Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragsbemessung eines versicherungspflichtig Beschäftigten. Beitragspflicht einer Kapitalauszahlung aus einer Direktversicherung auch bei Pfändung des Auszahlungsanspruchs und späterem Privatinsolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung

 

Leitsatz (amtlich)

Beitragspflicht einer Kapitalauszahlung aus einer Direktversicherung auch bei Pfändung des Auszahlungsanspruchs und späterem Privatinsolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung.

 

Orientierungssatz

Zum Leitsatz vgl BSG vom 17.03.2010 - B 12 KR 4/09 R = SozR 4-2500 § 240 Nr 14 und vom 28.01.1999 - B 12 KR 24/98 R = SozR 3-2500 § 237 Nr 7.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2015; Aktenzeichen B 12 KR 19/14 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 2. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 01.06.2009 bis 31.12.2014.

Für den 1944 geborenen Kläger besteht seit dem 01.06.2009 eine Pflichtversicherung aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses. Bereits 1994 war zu seinen Gunsten eine Lebensversicherung zwischen der D. Lebensversicherungs-AG und dem früheren Arbeitgeber mit Ablaufdatum am 01.01.2004 abgeschlossen worden. Die D. Bank AG erwirkte am 13.12.1999 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf die Auszahlungsforderung des Klägers gegenüber dem Versicherungsunternehmen. Über das Vermögen des Klägers wurde 2001 ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchgeführt, das mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 19.02.2001 aufgehoben wurde. Nach Erfüllung der im Beschluss festgestellten Obliegenheiten des Klägers erteilte das Amtsgericht am 30.05.2006 schließlich eine Restschuldbefreiung.

Am 27.06.2005 teilte das Versicherungsunternehmen der Beklagten mit, dass der Kläger am 01.12.2004 eine einmalige Leistung aus einer Direktversicherung in Höhe von 14.409,04 Euro erhalten habe. Am 20.08.2009 informierte die Land- und Forstwirtschaftliche Alterskasse Franken und Oberbayern (LKK) die Beklagte über die Auszahlung einer Regelaltersrente ab 01.06.2009 in Höhe von rund 42,00 Euro/mtl. an den Kläger. Mit streitigem Bescheid vom 12.10.2009 setzte die Beklagte hierauf Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.06.2009 fest. Bislang seien keine Beiträge für den Versorgungsbezug fällig gewesen, da der monatliche Zahlbetrag unter der monatlichen beitragspflichtigen Mindestgrenze für Versorgungsbezüge gelegen habe. Diese Mindestgrenze sei mit Auszahlung der LKK-Altersrente ab 01.06.2009 überschritten worden, so dass nunmehr auf beide Versorgungsbezüge Beiträge zu zahlen seien.

Der Kläger legte Widerspruch ein, weil die Versicherungsleistung nie an ihn ausgezahlt, sondern sofort von der Bank gepfändet und schließlich an diese ausbezahlt worden sei. Mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 08.04.2010 wies die Beklagte unter Bezugnahme auf ein Gemeinsames Rundschreiben des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die Versicherungsleistung gleichwohl dem Vermögen des Klägers zugeflossen sei, wenn auch zur Tilgung von Gläubigerforderungen. Sie unterliege daher der Beitragspflicht bis 31.12.2014 mit einem monatlichen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung von 120,08 Euro.

Im Klageverfahren am Sozialgericht München (SG) wies der Kläger darauf hin, dass das Verbraucherinsolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Auszahlung der gepfändeten Lebensversicherung bereits begonnen hatte. Jeder Schuldner habe im Rahmen einer Privatinsolvenz während der gesamten Wohlverhaltensphase seine pfändbaren Bezüge abzuführen und sich auch ansonsten entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zu verhalten. Die vom Kläger zu erbringenden Leistungen hätten sich in keiner Weise geändert, wenn die Kapitalzahlung aus der Lebensversicherung nicht an die Pfändungsgläubiger, sondern später in die Masse des Insolvenzverfahrens geflossen wäre. Weder habe sich die Wohlverhaltensphase verkürzt noch hätte er weniger Einkommensteile abzuführen gehabt. Damit habe der Kläger - anders als ein normal Versicherter, dem durch eine gepfändete Forderung eine Schuld genommen werde, - definitiv keinen finanziellen Vorteil von dieser Kapitalzahlung gehabt, so dass sie eben gerade nicht in ein Vermögen eingeflossen sei. Die Beklagte verblieb bei ihrer Auffassung, dass die Kapitalleistung in das Vermögen eingeflossen sei, unabhängig davon, wie und wofür sie verwendet worden sei. Es erscheine nicht sachgerecht, den Kläger anders als andere Versicherte zu behandeln, nur weil seine Schuldentilgung im Rahmen einer Verbraucherinsolvenz durchgeführt werde. Auch stehe die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen in keinem Zusammenhang zur Insolvenz. Die Beitragsforderung sei auch nicht Gegenstand der Verbraucherinsolvenz gewesen.

Mit Urteil vom 02.02.2012 wies das SG die Kl...

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