Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussichten. Ungewissheit des geltend gemachten Anspruchs. Zulässigkeit der Beiordnung einer Rechtsanwalts-GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist der geltend gemachte Anspruch noch ungewiss und erfolgt eine weitere Sachverhaltsaufklärung, ist dies ausreichend, um eine gewisse Erfolgsaussicht wahrscheinlich erscheinen zu lassen.

2. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Beiordnung einer Anwalts-GmbH zulässig.

 

Tenor

I. Der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 14. September 2009 wird aufgehoben.

II. Der Beschwerdeführerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Augsburg Prozesskostenhilfe bewilligt und die Dr. S. Rechtsanwalts GmbH, B-Straße, B-Stadt, beigeordnet.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beim Sozialgericht Augsburg anhängige Klageverfahren, in dem die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. anstatt der bewilligten 20 v.H., hilfsweise um mehr als 20 v.H. begehrt.

Die 1967 geborene Bf. war am 6. März 2004 auf dem Weg von der Toilette zu ihrem Arbeitsplatz gestürzt. Sie zog sich eine traumatische Syndesmosenruptur und Distorsion des rechten Sprunggelenks zu. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Bg.) holte u.a. ein unfallchirurgisches Rentengutachten der Prof. Dr. M./Dr. H. (Klinikum A.) vom 22. Juni 2007 ein. Die Sachverständigen sind unter Einbezug eines radiologischen Zusatzgutachtens zu dem Ergebnis gelangt, dass als Unfallfolgen noch ein Zustand nach Distorsion des rechten Sprunggelenks mit Syndesmosenruptur nach operativer Versorgung, eine osteochondrale Läsion der medialen Talusschulter mit Zustand nach arthroskopischer Narbendebridement und Debridement Knorpelläsion, eine rezividierende Schwellneigung des rechten Unterschenkels und der Sprunggelenksregion, Schmerzen des rechten Sprunggelenks sowie teilweise belastungsabhängig eine Bewegungseinschränkung des rechten oberen und unteren Sprunggelenks bestünden. Die MdE werde auf 20 v.H. geschätzt. Der Medizinische Service der Bg. schloss sich am 26. September 2007 dieser Einschätzung weitgehend an.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 gewährte die Bg. bis auf Weiteres eine Rente in Höhe von 20 v.H. ab 21. Juni 2007.

Zur Begründung des Widerspruchs brachte die Bf. vor, dass die wesentlichen gesundheitlichen Einschränkungen einen höheren "Grad der Behinderung" als den festgesetzten, nämlich mindestens 50 v.H. rechtfertigten. Die Bg. holte ein weiteres Gutachten der Prof. Dr. M./Dr. H. vom 8. September 2008 ein, die die MdE erneut auf 20 v.H. einschätzten. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2009 wies die Bg. daraufhin den Widerspruch zurück.

Mit der Klage zum Sozialgericht Augsburg hat die Bf. einen Anspruch auf eine Rente nach einer MdE in Höhe von 50 v.H. weiter verfolgt. Zum einen weise das Gutachten der Prof. Dr. M./Dr. H. erhebliche Mängel auf, zum anderen komme es wegen einer fehlenden Überdeckung der Einzelschäden zu einer Kumulierung der Unfallfolgen mit einer weiter eingeschränkten MdE, die mit insgesamt 50 angesetzt werden müsse. Zwar liege keine Versteifung des Sprunggelenks vor. Hinsichtlich der Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk hat die Bf. aber mit den Gutachtensleitlinien argumentiert. Hinzu kämen die Belastungsbeschwerden und die Schwellneigung. Hilfsweise betrage die MdE jedenfalls 40 v.H.

Mit Beschluss vom 14. September 2009 hat das Sozialgericht einen Antrag der Bf. vom 15. Juni 2009 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein für die Bf. günstiges Beweisergebnis sei unwahrscheinlich. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen stehe ihr eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer höheren MdE als 20 v.H. nicht zu. Insoweit bedürfe es keiner weiteren Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, mehr. Lediglich aufgrund der belastungsabhängigen, subjektiven Beschwerden und insbesondere der Schwellneigung halte es das Gericht bei wohlwollender Betrachtung für gerechtfertigt, die MdE mit 20 v.H. zu bemessen.

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat die Bf. die Ansicht vertreten, dass zumindest eine Erhöhung der MdE von 20 auf 30 v.H. zu gewähren sei. Eine erneute Begutachtung sei geboten. Die Erfolgsaussichten könnten nicht vor einer durch einen Mediziner als Sachverständigen zu erholenden Beweiswürdigung ausgeschlossen werden.

Die Bg. hat sich hierzu nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Chirurgen Dr. S. vom 25. Juni 2009 eingeholt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit den §§ 114 f Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der P...

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