Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswidriger tätlicher Angriff. Non liquet. Rechtfertigungsgrund. Versagung. Ermessen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Gewaltanwendung eines Polizisten stellt keinen rechtswidrigen tätlichen Angriff i.S.v. § 1 OEG dar, wenn die sachlichen Voraussetzungen für ein entsprechendes Einschreiten fehlen, der Polizist aber nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage zur Auffassung kommt, dass sie erfüllt sind.

 

Normenkette

OEG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 9. August 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1956 geborene Kläger begehrt Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger am 08.02.2005 von drei Polizeibeamten auf seinem Grundstück misshandelt worden ist.

Der Kläger hat mit Antrag vom 16.08.2005 vorgetragen, er habe am 08.02.2005 gegen 11.35 Uhr eine Verletzung der Gesichtsknochen samt Beeinträchtigung der Sehfähigkeit hinnehmen müssen. Anlass für die Auseinandersetzung sei die Frage nach dem Dienstausweis der Polizeibeamten gewesen. Gegenüber seinem behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. E. hat der Kläger den Vorfall wie folgt geschildert: Die Polizeibeamten seien ihm, als er mit seinem PKW unterwegs war, hinterhergefahren, wären auch mit dem Wagen auf sein Grundstück gefahren und hätten ihn aufgefordert, seinen Führerschein vorzulegen. Er selbst wollte anscheinend, dass die Polizisten sich auswiesen, was diese nicht getan hätten. Er sei dann niedergedrückt worden und mit der rechten Kopfseite auf den Boden geschlagen worden, hätte dort auch eine blutende Wunde gehabt, die im Krankenhaus M. behandelt worden sei. Er habe seither Sehstörungen im Sinne eines verschwommenen Sehens sowie ein Dröhnen im Kopf. Er sei allerdings nicht bewusstlos gewesen. Ausweislich des Arztbriefes von Dr. E. vom 08.03.2005 ist eine Schädelprellung rechts (ICD-10: S 06.9) sowie eine Sehstörung rechts (ICD-10: H 53.1) diagnostiziert worden.

Die Staatsanwaltschaft A. hat mit Beschluss vom 13.06.2005 das Ermittlungsverfahren gegen M. S. , N. H. und J. H. wegen Körperverletzung im Amt gemäß § 170 Abs.2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Am 09.02.2005 habe der Kläger bei der Staatsanwaltschaft W. Strafanzeige gegen die drei beschuldigten Polizeibeamten erstattet. Diese hätten im Zusammenhang mit einem Polizeieinsatz am Vortag Straftaten zu seinem Nachteil begangen. Der Kläger trug vor, er sei am 08.02.2005 kurz vor 12.00 Uhr mit seinem PKW in G. zu seinen Eltern gefahren. Zwei Fahrzeuge hinter ihm sei die Polizei gefahren. Er habe sein Fahrzeug auf seinem Grundstück am Ö.-Berg geparkt, die Polizei sei ihm mit ihrem Fahrzeug gefolgt. Eine Beamtin sei ausgestiegen und habe seinen Führerschein verlangt und er habe geäußert, sie bekäme seinen Führerschein jetzt nicht und die Beamten sollten sich ausweisen. Er habe die Beamten aufgefordert, das Grundstück zu verlassen, woraufhin diese ihn zu Boden geworfen und seinen Kopf auf einen Steinhaufen geschlagen hätten. Sie hätten ihn dann durchsucht und hierbei seine Lederjacke zerrissen. Auf seine Hilferufe hin sei seine Mutter aus der Wohnung geeilt und habe die Beamten ebenfalls des Grundstücks verwiesen. Sie habe zwei Beamte, die völlig in Rage gewesen seien und ständig auf ihn eingeschlagen hätten, zurückgehalten. Die Beamten hätten Verstärkung gerufen und die daraufhin hinzugekommenen Beamten hätten wiederum nach seinem Führerschein gefragt. Auch diese hätten sich nicht ausweisen wollen. Er habe den Beamten gedroht, dass er seine Hunde herauslassen würde, wenn diese das Haus betreten würden. Ein Beamter habe daraufhin mit der gezogenen Waffe herumgefuchtelt und gedroht, in diesem Fall die Hunde zu erschießen. Er habe dann seinen Ausweis der einen Beamtin gezeigt und sie gebeten, eine Anzeige gegen die anderen Kollegen aufzunehmen. Dies habe sie abgelehnt mit der Begründung, sie würde keine Anzeige gegen Kollegen aufnehmen. Aufgrund des Vorfalls sei er erheblich verletzt worden und habe eine Schädelprellung, Abschürfungen und anderes davongetragen. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen und der verfügbaren Beweismittel könne den Beschuldigten ein strafbares Verhalten nicht nachgewiesen werden: Die Beschuldigten hätten sich zum Sachverhalt eingelassen und den Sachverhalt aus ihrer Sicht geschildert. Aus den Schilderungen der Beschuldigten ließen sich Straftaten nicht entnehmen. Die Beschuldigten hätten einvernehmlich angegeben, sie seien am 08.02.2005 gegen 11.35 Uhr in Unterstützung der Polizeiinspektion M. in G. auf Streifenfahrt unterwegs gewesen. Im Verkehr sei ihnen ein roter Opel Corsa, amtliches Kennzeichen M. , aufgefallen, und sie hätten sich entschlossen, ihn zu einer allgemeinen Verkehrskontrolle anzuhalten. Sie hätten daher das Anhaltesignal "Stop Polizei" eingeschaltet und seien dem Opel gefolgt. Dieser habe jedo...

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