Leitsatz

Das Gericht ist nicht verpflichtet, das Zustandekommen eines Mehrheitsbeschlusses festzustellen, wenn der Verwalter wegen eines bestehenden Einstimmigkeitserfordernisses (Zustimmung zu baulicher Veränderung) verkündet hat, dass der Beschluss abgelehnt wurde. Zulässiges Rechtsmittel gegen die Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits auf den Verwalter gemäß § 49 Abs. 2 WEG ist die sofortige Beschwerde. Über sie kann, wenn in der Hauptsache Berufung eingelegt wurde und der Verwalter nicht Partei ist, im Berufungsurteil mit entschieden werden.

 

Fakten:

Die Wohnungseigentümer hatten mehrheitlich für einen von einer Eigentümerin beantragten Ausbau des Dachgeschosses unter Einbau von Dachgauben gestimmt. Der Verwalter verkündete als Beschlussergebnis, dass der Beschluss abgelehnt worden sei, weil Einstimmigkeit erforderlich sei. Das erstinstanzlich befasste Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben und dem Verwalter nach § 49 Abs. 2 WEG die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die beklagten übrigen Eigentümer und der Verwalter haben dagegen erfolgreich Rechtsmittel eingelegt.

Die Anfechtung des als nicht zustande gekommenen festgestellten Beschlusses war nicht erfolgreich. Der Verwalter hat nämlich zu Recht festgestellt, dass der Beschluss nicht zustande gekommen ist, weil die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde. Der Einbau von Dachgauben stellt eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs.1 WEG dar, die nur einstimmig beschlossen werden kann. Zwar ist ein unter Verstoß gegen die erforderliche Mehrheit zustande gekommener Beschluss lediglich anfechtbar und nicht nichtig. Das hat aber nicht zur Folge, dass der Verwalter verpflichtet ist, das Zustandekommen eines Beschlusses festzustellen, bei dem die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird. Andernfalls würde der Verwalter verpflichtet, einen nicht ordnungsgemäßen Beschluss festzustellen, den er dann - trotz eventueller Anfechtung - zunächst vollziehen müsste, obwohl er weiß, dass der Beschluss im Falle einer Anfechtung aufgehoben wird. Folglich war auch die sofortige Beschwerde der Verwalterin gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts begründet, weil sich der Verwalter bei Beschlussfeststellung eben korrekt verhalten hatte.

 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 27.04.2009, 1 S 19129/08LG München I, Urteil vom 27.4.2009 – 1 S 19129/08

Fazit:

§ 49 Abs. 2 WEG sieht kein Rechtsmittel gegen die den Verwalter belastende Kostenentscheidung vor. Eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung im Urteil durch den Verwalter ist nach dem reinen Wortlaut des § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig. Aber es muss ein Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts auch für den verfahrenskostenbelasteten Verwalter geben. Auch die LG Berlin und Frankfurt meinen, einschlägiges Rechtsmittel sei die sofortige Beschwerde.

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