Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Höhe des Vergütungsanspruchs des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse. Anrechnung von Zahlungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Anrechnung der Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG kommt es grundsätzlich nicht darauf an, in welcher Höhe Zahlungen geschuldet sind, sondern nur darauf, in welcher Höhe die Zahlungen tatsächlich geleistet wurden.

2. Dies gilt auch dann, wenn der in die Kosten verurteilte Schuldner bei zutreffender Berechnung der Vergütung nur einen geringeren Betrag hätte zahlen müssen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 15. März 2016, S 56 SF 11/16 E, abgeändert.

Die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung wird auf 101,15 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Streitig ist, in welcher Höhe eine Zahlung des Antragsgegners zu berücksichtigen ist.

Gegenstand des dieser Kostensache zugrundliegenden Verfahrens mit dem Az.: S 13 AS 1514/15 ER war ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aus dem Bereich des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches (SGB II). Der Antragsteller des Eilverfahrens, vertreten durch die Beschwerdegegnerin, beantragte am 01.07.2015 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens gegen einen näher bezeichneten Bescheid, hilfsweise die Hemmung des Vollzugs aus einem Erstattungsbescheid. Der Antrag wurde - neben der Antragstellung - auf 2 Seiten dezidiert begründet. Mit Beschluss vom 27.07.2015 gewährte das Sozialgericht München (SG) dem Antragsteller Prozesskostenhilfe und ordnete die Beschwerdegegnerin bei. Nachdem der Antragsgegner sich bereit erklärt hatte, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu übernehmen, nahm die Beschwerdegegnerin das Kostengrundanerkenntnis für den Antragsteller an, erklärte den Rechtsstreit für erledigt und beantragte eine Kostengrundentscheidung. Mit Beschluss vom 12.08.2015 wurden dem Antragsgegner die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zur Hälfte auferlegt.

Am 20.08.2015 beantragte die Beschwerdegegnerin, die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 190,40 Euro wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG (zu 1/2)

150,00 Euro

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG (zu 1/2)

 10,00 Euro

19 % USt, Nr. 7008 VV RVG

 30,40 Euro

190,40 Euro

Der Antragsgegner teilte am 01.09.2015 mit, 190,40 Euro an die Beschwerdegegnerin überwiesen zu haben.

Mit Beschluss vom 18.12.2015 setzt die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 101,15 Euro fest. Der Festsetzung lag folgende Berechnung zugrunde:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

225,00 Euro

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

19 % USt, Nr. 7008 VV RVG

46,55 Euro

Gesamt

291,55 Euro

Zahlung Antragsgegner

- 190,40 Euro

Insgesamt

101,15 Euro

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei unterdurchschnittlich gewesen. Die Schwierigkeit der Angelegenheit sei wegen der schwierigen Persönlichkeitsstruktur des Antragstellers als leicht überdurchschnittlich zu beurteilen. Die Bedeutung sei als durchschnittlich anzusehen, da lediglich die Vollziehung der Forderung ausgesetzt, nicht aber die Forderung als solche überprüft werden könne. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers, dem PKH bewilligt worden sei, seien als unterdurchschnittlich anzusehen. Insgesamt stelle sich das Verfahren als unterdurchschnittlich dar, weshalb eine Verfahrensgebühr von 225,00 Euro ausreichend und angemessen sei.

Dagegen hat die Beschwerdegegnerin am 28.12.2015 Erinnerung eingelegt. Die Anforderungen an ein Eilrechtsschutzverfahren und der damit verbundene Aufwand seien mit einem Klageverfahren zu vergleichen. Die Bedeutung liege im Bereich der existenzsichernden Leistungen über der der Hauptsache, da es gelte, schnell eine klärende Situation zu erlangen und ein Unterliegen unabsehbare Konsequenzen habe. Zudem sei die Schwierigkeit der Sachlage mit der der Hauptsache vergleichbar und gehe darüber hinaus, da die Glaubhaftmachung höhere Anforderungen an den anwaltlichen Vortrag stelle. Die Höhe der Forderung sowie die schwierige psychische Situation des Antragstellers führe vorliegend zu einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit. Insgesamt sei auch bei einem Eilverfahren auf die Mittelgebühr abzustellen.

Das SG hat mit Beschluss vom 15.03.2016 den Beschluss vom 18.12.2015 abgeändert und die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 145,77 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es zunächst ausgeführt, dass die von der Urkundsbeamtin in Ansatz gebrachte Verfahrensgebühr in Höhe von 225,00 Euro nicht zu beanstanden sei. Den Umfang der Tätigkeit wertet das SG aufgrund des konkreten Tätigkeitsumfangs als unterdurchschnittlich, die Schwierigkeit der Tätigkeit sei im Hinblick auf die Persönlichkeitsstruktur des Antr...

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