Entscheidungsstichwort (Thema)

Arzneimittel. Kostenerstattung. Privatrezept

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Teilnahme des Versicherten am Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 2 SGB V führt zu keiner Erweiterung des Leistungsspektrums. Der Versicherte erhält von der Krankenkasse nur für solche medizinischen Leistungen Kosten erstattet, die er als Sachleistung hätte in Anspruch nehmen können.

 

Normenkette

SGB V § 2 Abs. 2, § 13 Abs. 2, § 28; EKV-Ä § 15 Abs. 6

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31. Januar 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bezahlung von 124,35 Euro für eine von der Klägerin, die Kostenerstattung gewählt hat, beschaffte Arznei (Injektion).

Die 1937 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten und hat für ambulante Behandlung einschließlich Arzneimittel Kostenerstattung gemäß § 24 der Beklagtensatzung in Verbindung mit § 13 Abs.2 SGB V gewählt. Nach Aussagen ihrer Krankenkasse hat sie sich seit Frühjahr 2005 für ca. 50.000,00 Euro Arzneimittelkosten erstatten lassen.

Am 21.06.2004 erwarb die Klägerin bei der A. Apotheke in B-Stadt die ihr zuvor vom Vertragsarzt Dr. B. auf einem Privatrezept verordneten 100 Ampullen Cefasel 300 UG wegen eines ausgeprägten Selenmangels zum Preis von 124,35 Euro. Am gleichen Tage legte die Klägerin das quittierte Rezept der Beklagten zur Erstattung vor.

Nachdem Dr. D. vom MDK das Präparat nicht als für die gesetzliche Krankenversicherung verordnungsfähiges Arzneimittel eingeschätzt hatte, lehnte die Beklagte mit dieser Begründung eine Erstattung ab (Bescheid vom 23.06.2004). Auf den klägerischen Widerspruch nahm Dr. D. erneut Stellung dahin, dass das Cefasel ein apotheken- aber nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel sei, welches zu Lasten der GKV nicht verordnet werden könne, so dass die Beklagte die Kostenübernahme erneut ablehnte (Bescheid vom 25.06.2004). Die Klägerin wandte ein, dass in der verordneten Form das Cefasel verschreibungspflichtig sei, was Dr. D. bestätigte, nun aber auf die Gefahr einer toxisch wirkenden Überdosierung hinwies, wozu die Beklagte noch nähere Angaben erheben solle. Es heißt nämlich in der Produktbeschreibung, dass Cefasel in der 300er-Version zur kurzfristigen Behandlung, in der Regel eine bis zwei Wochen, geeignet sei und danach eine Weiterbehandlung mit niedriger Dosis fortgesetzt werden solle. Der daraufhin von Dr. B. vorgelegte Behandlungsplan sowie Laborbefunde vom 02.06.2004, wertete Dr. D. dahin aus, dass die Gabe von Cefasel in niedriger Dosierung von 50 mg, die ihrerseits nicht verschreibungspflichtig sei, bei der Klägerin ausgereicht hätte, was die Klägerin wegen ihres erhöhten Selenbedarfs nach langdauernder Gabe von Antibiotika und Antimykotika als unzureichend ansah. Gleichwohl hielt die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 06.10.2004 an ihrer Auffassung fest, dass die Therapie mit der vorgenommenen Dosierung nicht notwendig gewesen sei.

Die dagegen am 05.11.2004 erhobene Klage ist mit der falschen Einschätzung des MDK vom tatsächlichen Selenbedarf begründet worden. Dr. B., der die seit Juni 2004 durchgehenden, jede Woche mehrmals stattgefundenen Behandlungen aufgelistet hatte, teilte mit, dass der mit 66 mg festgestellte Selenspiegel deutlich unter dem gelegen hätte, wie er bei Immundefekten, an denen die Klägerin leide, erforderlich sei. Zur Behandlung sei die verordnete Großpackung am wirtschaftlichsten gewesen. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 31.01.2007 die Beklagte zur Zahlung des vollen Kaufpreises an die Klägerin verurteilt und dazu ausgeführt: Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit dürfe nicht soweit führen, in den Therapieplan des behandelnden Arztes einzugreifen, der von sich aus die gewählte Dosierung als sinnvoll erachtet habe. Dies nachträglich zu korrigieren, habe mit einer Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nichts mehr zu tun, so dass die Beklagte den vollen Kaufpreis zu erstatten habe.

Auf die Beschwerde der Beklagten hin hat der Senat die Berufung zugelassen (Beschluss vom 18.07.2007), die von der Beklagten damit begründet wird, dass sie nicht verpflichtet sei, all das zu erstatten, was der behandelnde Arzt der Klägerin verordne. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts beschneide die dem Arzt zustehende Therapiefreiheit nicht ihr Kontrollrecht hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit einer Verordnung. Die Klägerin könne jeweils vor Beschaffung eines verordneten Präparates eine solche Prüfung vornehmen lassen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31.01.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin, die beantragt, die Berufung zurückzuweisen, stützt sich auf die Überlegungen des Sozialgerichts. Die Verabreichung intravenöser 300-mg-Dosen sei therapeutisch erforderlich gewesen und die Verweisung auf die 50-mg-Dosis hätte den Therapieerfolg nicht gewährleisten ...

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