Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Prozesskostenhilfe für das Verfahren der gerichtlichen Festsetzung einer Entschädigung nach dem JVEG. Kosten der Anreise mit einem Taxi bei Merkzeichen B

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gewährung von PKH für Verfahren nach dem JVEG ist ausgeschlossen, da sie von Gesetzes wegen nicht vorgesehen ist.

2. Reist der Inhaber des Merkzeichens B allein mit einem Taxi zu einem gerichtlich angeordneten Termin an, sind die Taxikosten als objektiv notwendige Kosten einer objektiv nötigen Anreise zu erstatten. Weitergehende Prüfungen, zum einen hinsichtlich der Frage der individuellen Notwendigkeit der begleiteten Anreise im konkreten Fall, zum anderen, ob im konkreten Fall gleichwohl eine günstigere Anreise möglich gewesen wäre, sind nicht geboten.

 

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung wegen des Gerichtstermins am 23.06.2016 wird abgelehnt.

II. Die Entschädigung des Antragstellers wegen des Gerichtstermins am 23.06.2016 wird auf 314,10 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin und für dieses Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts.

In den am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter den Aktenzeichen L 8 SO 2/13 u.a. geführten Berufungsverfahren des dortigen Klägers und jetzigen Antragstellers (im Folgenden: Antragsteller) fand am 23.06.2016 eine mündliche Verhandlung statt. Der auf 12.50 Uhr angesetzte Gerichtstermin, zu dem der Antragsteller erschien, dauerte bis 14.00 Uhr.

Mit Entschädigungsantrag vom 06.08.2016 beantragte der Antragsteller die Entschädigung wegen seines Erscheinens beim Gerichtstermin vom 23.06.2016. Er gab an, zu Hause um 9.00 Uhr mit dem Taxi weggefahren und um 19.00 Uhr wieder zurück gewesen zu sein. Er machte eine Entschädigung für Zeitversäumnis geltend und legte eine Taxirechnung über 289,60 € vor.

Auf Nachfrage des Kostenbeamten verfügte der Vorsitzende des Hauptsachesenats, dass das persönliche Erscheinen des Antragstellers nachträglich für geboten erachtet werde. Wegen der Notwendigkeit einer Taxibenutzung müsse der Antragsteller aber noch eine ärztliche Bescheinigung vorlegen.

Daraufhin forderte der Kostenbeamte des Bayer. LSG den Antragsteller zur Vorlage einer geeigneten ärztlichen Bescheinigung oder eines Arztberichts als Nachweis für die medizinische Notwendigkeit einer Taxibenutzung auf.

Mit Schreiben vom 28.09.2016 legte der Antragsteller keine ärztliche Bescheinigung vor, sondern beantragte eine Kostenübernahmezusage für ein ärztliches Privatattest. Im Übrigen regte er an, beim Beigeladenen des Hauptsacheverfahrens medizinische Unterlagen anzufordern.

Der Kostenbeamte des Bayer. LSG gewährte, nachdem der Vorsitzende des Hauptsachesenats auf Nachfrage des Kostenbeamten am 25.10.2016 die Ansicht geäußert hatte, dass die Ausführungen des Antragstellers nicht für eine Genehmigung der Taxibenutzung ausreichen würden, mit Schreiben vom 26.10.2016 eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 83,- € (24,50 € für Zeitversäumnis ["Entschädigung bei Nachteilsausgleich"] für die Zeit von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr, 58,50 € für Fahrtkosten wegen gefahrener 234 km). Die notwendige Abwesenheitszeit - so der Kostenbeamte - sei unter Berücksichtigung eines ausreichenden Zeitpuffers auf einen Zeitraum von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr bestimmt worden. Die beantragten Taxikosten seien nicht erstattungsfähig, da die Benutzung weder von einem Arzt für notwendig erachtet noch vom zuständigen Richter genehmigt worden sei und auch nicht zu einer Einsparung der Entschädigung geführt habe. Der Anforderung hinreichend aussagekräftiger medizinischer Belege sei der Antragsteller nicht gefolgt.

Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 28.09.2016 gewandt und die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung beantragt. Ihm sei keine zumutbare Möglichkeit eingeräumt worden, ein ärztliches Attest vorzulegen. Weiter weise er auf seinen Schwerbehindertenausweis hin, dessen Berücksichtigung durch das Gericht nicht erkennbar sei. Er beantrage die Zeugeneinvernahme des Taxifahrers. Die aufgetretenen Verzögerungen seien verkehrsbedingt gewesen. Weiter hat er auf sein Schreiben vom 28.09.2016 verwiesen. Er beantrage PKH und Beiordnung eines noch zu bestimmenden Anwalts.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens, soweit sie derzeit dem LSG vorliegen, beigezogen. Daraus ergibt sich u.a., dass der Antragsteller über das Merkzeichen B verfügt.

II.

PKH ist für das Verfahren des Antrags auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG nicht zu gewähren (siehe unten Ziff. 1.). Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 23.06.2016 ist auf 314,10 € festzusetzen (siehe unten Ziff. 2.).

1. Prozesskostenhilfe

PKH für das Verfahren der gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 JVEG is...

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