Leitsatz

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Unfallversicherer nach einem Bandscheibenvorfall des Versicherten zur Leistung verpflichtet sein, obwohl dieser ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Unfallversicherung abgeschlossen. Nach den dem Versicherungsverhältnis zugrunde liegenden Versicherungs-Bedingungen waren Schäden an der Bandscheibe nur versichert, wenn diese überwiegend durch einen Unfall verursacht wurden.

Bei Putz- und Estricharbeiten auf einer Baustelle schleppte der Kläger einen schweren Sack, den er über seinen Schultern trug, über einen Plattenweg. Als er einem entgegenkommenden Handwerker ausweichen wollte, kam er zu Fall. Bei dem Versuch, den Sack festzuhalten, führte er eine Drehbewegung aus und verspürte vor dem Aufprall auf dem Erdboden einen heftigen Schmerz im unteren Beckenbereich. Der Kläger erlitt dadurch einen Bandscheibenvorfall und konnte trotz Operation einer Berufstätigkeit nicht mehr nachgehen. Der Versicherer berief sich auf die Ausschlussklausel, da der Vorfall durch eine Eigenbewegung des Klägers ausgelöst wurde.

Nach Ansicht des BGH sind die Voraussetzungen eines Unfalls auch dann erfüllt, wenn eine vom Willen des Versicherten getragenen und gesteuerten Eigenbewegung zu einer plötzlichen Einwirkung von außen führt.

Die ursprünglich gewollte und bewusst eingeleitete, hinsichtlich des Tritts jedoch unbewusste Ausgleichsbewegung mit anschließendem Straucheln stellt jedoch ein Unfallereignis dar. Auch ein Aufschlagen auf dem Boden ist nicht erforderlich. Daher komme es auch nicht darauf an, ob der Kläger vor oder nach dem Aufprall auf dem Boden einen Schmerz verspürte. Die Feststellungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der Auswirkung der Gesundheitsbeschädigung und der Frage, ob das Unfallereignis die überwiegende Ursache für den Bandscheibenvorfall gewesen sei, sind nach Auffassung der Richter rechtfehlerhaft. Das Urteil wurde daher aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 28.1.2009, IV ZR 6/08.

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