Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben. berufliche Eingliederung. Förderung der Heilpraktikerausbildung. beschränkte Heilpraktikererlaubnis für das Fachgebiet Kinesiologie. Abgrenzbarkeit. besondere Leistung. Eignungsprognose. allgemein zugängliche Schule

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zulässigkeit einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis.

2. Zu den Voraussetzungen für die Erstattung der Teilnehmerkosten einer allgemein zugänglichen Heilpraktikerschule (Kinesiologie) als besondere Leistung der beruflichen Eingliederung gem §§ 98 Abs 1 Nr 2, 102 Abs 1 S 1 Nr 2, 103 SGB 3 iVm §§ 160ff, 104ff, 109ff SGB 3. 29

 

Tenor

I. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 31. Oktober 2001 wird dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 8.843,55 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu 3/4 zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind die Kosten der Förderung des Besuchs einer Heilpraktikerschule als Leistung zur beruflichen Eingliederung Behinderter.

Die im Jahre 1976 geborene Klägerin, die über keinen beruflichen Abschluss verfügt, ist körperlich behindert. Sie leidet unter den Folgen einer angeborenen Spina bifida und ist darüber hinaus erheblich sehbehindert.

Die Klägerin erwarb die mittlere Reife; den anschließenden Besuch einer Fachoberschule brach sie vorzeitig ab. Vom 08.09.1997 bis 31.07.1998 absolvierte sie einen von der Beklagten geförderten Lehrgang im Werkstattverbund der Bayerischen Landesschulen für Blinde und Körperbehinderte. Ab 01.08.1998 bezog die Klägerin Arbeitslosenhilfe, seit September 1998 besuchte sie in Eigeninitiative und mit dem Endziel einer Betätigung auf dem Gebiet der sog. Kinesiologie eine allgemein zugängliche Heilpraktikerschule. Die allgemeine Ausbildung zur Heilpraktikerin beendete die Klägerin im Jahr 2001, ohne einen Abschluss zu erreichen. Mit Bescheid vom 03.01.2002 lehnte das Landratsamt F. die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne ärztliche Bestallung ab. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Den Antrag auf Förderung der Ausbildung in der Heilpraktikerschule lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.1998 ab. Die nicht zu einem Berufsabschluss führende schulische Ausbildung sei nicht förderungsfähig. Die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für den Beruf der Heilpraktikerin nicht geeignet. Zudem könnten Heilpraktiker nicht im notwendigen Umfang auf Arbeitnehmertätigkeiten zurückgreifen. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.02.2000).

Das Sozialgericht München (SG) hat auf die Klage der Klägerin die Beklagte mit Urteil vom 31.10.2001 verurteilt, die beim Zentrum für Naturheilkunde in A-Stadt im September 1998 begonnene Ausbildung der Klägerin zur Heilpraktikerin als Leistung zur beruflichen Eingliederung Behinderter dem Grunde nach zu fördern.

Im anschließenden Berufungsverfahren hat das Bayer. Landessozialgericht (LSG) eine Auskunft des Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker, Landesverband Bayern eV und ein nervenfachärztliches Gutachten von Dr. K. eingeholt. Sodann hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 30.11.2004, L 8 AL 54/02) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin benötige wegen Art und Schwere ihrer Behinderung Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung. Es sei zum einen auch eine berufliche Eingliederung in eine selbstständige Tätigkeit zulässig, zum anderen sei nach der eingeholten Auskunft auch die Ausübung des Berufs im Angestelltenverhältnis möglich. Die Klägerin sei für den angestrebten Beruf der Heilpraktikerin auch geeignet. Dass sie diesen Beruf auf Grund ihrer Behinderung unstreitig nicht im gesamten beruflichen Spektrum ausüben könne, sei hinzunehmen, weil keine Ausbildung möglich sei, bei der diese Einschränkungen nicht gegeben wären. Dem Anspruch lasse sich nicht entgegen halten, dass die Klägerin im Jahr 2001 die Prüfung nicht bestanden habe, weil es maßgebend auf die zu Beginn der Maßnahme zu stellende Prognose ankomme. Zu Beginn der Maßnahme habe es noch keine speziell auf Behinderte ausgerichtete Heilpraktikerschule gegeben und eine andere Form der Eingliederung sei nicht denkbar. Deshalb müsse ausnahmsweise auch eine schulische Ausbildung gefördert werden, die Behinderten wie Nichtbehinderten zugänglich sei.

Auf die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten hob das Bundessozialgericht dieses Urteil und das Urteil des SG vom 31.10.2001 auf und verwies die Sache an das LSG zurück (Urteil vom 17.11.2005, B 11a AL 23/05 R, dazu im Einzelnen unter II).

Das LSG hat weitere Ermittlungen durchgeführt und Stellungnahmen der Regierung von Oberbayern, der Landeshauptstadt A-Stadt und der Beteiligten, eine ergänzende Stellungnahme des Dr. K. und ein Gutachten des Prof. Dr. D. von der Neurologischen Klinik der L.-Universität A-Stadt eingeholt.

Die Beklagte ...

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