Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Gerichtskosten. keine Kostenfreiheit bei unstatthaftem Rechtsbehelf

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem nicht statthaften Rechtsbehelf besteht keine Gerichtskostenfreiheit, auch wenn das Verfahren im Übrigen seiner Art nach gerichtsgebührenfrei ist.

 

Orientierungssatz

Zum Leitsatz vgl BVerwG vom 15.3.2016 - 1 KSt 2/16 (1 B 18/16).

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 16. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.

II. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 430,- € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Kostenerstattung von weiteren Kosten einer Haushaltshilfe in Höhe von 430,- €.

Die Beschwerdeführerin ist bei der Beschwerdegegnerin gegen Krankheit versichert. Am 11.01.2017 unterzog sie sich einer Operation am rechten Arm, nach der sie eine Haushaltshilfe benötigte. Die Beschwerdegegnerin teilte der Beschwerdeführerin zuletzt mit Bescheid vom 09.02.2017 mit, dass vom 30.01.2017 bis zum 10.02.2017 die Kosten einer Haushaltshilfe täglich für maximal 4 Stunden bis zu einem Stundensatz von 9,25 € übernommen würden.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid mit einem auf den "02.02.2017" datierten Schreiben Widerspruch, weil ein Stundensatz von 9,25 € unrealistisch sei, und legte eine Empfangsbestätigung der von ihr in Anspruch genommenen Haushaltshilfe über Kosten in Höhe von 800,- € vor. Dem vorgenannten Betrag lagen 40 geleistete Stunden Haushaltshilfe zu einem Stundensatz von 20,- € zugrunde. Mit diversen weiteren Schreiben und E-Mails beanstandete sie das Vorgehen der Beschwerdegegnerin, wobei sie in der E-Mail vom 12.03.2017 an eine Mitarbeiterin der Beschwerdegegnerin Folgendes vortrug:

"du glaubst du bist eine nazi kann ich als Judin nicht gegen dich machen ,wie dein e Vorfarenh haben juden geschlachtet und gegessen ,schauer mal dein e Nazi methode ob bringt für dich eine Gutes Ergebnis Nazi waren und sind supper Dumm un d weil du bist Nazi du bist Dumm wie alle die mit dir arbeitet die mit mir Stress machen"

Ohne den Erlass eines Widerspruchsbescheids abzuwarten, erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.03.2017 Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg. Mit Schreiben vom 06.04.2017 hat sie um "schnellstmögliche Behandlung" gebeten und auf gerichtliche Nachfrage mit Schreiben vom 21.04.2017 klargestellt, dass ihr Schreiben vom 06.04.2017 als Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu sehen sei.

Diesen Antrag hat das SG mit Beschluss vom 16.05.2017 abgelehnt. Im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung hat das SG darauf hingewiesen, dass der Beschluss unanfechtbar sei.

Mit Schreiben vom 21.05.2017 hat die Beschwerdeführerin, die eine Benachteiligung unterstellt, weil sie Jüdin sei, Beschwerde zum Bayer Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie hat die Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin als "ganz deutliche Nazis" bezeichnet. Die ablehnende Entscheidung des SG sei "superrassistisch" und durch einen "deutlichen Judenhass" geprägt. "Diese kriminelle Entscheidung" sei für sie kaum erträglich.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des SG Nürnberg vom 16.05.2017 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr weitere Kosten für eine Haushaltshilfe in Höhe von 430,- € zu erstatten.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Beigezogen worden sind die Akten des SG sowie der Beschwerdegegnerin.

II.

Die Beschwerde gemäß §§ 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht zulässig. Sie ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG unstatthaft, weil in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte.

Ausgehend vom Begehren der Beschwerdeführerin im Widerspruchs- und Klageverfahren beträgt der Streitwert 430,- €. Zwischen den Beteiligten unstreitig ist der zeitliche Umfang der in Anspruch genommenen Haushaltshilfe von insgesamt 40 Stunden. Die Beschwerdeführerin begehrt aber eine Kostenerstattung nach einem Stundensatz von 20,- € anstelle von 9,25 €, wie ihn die Beschwerdegegnerin bereits durchgeführt hat. Daraus errechnet sich eine offene Forderung der Beschwerdeführerin von 430,- € und damit ein Streitwert in dieser Höhe.

Eine Berufung gegen eine (noch ergehende) Entscheidung im Klageverfahren bedürfte, da die Klage eine Geldleistung und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht mehr als 750,- € beträgt. In derartigen Fällen ist eine Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG von Gesetzes wegen nicht vorgesehen. Auf diesen Umstand hat auch das SG zutreffend in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss hingewiesen.

Gemäß § 124 Abs. 3 SGG bedurfte es keiner mündlichen Verhandlung.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 197 a Abs. 1 Satz 1 SG...

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