Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsanspruch. Krankenkasse. Rentenversicherungsträger. Umdeutung eines Antrages auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in einen Rentenantrag

 

Orientierungssatz

Eine Versicherte, die selbst einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gestellt hat, und von der Krankenkasse nachträglich über die Beschränkung ihrer Dispositionsbefugnis nach § 51 Abs 1 SGB 5 informiert wurde, kann nicht der gesetzlichen Fiktion des § 116 Abs 2 SGB 6 (Umdeutung des Reha-Antrages in einen Rentenantrag) widersprechen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.06.2008; Aktenzeichen B 13 R 141/07 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Krankengeld für die Zeit vom 6. Juli 2000 bis 23. Januar 2001 in Höhe von 3.114,43 Euro.

Die 1964 geborene Versicherte war ab 6. Januar 2000 arbeitsunfähig erkrankt und beantragte im Anschluss an eine stationäre neurochirurgische Behandlung vom 11. bis 17. Januar 2000 bei der Beklagten am 27. Januar 2000 (Antragseingang) stationäre medizinische Leistungen zur Rehabilitation.

Nachdem die Klägerin von diesem Antrag Kenntnis erlangt hatte, teilte sie der Versicherten mit, nach ärztlichem Gutachten sei deren Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert. Aus diesem Grunde sei die Klägerin verpflichtet, medizinische Gesundheitsmaßnahmen im Zusammenwirken mit den Rentenversicherungsträger einzuleiten. Dieser prüfe dann, ob ein Reha- oder Rentenverfahren einzuleiten sei. Einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation habe die Versicherte bereits am 28. Januar 2000 gestellt. Die Klägerin mache Sie darauf aufmerksam, dass sie diesen Antrag ohne die Zustimmung der Klägerin nicht zurücknehmen könne. Dies gelte auch für den Fall, dass ihr Antrag auf medizinische Rehabilitation vom Rentenversicherungsträger eventuell in einen Rentenantrag umgedeutet werde (Schreiben vom 17. Februar 2000).

Im Anschluss an eine Entgeltfortzahlung bezog die Versicherte von der Klägerin für die Zeit vom 6. Juli 2000 bis 23. Januar 2001 Krankengeld in Höhe von brutto 15,64 Euro täglich.

Die Beklagte lehnte den Antrag vom 27. Januar 2000 zunächst mit der Begründung ab, eine ambulante nervenärztliche Weiterbehandlung sei ausreichend (Bescheid vom 18. Mai 2000), bewilligte der Versicherten im Widerspruchsverfahren aber eine stationäre Maßnahme (Bescheid vom 27. Dezember), die vom 24. Januar bis 21. Februar 2001 durchgeführt wurde.

Am 28. Februar 2001 beantragte die Versicherte bei der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte lehnte diesen Antrag zunächst wegen fehlender Erwerbsminderung ab (Bescheid vom 24 Juli 2001). Im anschließenden Wider-spruchsverfahren wies die Klägerin die Beklagte am 6. Februar 2001 unter Vorlage ihres Schreibens vom 17. Februar 2000 darauf hin, die Dispositionsbefugnis der Versicherten sei eingeschränkt. Daraufhin teilte die Beklagte der Versicherten mit, die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung seien seit 6. Januar 2000 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) erfüllt und es komme gemäß § 116 Abs. 2 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Umdeutung des Reha-Antrags vom 27. Januar 2000 in einen Rentenantrag in Betracht. Unabhängig von einer solchen Umdeutung beginne die Rente (erst) nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme am 22. Februar 2001. Im Falle einer Umdeutung könne bereits ab 1. Februar 2000, ohne Umdeutung (erst) ab 1. Februar 2001 ein Anspruch auf Übergangsgeld vor Maßnahmen bestehen. Durch eine Rentengewährung könnten sich Nachteile auf anderen Rechtsgebieten ergeben. So könne die Rentengewährung in bestimmten Fällen zur Beendigung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses führen. Der frühere Rentenbeginn könne auch den Anspruch auf andere Leistungen (z.B. Betriebsrenten, Zusatzrenten) dem Grunde oder der Höhe nach beeinflussen oder den Anspruch auf Krankengeld betreffen. Um sich vor diesen Nachteilen zu schützen, könne die Versicherte bestimmen, dass ihr Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen nicht als Rentenantrag gelten solle. Dieses Gestaltungsrecht stehe ihr jedoch nicht zu, wenn sie von der Krankenkasse oder vom Arbeitsamt dazu aufgefordert worden sei, den Rehabilitationsantrag zu stellen. Eine verspätete Einschränkung des Gestaltungsrechts sei - wie in ihrem Fall geschehen - dabei unbeachtlich (Schreiben vom 21. Februar 2002).

Die Versicherte teilte der Beklagten daraufhin mit, die Rente solle im Februar 2001 beginnen. Dementsprechend bewilligte die Beklagte ihr aufgrund eines Versicherungsfalls am 6. Januar 2000 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab 1. Februar 2001 (Bescheid vom 14. Mai 2002).

Mit Schreiben vom 24. Mai und 27. Juni 2002 meldete die Klägerin bei...

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