Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Höhe des Ordnungsgeldes gegen den abwesenden Kläger bei Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 15. November 2011 dahin abgeändert, dass das gegen den Kläger verhängte Ordnungsgeld auf 100.- EUR herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.

In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) gegen den Bescheid des Beklagten vom 24. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2010, mit dem dieser die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 20 ablehnte.

Das Sozialgericht hatte den Bf. bereits zu einem Termin zur Erörterung und zur Untersuchung durch Dr. N. am 15. Juni 2011 geladen. Erst mit Schreiben vom 3. Juli 2011 hatte er auf die bestehende Probezeit bei seinem Arbeitgeber hingewiesen und um Anberaumung eines Termins im Oktober oder November gebeten.

Das Sozialgericht hat den Bf. zu einem Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage und zur Beweisaufnahme durch Begutachtung auf den 14. November 2011 erneut geladen und das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass gegen den Bf. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 EUR festgesetzt werden kann, falls er ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Die Ladung ist dem Bf. am 30. September 2011 zugestellt worden.

Zum Termin am 14. November 2011 ist der Bf. nicht erschienen. Die Kammervorsitzende hat die ordnungsgemäße Ladung festgestellt. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 14. November 2011 wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ein Ordnungsgeld in Höhe von 150,00 EUR festgesetzt.

Mit Schreiben vom 14. November 2011, eingegangen am 18. November 2011, hat der Bf. ausgeführt, dass er kein Geld und Möglichkeiten gehabt habe, zu dem Termin zu erscheinen. Er beziehe Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Hiermit hat der Bf. auch die Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss begründet. Er hat den Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit S. vom 30. November 2011 vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber nur hinsichtlich der Höhe des Ordnungsgeldes begründet.

Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach §_111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit. Da das Gericht gehalten ist, in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung zu treffen, bedarf es vielfach eines vorbereitenden Erörterungstermins (§ 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG), in dem die Anwesenheit der Beteiligten notwendig ist, um die Sach- und Rechtslage zu klären und/oder zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Bf. ist insofern ermessensfehlerfrei.

Da der Bf. im Erörterungstermin nicht erschienen ist, sind die Voraussetzungen des § 111 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 ZPO erfüllt. Insbesondere wurde er ordnungsgemäß geladen; eine Entschuldigung erfolgte erst nachträglich durch das am 18. November 2011 eingegangene Schreiben. Soweit er sich hierin auf das Fehlen finanzieller und sonstiger Möglichkeiten, zu dem Termin anzureisen, beruft, vermag dies das Ausbleiben nicht genügend im Sinne des § 381 ZPO zu entschuldigen. Eine Entschuldigung ist genügend, wenn bei Würdigung aller Umstände dem Bf. das Erscheinen nicht zugemutet werden kann. Dem Bf. wäre es aber zumutbar gewesen, sich im Vorfeld an die Kammer zu wenden; auf diese Weise hätte er insbesondere von der Möglichkeit der Auszahlung eines Vorschusses für die Fahrt zum Gericht Gebrauch machen können.

Der Senat hält jedoch aufgrund des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II die Höhe des durch das Sozialgericht festgesetzten Ordnungsgeldes nicht für angemessen (so z.B. auch der Senat im Beschluss vom 19.06.2007, Az.: L 2 B 579/06 AL). Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 ...

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