Leitsatz

Hat ein Anleger bereits in der Vergangenheit risikoreiche Wertpapiere gekauft, kann die Bank ohne einen entsprechenden Hinweis des Anlegers auf seine – geänderte, nunmehr konservative – Anlagestrategie auf das bisherige Anlageverhalten schließen und entsprechende Zertifikate vorschlagen.

 

Sachverhalt

Eine 80-jährige Anlegerin erwarb über ihre Bank unterschiedliche Zertifikate, die sie zur ihrer Altersversorgung nutzen wollte. Bei den riskanten Papieren trat jedoch ein hoher Wertverlust ein. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Bank sie fehlerhaft beraten hatte und verklagte diese auf Schadenersatz wegen Verletzung der Aufklärungspflichten. Wie bereits die Vorinstanz wies auch das OLG die Schadensersatzklage ab. Die Klägerin hatte in der Vergangenheit schon mehrfach über ihr Geldinstitut risikobehaftete Wertpapiere gekauft. Daher handelte es sich um eine erfahrene Anlegerin, die durchaus bereit war, in Produkte mit einem hohen Verlustrisiko zu investieren. Ohne entsprechenden Hinweis der Klägerin auf das geänderte Anlageverhalten durfte die Bank daher davon ausgehen, dass die Klägerin ihre bisherige Anlagestrategie weiter verfolgt.

Nach dem Urteil könne die beratende Bank aus den bisherigen Kapitalanlagen und der vorhandenen Struktur des Depots auf die Anlageziele und Risikoneigungen des Kunden schließen, ohne jeweils erneut ein Risikoprofil erstellen zu müssen.

Des Weiteren war die Bank bei dem Kauf der teils hauseigenen Produkte auch nicht verpflichtet, über die damit verbundenen Gewinne für die Bank aufzuklären, da es sich um keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen ("Kick-Backs") handelte. Nach der Rechtsprechung liegen diese nur vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, welche der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank zurückfließen. Bei dem Kauf der vorliegenden Zertifikate fielen solche Gebühren und Aufschläge jedoch nicht an. Auch wenn es sich bei den Produkten um solche mit höheren Gewinnmargen für die Beklagte handelte, ist die Bank nicht verpflichtet, jeden mit einem Gewinninteresse der Bank verbundenen Interessenskonflikt zu offenbaren.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt, Urteil v. 3.2.2012, 19 U 177/11.

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