Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. Kostenfestsetzung. Bindungswirkung des Antrags auf Festsetzung der Vergütung. Austausch von Gebührenpositionen

 

Leitsatz (amtlich)

Maßgeblich für die Kostenfestsetzung ist, für welches anwaltliche Handeln bzw für welches Ereignis eine Kostenposition beansprucht wird. Der Urkundsbeamte darf deshalb innerhalb des insgesamt beantragten Betrages und im Rahmen des dem Antrag zu Grunde gelegten Sachverhalts einen Positionsaustausch dahin vornehmen, dass er statt einer geforderten, aber nicht oder nicht in der geforderten Höhe entstandenen Gebühr eine andere, nicht geforderte, aber entstandene Gebühr berücksichtigen kann. Die Bindungswirkung des gestellten Antrages gilt nur für den Saldo, nicht aber die einzelnen Kostenrechnungsposten.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des SG Würzburg vom 23. Dezember 2014, S 13 SF 35/14 E aufgehoben. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 16. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdegegner) zusteht, im Einzelnen, ob der Beschwerdeführer durch Austausch von Positionen eine zusätzliche Gebühr (in Höhe von 190,00 EUR) verlangen kann.

Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) mit dem Aktenzeichen S 18 AS 520/12 war ein Sanktionsbescheid, mit dem Regelleistungen im Rahmen des Bezuges von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) abgesenkt wurden. Am 09.08.2012 erhob der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den Beschwerdeführer, Klage und beantragte PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 27.05.2013 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet. Auf die gerichtliche Anfrage vom 28.05.2013 nahm die Beklagte den streitigen Sanktionsbescheid zurück. Zugleich erklärte sich die Beklagte dem Grunde nach zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten bereit. Daraufhin erklärte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14.06.2013 den Rechtsstreit für erledigt.

Mit Schreiben vom 25.06.2013 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der PKH-Vergütung wie folgt:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV

250,00 EUR

Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV

190,00 EUR

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV

20,00 EUR

156 Fotokopien gem. Nr. 7000 1a VV

40,90 EUR

500,90 EUR

19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV

95,17 EUR

Insgesamt

596,07 EUR

Mit Schreiben vom 16.07.2013 stellte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Würzburg einen Betrag in Höhe von 596,07 EUR fest. Der Betrag wurde an den Beschwerdeführer ausgezahlt.

Ebenfalls am 16.07.2013 machte die Urkundsbeamtin gegenüber dem Beklagten einen Forderungsübergang nach § 59 RVG geltend und

forderte den Beklagten zur Erstattung von 596,07 EUR auf.

Hiergegen legte der Beklagte unter dem 29.08.2013 Erinnerung ein, woraufhin das Gericht im Verfahren S 13 SF 145/13 E mit Beschluss vom 27.11.2013 die zu erstattenden Kosten auf insgesamt 339,15 EUR festsetzte. Begründet wurde dies damit, dass eine Erledigungsgebühr gemäß Nrn. 1002, 1006 VV RVG a.F. nicht entstanden und eine mögliche fiktive Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 Ziffer 3 VV RVG a.F. nicht beantragt worden sei. Zudem erschienen 156 Kopien für ein Verfahren nach § 31ff SGB II bei weitem überhöht, so dass nach Durchsicht der Akte nur 30 Kopien angemessen seien. Die dagegen gerichtete Beschwerde (L 15 SF 394/13 E) hat die Staatskasse am 01.04.2014 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 26.02.2014 legte der Beschwerdegegner gegen die formlose Festsetzung der Urkundsbeamtin des SG vom 16.07.2013 in Höhe von 596,07 EUR Erinnerung ein mit dem Ziel, die Vergütung auf 339,15 EUR festzusetzen (S 13 SF 35/14 E). Zur Begründung wurde die Argumentation aus dem Beschluss des SG vom 27.11.2013, S 13 SF 145/13 E, übernommen.

Das SG hat mit Beschluss vom 23. Dezember 2014 der Erinnerung stattgegeben. Es hat die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 339,15 EUR festgesetzt und den Beschwerdeführer verpflichtet, die Überzahlung in Höhe von 256,92 EUR zurückzuzahlen. Die Begründung entspricht der im Beschluss vom 27.11.2013, S 13 SF 145/13 E.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 26.01.2015 Beschwerde zum BayLSG erhoben. Die Erinnerung der Beschwerdegegnerin sei bereits verfristet, da sie weder innerhalb der Zwei-Wochen-Frist der § 56, 33 RVG noch innerhalb der im Sozialrecht üblichen Monatsfrist eingelegt worden sei. Auch sei bereits eine Auszahlung der Vergütung in beantragter Höhe erfolgt, die nicht zurückgenommen werden dürfe. Dies habe das SG bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Im Übrigen sei die Vergütung mit 596,07 EUR nicht zu hoch angesetzt gewesen. Ob der Forderungshöhe u.a eine Erledigungsgebühr oder eine Terminsgebühr zugrunde läge, s...

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