Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Erinnerung gegen Kostenentscheidung des Urkundsbeamten. Ausschluss einer weiteren Beschwerde gegen Entscheidung des Gerichts. Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren. Erhebung von Gerichtskosten bei Entscheidung über unzulässige Beschwerde auch im Falle einer Kostenprivilegierung im Hauptsacheverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Kostenentscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann das Gericht im Wege der Erinnerung angerufen werden, das dann gem § 197 Abs 2 SGG endgültig entscheidet. Eine Beschwerde gegen diesen gerichtlichen Beschluss ist daher unstatthaft.

2. Eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit gilt nur für statthafte Verfahren.

3. Der Beschluss über eine Beschwerde gegen den Beschluss über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten ist gerichtskostenpflichtig. Dies gilt auch dann, wenn der Beschwerdeführer im Verfahren der Hauptsache gem § 183 S 1 SGG kostenprivilegiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.11.2016; Aktenzeichen B 10 SF 14/16 S)

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 11. Juli 2016 wird als unzulässig verworfen.

II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Festsetzung der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 197 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Zugrunde liegt ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aus dem Rechtsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung zunächst vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth (Beschluss vom 01.04.2015) und anschließend vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) (Beschluss vom 15.05.2015), das mit einem Teilerfolg des Beschwerdeführers endete. Im Beschluss vom 15.05.2015 wurde der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zur Erstattung der Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers verpflichtet.

Mit Beschluss vom 29.04.2016 setzte die Urkundsbeamtin des SG die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 13,40 € fest.

Die dagegen vom Beschwerdeführer eingelegte Erinnerung hat die Kostenrichterin des SG mit Beschluss vom 11.07.2016 zurückgewiesen. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Beschlusses ist darauf hingewiesen worden, dass der Beschluss gemäß § 197 Abs. 2 SGG endgültig sei.

Mit Eingang beim SG am 25.07.2016, weitergeleitet an das LSG mit Eingang am 01.08.2016, hat der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des SG vom 11.07.2016 "Beschwerde" erhoben.

Mit Schreiben vom 09.08.2016 hat der Senat den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde gegen den Beschluss des SG gemäß § 197 Abs. 2 SGG ausgeschlossen sei. Die Beschwerde müsse daher als unzulässig verworfen werden; eine derartige Entscheidung sei kostenpflichtig. Es ist dem Beschwerdeführer daher zur Vermeidung weiterer Kosten empfohlen worden, die Beschwerde zurückzunehmen, und für die Mitteilung der Rücknahme eine Frist bis zum 24.08.2016 (Eingang bei Gericht) gesetzt worden.

Eine Äußerung des Beschwerdeführers ist seither nicht erfolgt.

Vorgelegen haben die Akten des Erinnerungsverfahrens und des krankenversicherungsrechtlichen Verfahrens des SG.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 11.07.2016 über die Erinnerung ist unzulässig.

Gegen Entscheidungen des SG über Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten ist die Beschwerde nicht statthaft. Denn § 172 Abs. 1 SGG eröffnet die Beschwerde gegen Beschlüsse des SG nur, soweit nicht im SGG anderes bestimmt ist. Eine derartige anderslautende vorrangige Regelung enthält aber § 197 Abs. 2 SGG, der lautet:

"Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet."

§ 197 Abs. 2 SGG kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob es sich um ein gerichtskostenfreies Verfahren gemäß § 183 SGG oder ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren gemäß § 197 a SGG handelt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, § 197, Rdnr. 3).

Eine Beschwerde zum LSG ist damit ausgeschlossen (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 10.11.2014, Az.: L 15 SF 286/14 E; LSG für das Saarland, Beschluss vom 29.01.2009, Az.: L 1 B 16/08 R; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.0.2012, Az.: L 5 AS 494/10; Sächsisches LSG, Beschluss vom 06.09.2013, Az.: L 8 AS 1509/13 B KO; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.06.2015, Az.: L 2 AS 712/15 B).

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die gesetzgeberische Entscheidung in § 197 Abs. 2 SGG, wonach die Entscheidung des SG endgültig ist, einen absoluten Rechtsmittelausschluss beinhaltet mit der Folge, dass sich der Beschwerdeführer den Weg zu einer Rechtsmittelinstanz auch nicht durch eine Nichtzulassungsbeschwerde erkämpfen könnte. Genauso wie eine Beschwerde wäre daher auch eine Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 11.05.2015, Az.: L 15 SF 383/13 E). Eine Umdeutung der erho...

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