Leitsatz

  1. Rechtswidrige bauliche Veränderung, soweit gestattende Beschlussfassung fehlt
  2. Verjährter Beseitigungsanspruch gegen den Handlungsstörer führt zu Beseitigungsrechten der Gemeinschaft auf eigene Kosten
  3. Duldungspflicht bei zu verneinender Beeinträchtigung
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 21 Abs. 5, 22 Abs. 1 WEG; § 242 BGB

 

Kommentar

  1. Eine bauliche Veränderung (vorgenommen durch einen Rechtsvorgänger) ist rechtswidrig, sofern ein Genehmigungsbeschluss der Eigentümergemeinschaft fehlt. Eine bloße Duldung einer eigenmächtig vorgenommenen baulichen Veränderung seitens der Eigentümer oder auch deren evtl. konkludent erklärte Zustimmung genügt nicht, wie sich dies bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ergibt. Soweit die Ansicht vertreten wird, eine Zustimmung könne auch außerhalb einer förmlichen Beschlussfassung erklärt werden (etwa Armbrüster, ZWE 2008, S. 61, 64), teilt die Kammer diese Ansicht nicht (vgl. LG Hamburg, Urteil v. 16.1.2013, 318 S 55/12). Ein förmlicher Beschluss gewährleistet nämlich Rechtssicherheit und eine bessere Beweisbarkeit der Billigung einer baulichen Veränderung, welche auch Sondernachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG bindet.
  2. Ist ein Rückbauanspruch gegen einen Handlungsstörer verjährt, ändert dies nichts an der Rechtswidrigkeit des vorhandenen, geänderten Zustands (hier: an der Ladenfront des klagenden Teileigentümers). Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 BGB hat lediglich zur Folge, dass die Gemeinschaft die andauernde Störung nunmehr auf eigene Kosten zu beseitigen hat (BGH, NJW 2011 S. 1068). Soweit hierfür Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum erforderlich sind, haben die beklagten Eigentümer mit dem vom Kläger angefochtenen Beschluss die hierfür erforderliche Grundlage bewirkt.
  3. Dient eine Maßnahme dazu, das Eindringen von Wasser in das Gebäude zu verhindern, ist hiergegen bei objektiver Betrachtung nichts einzuwenden, weil dadurch gerade die Bausubstanz erhalten wird. Ein von der Kammer zu verneinender Nachteil wäre nur dann erheblich, wenn er über das unvermeidliche Maß hinausginge (§ 14 Nr. 1 WEG). Entscheidend ist insoweit, ob sich ein durchschnittlicher Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen könnte (BGH, NZM 2001 S. 196). Durch die Maßnahme, das Eindringen von Wasser in das Gemeinschaftseigentum und auch in das Sondereigentum zu verhindern, lässt sich keine Beeinträchtigung erkennen; dies gilt erst recht, wenn dadurch zugleich ein bestehender rechtswidriger Zustand beseitigt wird und die Ansehnlichkeit eines Hauses insgesamt eine Aufwertung erfährt.
 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 6.2.2013, 318 S 20/12

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