Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Aufwendungen iS des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB 10

 

Orientierungssatz

1. Die für die Durchführung eines Unterhaltsverfahrens beim Amtsgericht angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten sind keine Aufwendungen, die in dem durch vollständige Abhilfe erledigten Widerspruchsverfahren entstanden sind. Darunter werden generell nur solche Kosten verstanden, die sich unmittelbar auf dieses Verfahren beziehen.

2. Vorbereitungskosten können als notwendige Aufwendungen des Widerspruchsführers iS des § 63 Abs 1 S 1 SGB 10 gelten. Sie sind aber ebenfalls nur in dem Umfang erstattungsfähig, der gerade der Vorbereitung dieses bestimmten Verfahrens mit seinen Anträgen dient. Danach können selbst die Kosten eines iS des § 114 Abs 1 SGG vorgreiflichen Verfahrens (hier zur Klärung des Bestehens von Unterhaltsansprüchen der Klägerin aus ihrer geschiedenen Ehe als Grundlage der zwingend vorgeschriebenen Anrechnung auf die wiederaufgelebte Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemanns) nicht in den Aufwendungsersatz nach § 63 SGB 10 einbezogen werden, weil das eine Frage jenes Prozesses ist.

3. Die mit der Durchführung eines Unterhaltsprozesses vor dem Amtsgericht verbundenen Kosten lassen sich nicht als notwendige Aufwendungen im Rahmen des Vorverfahrens bestimmen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die während des Verlaufs eines Vorverfahrens angefallen sind.

Die am. 1938 geborene Klägerin war in erster Ehe mit dem am 1936 geborenen und am. 1970 verstorbenen E S verheiratet. In zweiter Ehe war sie mit U L verheiratet; diese (am. 1976 geschlossene) Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Coburg vom. 1989 geschieden. Das Urteil ist am. 1989 rechtskräftig geworden.

Am 24.04.1989 beantragte die Klägerin bei der Beklagten das Wiederaufleben der Witwenrente aus der Versicherung des E S. Die Beklagte entsprach dem Antrag mit Bescheid vom 27.09.1989 und bewilligte die Hinterbliebenenrente ab 01.08.1989 (in Höhe von damals 987,52 DM monatlich, ohne Anrechnung eines tatsächlichen oder fiktiven Unterhalts). Mit Schreiben vom 29.05.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie beabsichtige, den Bescheid über die Gewährung von Witwenrente wegen Anrechnung von Unterhaltsansprüchen für die Zukunft zurückzunehmen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gegen ihren geschiedenen Ehemann in Höhe von monatlich 2.297,63 DM, der sich aus 3/7 des Gesamteinkommens der Ehegatten errechne. Bei Anrechnung dieses Anspruches ergebe sich kein auszahlbarer Rentenbetrag mehr. Es stehe nicht im freien Belieben der Witwe, den Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann geltend zu machen; sie sei hierzu vielmehr verpflichtet. Die Anrechnung von Unterhaltsansprüchen (aus der 2. Ehe) auf die Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes könne nur unterbleiben, wenn es ihr trotz Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten (einschließlich von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung) nicht gelinge, den angemessenen Unterhalt - ganz oder teilweise - von dem Verpflichteten zu erlangen.

Mit Bescheid vom 29.06.1995 hob die Beklagte den Bescheid vom 27.09.1989 mit Wirkung ab 01.08.1995 auf und begründete dies mit dem auf die Witwenrente (fiktiv) anzurechnenden und diese übersteigenden Unterhaltsanspruch.

Dagegen erhob die Klägerin am 25.07.1995 Widerspruch und machte unter Hinweis auf die - Unterhaltszahlungen ablehnende - Äußerungen ihres zweiten Ehemannes (Schriftsätze der Rechtsanwälte B und Kollegen vom 03. und 14.07.1995) geltend, verglichen mit den die Ehezeit prägenden Einkünften habe sie keinen Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt. Im übrigen gehe die Beklagte bei den Einkommensverhältnissen ihres geschiedenen Ehegatten von weit überhöhten Beträgen aus.

Mit Schreiben vom 12.09.1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das (der Berechnung des Unterhaltsanspruchs zugrunde gelegte) Durchschnittseinkommen beruhe auf dessen Gehaltsabrechnungen für die Monate März 1994 bis Februar 1995. Im Hinblick auf die Nachrangigkeit der Witwenrente sei die Klägerin verpflichtet, die aus ihrer 2. Ehe erworbenen Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend zu machen bzw durchzusetzen.

Die Klägerin hat dieser Rechtsauffassung widersprochen, aber gleichwohl Klage auf Auskunft und Unterhaltszahlung gegen ihren geschiedenen Ehemann erhoben. Das Amtsgericht Coburg hat die Klage mit Urteil vom 08.02.1996 abgewiesen und einen Aufstockungsunterhalt der Klägerin auch unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung verneint, daß die Witwenrente bei der Feststellung eines Unterhaltsanspruches außer Betracht zu bleiben habe. In Anbetracht der (damaligen) Einkommensunterschiede hätten zwar im Zeitpunkt der Scheidung die Voraussetzungen eines Aufstockungsunterhalts gemäß §§ 1573 Abs 2, 1578 BGB vorgelegen: ein solcher Anspruch bestehe jedoch nicht unbegrenzt.

Vielmehr wäre es angesichts des Zeitablaufs von mehr als fünf Jahren zwischen Scheidung und Erhebung der Unterhaltsklage g...

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