Entscheidungsstichwort (Thema)

Alg II. Kosten der Unterkunft. Angemessenheit. Mietobergrenze. Datenbasis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ermittlung einer Mietobergrenze im Wesentlichen unter Einbeziehung einer erheblichen Zahl von bestehenden Mietverhältnissen, deren Mieter Wohngeldzahlungen erhalten, stellt keine geeignete Datenbasis dar, um eine repräsentative und damit zuverlässige Aussage über das Mietpreisniveau im Zuständigkeitsbereich des Grundsicherungsträgers treffen zu können.

2. Fehlerhaft sind auch die Einbeziehung bestehender Mietverhältnisse, deren tatsächlicher Wohnstandard nicht bekannt ist, sowie die pauschale Einbeziehung der kalten Nebenkosten ohne verlässliche Datengrundlage.

 

Normenkette

SGB II § 22

 

Tenor

I. Der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 01.02.2008 wird aufgehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren S 15 AS 832/07 vor dem Sozialgericht Würzburg Prozesskostenhilfe bewilligt.

II. Der Klägerin wird Rechtsanwalt J. G., beigeordnet.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (SG). Dort begehrt die Klägerin die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung.

Die Klägerin bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Für die Wohnung der Klägerin (ca. 70 qm) berücksichtigte die Beklagte zuletzt von den tatsächlich angefallenen Kosten der Unterkunft und Beheizung (ohne Warmwasser) von 342,24 EUR (Miete: 248,48 EUR; Nebenkosten: 36,67 EUR; Heizung: 57,09 EUR) lediglich einen Betrag von 290,00 EUR (Bescheid vom 16.11.2006).

Mit dem Bescheid vom 16.11.2006 (Leistungszeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Landkreis R. G. ab dem 01.01.2007 die Mietobergrenzen (MOG) neu festgesetzt habe. Angemessen sei im Falle der Klägerin ein Betrag von 180,00 EUR zuzüglich Heizkosten. Die unangemessenen Unterkunftskosten könnten längstens bis 31.05.2007 übernommen werden. Nach dem Folgeantrag vom 10.04.2007 bewilligte die Ag der ASt mit Bescheid vom 23.04.2007 Alg II in Höhe von monatlich 570,00 EUR (Regelleistung: 345,00 EUR; Unterkunft: 180,00 EUR; Heizung: 45,00 EUR).

Anlässlich der Anpassung der Regelleistung zum 01.07.2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 01.06.2007 monatliche Leistungen in Höhe von 572,00 EUR (Regelleistung: 347,00 EUR; Unterkunft: 180,00 EUR; Heizung: 45,00 EUR) für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis 30.11.2007.

Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch vom 26.06.2007 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2007 zurück. Ein Mietspiegel sei zwar nicht erstellt, jedoch habe der Landkreis R. als zuständiger kommunaler Träger grundsicherungsrelevante Tabellen aufgestellt, die es zu beachten gelte. Hiernach sei ein Betrag von 180,00 EUR zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfes eines Alg-II-Leistungsempfängers in einem Ein-Personen-Haushalt ausreichend.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 15.10.2007 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Für die von der Beklagten festgesetzte MOG seien im Landkreis R. keine Wohnungen anzumieten. Weder auf dem freien Wohnungsmarkt, noch über die soziale Wohnungsbörse des Landkreises R. habe sie eine Wohnung für 225,00 EUR (Unterkunft 180,00 EUR; Heizung 45,00 EUR) anmieten können. Mit der Klage hat die Klägerin die Bewilligung von PKH und die Beiordnung des Rechtsanwaltes J. G. aus M. beantragt.

Mit den Bescheiden vom 04.10.2007 (Zeitraum 01.09.2007 bis 30.09.2007; monatliche Leistung: 555,81 EUR) und 14.11.2007 (Zeitraum 0.11.2007 bis 30.11.2007; monatliche Leistung: 482,94 EUR) hat die Beklagte Einkommen wegen des Bezuges von Verpflegung während eines Krankenhausaufenthaltes berücksichtigt.

Das SG hat mit Beschluss vom 01.02.2008 die Bewilligung der PKH mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die von der Beklagten festgesetzte MOG sei nicht zu beanstanden. Das Landratsamt habe nachvollziehbar deren Zustandekommen dargelegt und eine Einbeziehung der am Markt angebotenen Wohnungen zur Ermittlung der MOG sei nicht erforderlich. Im Weiteren sei die Wohnung der Klägerin mit 70 qm für einen Ein- Personen- Haushalt unangemessen groß, so dass die tatsächlichen Unterkunftskosten nicht zu übernehmen seien. Auch die Pauschalierung der Heizkosten durch die Beklagte sei nicht zu beanstanden, denn die höheren Heizkosten der Klägerin beruhten ebenfalls auf dem Umstand, dass die Wohnung unangemessen groß sei. Kostenangemessene Wohnungen seien nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen verfügbar, und die Klägerin habe bislang nicht dargelegt, dass sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um eine kostenangemessene Wohnung zu beziehen.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 28.02.2008 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und erneut vor...

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