Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten. Entscheidungsreife. Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Instanzbeendigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Bewilligungsreife. Das ist der Zeitpunkt, zu dem das Gericht eine Prozesskostenhilfe bei ordnungsgemäßem unverzüglichen Geschäftsgang bewilligen muss oder hätte bewilligen müssen.

2. Ist bis zum Abschluss einer Instanz nicht die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim Sozialgericht eingegangen, lag bis zum Abschluss der Instanz keine Entscheidungsreife vor.

3. Wurde eine Instanz bereits beendet, ist eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht mehr möglich.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 25. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Mit dem Verfahren S 37 AL 800/13 erhob die Klägerin und Beschwerdeführerin am 07.10.2013 Untätigkeitsklage nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gleichzeitig beantragte der Klägerbevollmächtigte Prozesskostenhilfe und erklärte, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klagepartei und die dazu erforderlichen Anlagen nachgereicht werden. Mit Schreiben des Sozialgerichts vom 10.10.2013 wurde die Klägerin über ihren Bevollmächtigten aufgefordert, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben. Mit Schreiben vom 13.02.2014 wurde der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ist beim Sozialgericht nicht eingegangen.

Mit Beschluss vom 25.02.2014 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt.

Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 03.04.2014 beim Sozialgericht München Beschwerde erhoben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe ist nach § 73 a SGG i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Hierzu ist die Verwendung eines amtlichen Formblattes nach § 117 Abs. 3 und 4 ZPO vorgesehen. In zeitlicher Hinsicht ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Bewilligungsreife entscheidend. Das ist der Zeitpunkt, zu dem das Gericht eine Prozesskostenhilfe bei ordnungsgemäßem unverzüglichen Geschäftsgang bewilligen muss oder hätte bewilligen müssen (vergleiche Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 72. Auflage, 2014, § 119, Rz.: 5, m.w.N.). Über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe kann das Gericht erst entscheiden, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt und belegt worden sind. Ist eine Instanz bereits beendet, ist eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung grundsätzlich nicht mehr möglich (vergleiche Geimer in Zöller, ZPO, 30. Auflage, 2014, § 117, Rz.: 2b). Nur ausnahmsweise kann trotz Beendigung einer Instanz rückwirkend Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn das Gericht bereits vor Beendigung der Instanz über die Prozesskostenhilfe hätte entscheiden müssen.

Vorliegend hat der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 07.10.2013 angekündigt, die entsprechenden Erklärungen abzugeben. Er wurde hierzu durch das Sozialgericht nochmals mit Schreiben vom 10.10.2013 aufgefordert. Die entsprechenden Antragsunterlagen gingen bis zur Erledigungserklärung beim Sozialgericht München nicht ein. Bis zur Erledigterklärung lag daher keine Entscheidungsreife des Antrags auf Prozesskostenhilfe vor. Es war durch das Sozialgericht auch keine Fristsetzung, die den Anforderungen des §118 Abs. 2 S. 4 ZPO genügt, erforderlich, da sich eine solche Fristsetzung erübrigt, wenn ein Prozessbevollmächtigter angekündigt hat, die Formblätter zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachzureichen (vergleiche Bay. LSG, Beschluss vom 04.02.2013, L 16 AS 488/12 B PKH, juris Rn. 20 m.w.N.; Bay. LSG vom 08.07.2013, L 8 AS 845/12 B PKH). Da die Instanz durch die Erledigterklärung abgeschlossen ist, war auch keine Nachholung im Beschwerdeverfahren...

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