeit) abzusetzen ist, das in dem Monat, für den der Aufwand zu berücksichtigen ist, zufließt, unabhängig davon aus welchen Einkommensquellen der tatsächliche Zufluss stammt und unter welchen tatsächlichen oder rechtlichen Bedingungen dieser Einkommenszufluss zustande gekommen ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.07.2014; Aktenzeichen B 14 AS 25/13 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.08.2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine teilweise Aufhebung bewilligter laufender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Januar 2011 sowie die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 106,40 €.

Die alleinstehende Klägerin bezog seit November 2006 Leistungen nach dem SGB II, zuletzt mit Bescheid vom 22.11.2010 für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 in Höhe von 569,68 € sowie für den Zeitraum vom 01.12.2010 bis zum 30.04.2011 in Höhe von 320,68 €. Im Hinblick auf die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung ab dem 01.11.2010 sei ab dem 01.12.2010 ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 240,- € monatlich anzusetzen.

Auf Nachweis des tatsächlich bezogenen Einkommens in Höhe von 133.- € für die Monate November 2010 (Zahlungseingang auf dem Konto der Klägerin: 01.12.2010) und Dezember 2010 (Zahlungseingang auf dem Konto der Klägerin: 05.01.2011) bewilligte der Beklagte der Klägerin mit den Bescheiden vom 15.12.2010 (Zeitraum 01.12.2010 bis 31.12.2010) und 11.01.2011 (Zeitraum 01.01.2011 bis 31.01.2011) Alg II in Höhe von jeweils 534,28 € wobei er nach Abzug der Freibeträge gemäß § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF (idF des Gesetzes vom 14.08.2005; BGBl. I S. 2407) und § 30 SGB II aF anzurechnendes Einkommen in Höhe von 26,40 € berücksichtigte,

Nach Vorlage von Kontoauszügen durch die Klägerin Anfang Februar 2011 stellte der Beklagte fest, dass der Klägerin das für Januar 2011 zu beanspruchenden Arbeitsentgelt in Höhe von 133.- € bereits am 31.01.2011 auf ihrem Konto gutgeschrieben worden war.

Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 14.02.2011) hob der Beklagte mit Bescheid vom 03.03.2011 die mit Bescheid vom 11.01.2011 bewilligten Leistungen teilweise auf. Nachdem sowohl das für Dezember 2010 als auch das für Januar 2011 zu beanspruchende Arbeitsentgelt im Januar 2011 zugeflossen sei, sei das gesamte Einkommen auf den Leistungsanspruch für Januar 2011 anzurechnen. Unter Beachtung der maßgeblichen Freibeträge sei Alg II in Höhe von 106,40 € für den Monat Januar 2011 zu Unrecht bezogen worden. Dieser Betrag sei von der Klägerin zu erstatten.

Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass vorliegend eine Abweichung vom sogenannten Zuflussprinzip angezeigt sei. Entweder sei das Einkommen für Januar 2011 im Februar 2011 zu berücksichtigen oder die Freibeträge müssten bei der Berechnung im Monat Januar 2011 doppelt abgezogen werden. Im Ergebnis dürfe es zu keiner Erstattung kommen.

Nachdem die Gehaltszahlung für Februar 2011 bei der Klägerin bereits am 28.02.2011 eingegangen war, bewilligte der Beklagte der Klägerin in Abänderung des Bescheides vom 22.11.2010 mit Bescheid vom 04.03.2011 Alg II für den Zeitraum vom 01.02.2011 bis 28.02.2011 in Höhe von 534,28 € unter Anrechnung berücksichtigungsfähigen Einkommens in Höhe von 26,40 €. Auch in der Folgezeit zahlte der Arbeitgeber der Klägerin das Arbeitsentgelt jeweils am Ende des Monats aus, für den es gezahlt wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß dem in § 2 Abs 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) verankerten Zuflussprinzip seien laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Hiervon seien die Freibeträge abzuziehen. Die Klägerin habe Einkommen erzielt, das zur Minderung des Leistungsanspruchs geführt habe (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X), so dass die maßgebliche Bewilligung aufzuheben und überzahlte Leistungen in Höhe von 106,40 € zu erstatten seien.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Mit der Gewährung der Freibeträge habe der Gesetzgeber einen Anreiz zur Aufnahme einer Beschäftigung schaffen und damit einem Erwerbstätigen mehr belassen wollen, als demjenigen der nicht...

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