1 Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer, der den im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Spitzboden eigenmächtig und unerlaubt ausbaut, ist zum Rückbau verpflichtet, unabhängig davon, ob die Baumaßnahmen mangelfrei ausgeführt worden sind und die Statik des Hauses beeinflusst haben. Die bloße Zustimmung des Verwalters zu den Umbaumaßnahmen schließt diesen Anspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht aus.

2 Normenkette

§ 20 Abs. 1 WEG; § 1004 Abs. 1 BGB.

3 Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt von Wohnungseigentümer B, bauliche Veränderungen, die ihm nicht gestattet wurden, zurückzubauen. Durch die Maßnahmen hat B einen Spitzboden, der nicht Teil seines Sondereigentums ist, baulich in seine Wohnung eingegliedert.

4 Die Entscheidung

Das LG meint, B müsse nach § 1004 Abs. 1 BGB i. V. m. § 20 WEG zurückbauen! Zwar habe K zunächst nur allgemein einen Rückbau verlangt. Das sei unzureichend. Mittlerweile habe K aber ihren Klageantrag dahingehend präzisiert, wie der Zustand nach dem Rückbau der unzulässigen Baumaßnahmen auszusehen habe. Dass sie B zu einem Punkt eine Wahlmöglichkeit für die Erfüllung ermögliche, führe nicht zu einer Unbestimmtheit.

K habe einen Anspruch auf Rückbau in den Zustand, der vor dem Umbau bestanden habe. Es stehe ihr frei, hierauf zu verzichten und B eine anderweitige Ausführungsart zu ermöglichen. B habe hierdurch eine Wahl zwischen den genannten Ausführungsarten. Durch den Umbau habe B den Spitzboden, der nicht Teil seines Sondereigentums sei, in seine Wohnung baulich eingegliedert. Verbunden hiermit sei, dass die Wohnung nunmehr nicht mehr der Abgeschlossenheitsbescheinigung und der Teilungserklärung entspreche. Diese Umbaumaßnahmen stellten eine bauliche Veränderung dar, die dazu führe, dass die Rechte der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. Das Interesse des B, den Wohnraum zu vergrößern, rechtfertige die Maßnahmen nicht.

Ob der Verwalter den Umbauarbeiten zugestimmt habe, sei unerheblich. Zwar bedürften Veränderungen an und im Wohnungseigentum nach der Gemeinschaftsordnung der schriftlichen Einwilligung des Verwalters, soweit dadurch die im gemeinschaftlichen Eigentum oder die im Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers stehenden Bestandteile der Wohnanlage berührt werden. Bauliche Veränderungen, durch die die Rechte von anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, bedürften gem. § 20 Abs. 1, 3 WEG aber auch einer Gestattung durch Beschluss. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Regelung in der Gemeinschaftsordnung das Gesetz abbedungen werden sollte. Eine ausdrückliche Regelung, dass es keiner Zustimmung der Wohnungseigentümer bedürfe, findet sich nicht. Auch heiße es in der Gemeinschaftsordnung nicht, die Zustimmung des Verwalters sei "ausschließlich" oder "nur" die Zustimmung des Verwalters erforderlich ist. Im Zweifel sei somit davon auszugehen, dass die Zustimmung des Verwalters zusätzlich zu der Zustimmung der Wohnungseigentümer notwendig sei.

Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Die Kenntnis des Verwalters von den Umbaumaßnahmen führe nicht zu einem Verjährungsbeginn. Diese Kenntnis sei bis zum 1.12.2020 den Wohnungseigentümern nicht zuzurechnen gewesen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall baut ein Wohnungseigentümer ohne Gestattungsbeschluss. Fraglich ist, was dann gilt. Ferner ist fraglich, was für eine Bedeutung der Zustimmung der Verwaltung zu einer baulichen Veränderung zukommt und wann der Anspruch auf Rückbau verjährt.

Fehlender Gestattungs-Beschluss

Haben die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung nicht gestattet, ist diese unzulässig. Auf einen Nachteil kommt es nicht an. Die LG-Prüfung, ob die Rechte von anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt wurden, war unnötig.

Gestattungsvereinbarung oder Abbedingung von § 20 Abs. 1 WEG

Ein Gestattungs-Beschluss ist müßig, wenn die Wohnungseigentümer § 20 Abs. 1 WEG abbedungen haben oder es bereits eine umfassende Gestattungsvereinbarung gibt. Beides konnte das LG im Fall nicht feststellen.

Zustimmung der Verwaltung

Zum Teil ist vereinbart, dass der jeweilige Verwalter einer baulichen Veränderung zustimmen muss. In diesem Fall ist auszulegen, ob die Zustimmung neben einen Vornahme- oder Gestattungsbeschluss treten soll oder ob der Verwalter anstelle der Wohnungseigentümer die bauliche Veränderung billigen soll. Im Fall war die Zustimmung neben der Gestattung einzuholen, nicht anstatt der Gestattung.

Verjährung

Der Anspruch auf Rückbau kann der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder einem Wohnungseigentümer zustehen. Wer berechtigt ist, ist davon abhängig, welcher Bereich von einer baulichen Veränderung gestört wird. Wird das gemeinschaftliche Eigentum gestört, was immer der Fall ist, da dieses ohne eine Gestattung unzulässig verändert wird, kommt es für § 199 BGB im aktuellen Recht auf das Wissen des Verwalters an.

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