Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Rechtsanwaltsgebühr bei einer Untätigkeitsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG ist nach Auffassung des Senats im Regelfall die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im Rahmen einer Untätigkeitsklage mit der halben Mittelgebühr der Nr. 3102 VV RVG angemessen vergütet.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des SG Augsburg vom 28. März 2018 sowie die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 18. Dezember 2017 abgeändert. Für das Klageverfahren mit dem Az.: S 11 AS 1279/17 werden die vom Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten auf 202,30 EUR festgesetzt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist die Höhe der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG.

Im zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren (S 11 AS 1279/17) hatte der Beschwerdeführer am 27.10.2017 Untätigkeitsklage erhoben, die auf Bescheidung eines Widerspruchs vom 21.7.2017 gegen den Bescheid vom 7.7.2017 gerichtet war. Zur Begründung der Untätigkeitsklage trug der Beschwerdeführer vor, dass der Beklagte bislang den Widerspruch der Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 88 Abs. 2 SGG beschieden habe. Ein sachlicher Grund für die Untätigkeit des Beklagten sei weder vorgetragen noch sonst erkennbar, weshalb Klage geboten sei. Gleichzeitig beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin.

Am 22.11.2017 erließ der Beklagte einen Widerspruchsbescheid, mit dem er den Widerspruch der Klägerin wegen Verfristung als unzulässig zurückwies. Gleichzeitig beantragte der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.11.2017, die Klage abzuweisen. Zu dem Schreiben des Beklagten forderte das Gericht den Beschwerdeführer am 23.11.2017 zur Stellungnahme auf und bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits am 5.12.2017. Mit Schriftsatz vom 28.11.2017 erklärte die Klägerin durch den Beschwerdeführer den Rechtsstreit für erledigt und beantragte zugleich eine Kostengrundentscheidung gemäß § 193 SGG. Den Antrag auf Kostengrundentscheidung erklärte der Beschwerdeführer am 11.12.2017 für erledigt.

Mit Beschluss vom 30.11.2017 gewährte das Sozialgericht (SG) der Klägerin Prozesskostenhilfe ab Klageerhebung und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Am 6.12.2017 beantragte der Beschwerdeführer, seine Vergütung für das Klageverfahren in Höhe von 678,30 EUR festzusetzen. Dabei setzte er eine Verfahrensgebühr von 550,00 EUR sowie eine Telekommunikationspauschale von 20,00 EUR an.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des SG setzte mit Beschluss vom 18.12.2017 die dem Beschwerdeführer zu erstattenden Gebühren und Auslagen in Höhe von 107,10 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV:

75,00 €

Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV:

 15,00 €

Nettobetrag:

90,00 €

Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV:

17,10 €

Gesamtbetrag:

 107,10 €

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 75,00 Euro abzugelten sei, weil es sich bei einer Untätigkeitsklage um eine der einfachsten Tätigkeiten eines Rechtsanwalts handle. Im Wesentlichen beschränke sich die Tätigkeit auf die Prüfung der Frist und die Einlegung der Klage. Die Untätigkeitsklage sei hier mit sieben Zeilen begründet worden. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien als deutlich unterdurchschnittlich zu bewerten. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für die Klägerin im Vergleich zu anderen Klagen vor Gericht ebenfalls weit unterdurchschnittlich gewesen. Es sei auch von deutlich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen. Insgesamt handle es sich um einen deutlich unterdurchschnittlichen Fall, der mit einer Gebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 75,00 Euro ausreichend entschädigt sei.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 28.12.2017 Erinnerung eingelegt. Nach seiner Auffassung sei die Verfahrensgebühr in beantragter Höhe angemessen.

Mit Beschluss vom 28. März 2018 wies das SG die Erinnerung zurück. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der Arbeitsaufwand in der vorliegenden Untätigkeitsklage, sei als deutlich unterdurchschnittlich anzusehen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bei der Bearbeitung sei ebenfalls als deutlich unterdurchschnittlich einzustufen. Auch die Bedeutung der Angelegenheit sei als unterdurchschnittlich zu bewerten, da im Rahmen einer Untätigkeitsklage der Rechtsanspruch in der Sache selbst nicht durchgesetzt werden könne, sondern es um die Rechtswegeröffnung gehe und zudem nicht erkennbar sei, dass die Klägerin durch die verspätete Verbescheidung ihres unzulässigen Widerspruchs in tatsächlicher, ideeller, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht besonders betroffen gewesen sei. Die Einkommens- und ...

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