Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Anordnung des Sofortvollzugs des Ruhens der Zulassung einer Vertragspsychotherapeutin

 

Orientierungssatz

Ist eine Psychologische Psychotherapeutin aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens aus gesundheitlichen Gründen zur Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit derzeit nicht in der Lage, so ist die Anordnung des Sofortvollzuges des Ruhens der Zulassung geboten. Zwar stellt dies einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheit des Berufes nach Art 12 GG dar. Dem steht aber andererseits das überragende Rechtsgut der körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Versicherten gegenüber.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 27. November 2009 aufgehoben und die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 12. Oktober 2009 bis zur Zustellung der Entscheidung des Berufungsausschusses über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1 angeordnet, längstens bis zum 15. März 2010.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdegegner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die sofortige Vollziehung des Ruhens der Zulassung der Beigeladenen zu 1.

Die Beigeladene zu 1 ist seit dem 8. März 2000 als Psychologische Psychotherapeutin zur vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt bei M. zugelassen. Mit Bescheid der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 2002 erhielt sie die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Verhaltenstherapie als Einzelbehandlung bei Kindern und Jugendlichen.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2009 ordnete der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung der Beigeladenen zu 1 vom 7. Oktober 2009 bis 30. September 2011 an und begründete diese Entscheidung mit einem psychiatrischen Gutachten vom 9. September 2009 von Prof. Dr. N. und Dr. R. S. vom Klinikum der Universität M., Klinikum Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie - Innenstadt, erstellt im Auftrag der Regierung von Oberbayern, wonach die Beigeladene zu 1 aufgrund ihres Gesundheitszustandes derzeit nicht zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in der Lage sei. Weiter heißt es in dem Beschluss, es sei nicht auszuschließen, dass die Beigeladene zu 1 nach Durchführung der im psychiatrischen Gutachten für erforderlich erachteten Therapie und entsprechender Behandlungsbereitschaft ihre Fähigkeit und Eignung zur Ausübung des Berufs der Psychologischen Psychotherapeutin innerhalb einer angemessenen Frist von zwei Jahren wieder erlange.

Gegen diesen Beschluss hat die Beigeladene zu 1 Widerspruch eingelegt und zur Begründung einen umfangreichen Schriftsatz vorgelegt, in dem sie sich kritisch mit dem genannten Gutachten auseinandersetzt.

Die Beschwerdeführerin hat am 12. Oktober 2009 beim Sozialgericht München die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Ruhens der Zulassung beantragt. Diesen Antrag hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 27. November 2009 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es bestünden keine Anhaltspunkte, an der Rechtmäßigkeit des Bescheids des Zulassungsausschusses zu zweifeln, zumal das Gutachten vom 9. September 2009 über den psychischen Zustand der Beigeladenen zu 1 keine andere Entscheidung des Zulassungsausschusses hätte zur Folge haben können. Damit liege ein Anordnungsanspruch vor. Es fehle aber am Anordnungsgrund, weil die beantragte einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht notwendig sei. Vielmehr sei der Antragstellerin ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zuzumuten, zumal der Beschwerdegegner mitgeteilt habe, über den Widerspruch Ende Januar 2010 entscheiden zu wollen. Das Ruhen der Zulassung bedeute einen weiten Eingriff in das Leben der Beigeladenen zu 1. Der psychische Zustand sei den Beteiligten bereits seit fast einem Jahr bekannt. Patientenbeschwerden oder konkrete Patientengefährdungen hätten bis auf einen Vorfall am 31. März 2009 nicht vorgelegen. Diese Patientenbeschwerde führe zu keiner anderen Beurteilung der Eilbedürftigkeit, da die Therapie abgebrochen worden sei. Außerdem heiße es in dem Gutachten, dass der Realitätsbezug der Beigeladenen zu 1 ebenso wie ihre Urteils- und Kritikfähigkeit zwar reduziert erschienen, aber nicht ersichtlich sei, dass die Beigeladene zu 1 ihre Klienten in ihre unrealistischen Fehldeutungen mit einbeziehe.

Zudem müsse auch die Entscheidung des Gesetzgebers berücksichtigt werden, die es dem Zulassungsausschuss nicht gestatte, den Sofortvollzug seiner Entscheidungen anzuordnen. Dies sei vielmehr dem Berufungsausschuss vorbehalten. Das bedeute zwar nicht, dass es in besonders begründeten Einzelfällen dem Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes verwehrt sei, den Sofortvollzug anzuordnen. Die Anordnung müsse aber auf besonders gelagerte Einzelfälle beschränkt sein. Ein solcher liege hier nicht vor.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin hat gegen den ihr am 3. Dezember 2009 zugestellten Beschlu...

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