Entscheidungsstichwort (Thema)

Innerörtlicher Baumschutz. Einzelanordnung zum Schutz zweier Lärchen, deren Beseitigung Gegenstand eines zivilrechtlichen Nachbarrechtsstreits ist. Tatbestandsmerkmal „zur Belebung des Landschaftsbildes beitragen” in Art. 12 BayNatSchG. Verhältnismäßigkeit. Ermessensausübung gleichheitswidrig, wenn Behörde bei Fehlen einer allgemeinen Baumvorschrift durch Einzelanordnung jeweils nur solche Bäume im innerörtlichen Bereich unter Schutz stellt, von deren Bestandsgefährdung sie (zufällig) Kenntnis erhält. naturschutzrechtlicher Anordnung. Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 29. Juli 1997

 

Normenkette

BayNatSchG § Art. 12; BayNatSchG § Art. 9 Abs. 5

 

Verfahrensgang

VG München (Urteil vom 29.07.1997; Aktenzeichen 9 K 96.1562)

 

Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 29. Juli 1997 werden der Bescheid des Landratsamtes M. vom 10. Juni 1994 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 19. Februar 1996 in vollem Umfang aufgehoben,

II. Die Verfahrenskosten beider Rechtszüge haben der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) – diese untereinander als Gesamtschuldner – je zur Hälfte zu tragen. Die Beigeladene zu 3) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war für den Kläger notwendig.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich als Nachbar gegen eine naturschutzrechtliche Anordnung des Landratsamtes (LRA) M., mit der den Eigentümern zweier auf einem Nachbargrundstück stehender Lärchen untersagt wurde, diese Bäume zu beseitigen oder zu verändern.

1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 1037/3 der Gem. G., das mit einem Wohnhaus (Walmdachbungalow) bebaut ist (Anwesen G., An der D.wiese 3). Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind Eigentümer des nördlich angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. …, das ebenfalls mit einem Bungalow bebaut ist. An der Südgrenze des Grundstücks der Beigeladenen – gegenüber dem Wohnhaus des Klägers – stehen zwei 15 bis 20 m hohe Lärchen, deren Äste zum Teil in das Grundstück des Klägers hineinragen. Der Kläger fühlt sich wegen des dadurch verursachten alljährlichen Nadelbefalls in seinem Grundstückseigentum nachhaltig beeinträchtigt, zumal das früher schindelgedeckte Dach seines Bungalows dadurch erheblich beschädigt worden sei. Anlässlich eines Zivilrechtsstreits, in dem der Kläger von den Beigeladenen die Beseitigung der beiden Lärchen forderte, beantragten die Beigeladenen beim LRA M., die Bäume im Wege einer naturschutzrechtlichen Anordnung unter Schutz zu stellen. Nach einer entsprechenden fernmündlichen Verfügung vom 23. November 1993 erließ das LRA hierauf – nach Anhörung des Klägers – am 10. Juni 1994 eine schriftliche, auf Art. 12 Abs. 1 und 3 i.V. mit Art. 9 Abs. 4 und 5 BayNatSchG gestützte Anordnung, mit der

  1. die auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. … der Gem. G. stehenden (in einem Lageplan gekennzeichneten) zwei Lärchen als Landschaftsbestandteil unter Schutz gestellt wurden und
  2. den Grundstückseigentümern (den Beigeladenen zu 1) und 2) untersagt wurde, die in Nr. 1. genannten Bäume ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Landratsamtes M. zu entfernen, zu zerstören oder zu verändern.

Den vom Kläger hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 1996 als unzulässig zurück. Die mündliche Unterschutzstellung vom 23. November 1993 habe sich durch den nachfolgenden schriftlichen Bescheid erledigt. Bezüglich des Bescheides vom 10. Juni 1994 könne der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse nicht geltend machen, weil die streitigen Bäume bereits nach Nr. 13 des Bebauungsplanes 1 F der Gemeinde G. geschützt seien. Dort sei bestimmt, dass „schutzwürdige Bäume … mit einem Stammumfang ab 0,5 m zu erhalten” seien.

2. Auf Klage hob das Verwaltungsgericht Nr. 1 des angefochtenen Bescheides und insoweit auch den Widerspruchsbescheid auf und wies die Klage im Übrigen ab. Das Verwaltungsgericht erkannte die Klagebefugnis des Klägers an und erachtete Nr. 1 des angefochtenen Bescheides für rechtswidrig, weil sich eine Unterschutzstellung als Landschaftsbestandteil im Wege der Einzelanordnung aus der Verweisung des Art. 12 Abs. 3 auf Art. 9 Abs. 5 BayNatSchG nicht rechtfertigen lasse. Dagegen sei Nr. 2 des Bescheides rechtmäßig und frei von Ermessensfehlern. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils wird im Übrigen Bezug genommen.

3. Mit der Berufung, die der Senat mit Beschluss vom 27. Januar 1999 zugelassen hat, beantragt der Kläger,

die mündliche Anordnung des LRA M. vom 23. November 1993 in der Fassung des Bes...

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