Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Dokumentenpauschale für die Vervielfältigung durch Einscannen

 

Leitsatz (amtlich)

Das Einscannen muss im Rahmen von Nr 7000 Nr 1 Buchst a VV RVG wie das traditionelle Fotokopieren als Ablichten behandelt werden.

 

Orientierungssatz

Zum Anwendungsbereich von Nr 7000 Nr 2 RVG-VV.

 

Tenor

Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 31. August 2011 und die Kostenfestsetzung vom 17. August 2011 dahin abgeändert, dass zusätzlich eine Dokumentenpauschale in Höhe von 18,50 EUR zuzüglich Umsatzsteuer festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung nach §§ 45 ff. RVG.

Der Beschwerdeführer vertrat den damaligen Kläger - wie auch schon im vorangegangenen Widerspruchsverfahren - in einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (Aktenzeichen S 7 R 1192/09), wobei ein behaupteter Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung Streitgegenstand war. Dem Kläger wurde Prozesskostenhilfe bewilligt und die Kanzlei des Beschwerdeführers gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 121 ZPO beigeordnet. Das Sozialgericht holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und veranlasste ein so genanntes Terminsgutachten. Dieses wurde im Sozialgericht erstellt und unmittelbar danach im Rahmen eines Erörterungstermins besprochen. Etwa ein halbes Jahr später nahm der Kläger die Klage zurück.

In seinem Kostenerstattungsantrag veranschlagte der Beschwerdeführer für die Verfahrens- und die Terminsgebühr jeweils die Höchstgebühr innerhalb des einschlägigen Betragsrahmens sowie 18,50 EUR als Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beim Sozialgericht Bayreuth setzte unter dem Datum 17.08.2011 indes nur die jeweilige Mittelgebühr als Verfahrens- und Terminsgebühr an. Die Dokumentenpauschale lehnte die Urkundsbeamtin ab, weil bereits im Widerspruchsverfahren Akteneinsicht erfolgt sei. Zur Begründung der dagegen eingelegten Erinnerung hat der Beschwerdeführer vorgetragen, die geltend gemachten Fotokopien seien tatsächlich angefallen, sie seien zur Sachbearbeitung auch notwendig gewesen. Er, der Beschwerdeführer, habe prüfen müssen, welche weiteren Bearbeitungsschritte beim beklagten Rentenversicherungsträger nach Einlegung des Widerspruchs erfolgt seien.

Die Kostenrichterin hat die Erinnerung mit Beschluss vom 31.08.2011 zurückgewiesen. Sie hat dies damit begründet, der Beschwerdeführer habe keinerlei Anhaltspunkte aufgezeigt, warum als Verfahrensgebühr und Terminsgebühr jeweils die Höchstgebühr anzusetzen sein sollte. Da der Beschwerdeführer dies auch in anderen Fällen stereotyp mache, sei fraglich, ob er überhaupt ein Ermessen ausübe. Tatsachen, die den Ansatz einer Dokumentenpauschale rechtfertigten, seien nicht glaubhaft gemacht. Außerdem könne für das bloße Einscannen von Behördenakten ohnehin keine Dokumentenpauschale entstehen.

Mit der Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss vom 31.08.2011. Zur Begründung hat er ausgeführt, angesichts der existenziellen Bedeutung der Erwerbsminderungsrente sei der Ansatz der Höchstgebühr berechtigt. Hinzu komme, dass der Fall wegen des Problems, ob die Kosten für ein Gutachten nach § 109 SGG von der Prozesskostenhilfe abgedeckt seien, auch einen "besonderen Aufwand" erfordert habe. In Bezug auf die Dokumentenpauschale werde versichert, dass zur Bearbeitung des vorliegenden Verfahrens 37 Seiten aus den Beklagtenakten eingescannt worden seien. Dies sei auch erforderlich gewesen; insoweit hat der Beschwerdeführer auf Rechtsprechung des OLG Bamberg und des LG Dortmund verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat nur zu einem kleinen Teil Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper. Die grundsätzliche Bedeutung resultiert aus der sich zur Dokumentenpauschale stellenden Rechtsfrage, ob eine gescannte Seite als Ablichtung anzusehen oder ihr zumindest gleichzustellen ist. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden.

Begründet ist die Beschwerde nur, soweit der Beschwerdeführer den Ansatz einer Dokumentenpauschale in Höhe von 18,50 EUR begehrt. Im Übrigen jedoch bleibt sie ohne Erfolg.

Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren sind die Höhe der Verfahrensgebühr, die Höhe der Terminsgebühr sowie die Frage, ob und in welcher Höhe eine Dokumentenpauschale anzusetzen ist. Zum Streitgegenstand zählt auch die jeweils darauf fallende U...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge