Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Hydraulikmechaniker

 

Orientierungssatz

1. Eingruppierung von Hydraulikmechaniker am Spähpanzer Luchs nach MTB 2 Anlage SV 2a Lohngruppe I.

2. Zu den Spezialarbeiten zählen nur solche Tätigkeiten, die ein außerhalb der üblichen Aufgaben eines entsprechend ausgebildeten Handwerkers liegendes außergewöhnliches Spezialgebiet betreffen, wobei eine besondere Schwierigkeit anders als bei den Instandsetzungen im Sinne von Lohngruppe I Fallgruppe 1 SV 2a nicht gefordert wird.

 

Normenkette

MTB 2 Anl SV; MTB § 21; MTB 2 § 21

 

Verfahrensgang

LAG Saarland (Entscheidung vom 03.02.1988; Aktenzeichen 1 Sa 205/87)

ArbG Saarbrücken (Entscheidung vom 17.07.1987; Aktenzeichen 1 Ca 92/85)

 

Tatbestand

Der Kläger, der gelernter Betriebsschlosser ist, wird als Facharbeiter im Heeresinstandsetzungswerk der Beklagten in S beschäftigt. Im Jahre 1978 absolvierte er einen einjährigen Abendkurs der Industrie- und Handelskammer zur Fortbildung in den Fächern Pneumatik und Hydraulik. Er wurde außerdem in weiteren Kursen in die Hydraulikanlage des Spähpanzers "Luchs" eingewiesen. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit die Tarifbestimmungen für Arbeiter des Bundes Anwendung. Der Kläger erhält Lohn nach Lohngr. II des Sonderverzeichnisses für Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung (SV 2 a) zum Lohngruppenverzeichnis des MTB II.

Dem Kläger obliegt die Instandsetzung und Ausgangsinspektion der Lüfter-, Lenkungs- und Schwimmhydraulik des Spähpanzers "Luchs". Er hat die Auffassung vertreten, daß er aufgrund dieser Tätigkeit in Lohngr. I Fallgruppe 1 SV 2 a zum MTB II einzureihen sei. Seine Tätigkeit sei eine Spezialtätigkeit im Tarifsinne, da sie außerhalb der üblichen Aufgaben eines entsprechend ausgebildeten Handwerkers liege und ein außergewöhnliches Spezialgebiet betreffe. Er sei nur aufgrund seiner Zusatzausbildung in der Lage, diese Tätigkeit auszuführen. Dabei handele es sich um Spezialarbeiten an hochempfindlichen und komplizierten Waffen oder Geräten, weil die von ihm instandzusetzenden Baugruppen diesen Anforderungen entsprächen. Es handele sich außerdem um besonders schwierige Instandsetzungen. So habe er Prüfpläne selbst erstellen müssen, um die Fehlersuche durchzuführen. Ferner obliege ihm auch die verantwortliche Instandsetzung und Prüfung der elektronischen Elemente der Baugruppen der Hydraulikanlage.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet

ist, den Kläger ab dem 1. März 1984 nach den

Sätzen der Lohngr. I MTB II zu vergüten,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger von

den monatlichen Differenzbeträgen zwischen Lohn-

gr. II und Lohngr. I MTB II seit dem 1. März

1984 4 % Zinsen seit jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß der Kläger tarifgerecht entlohnt werde. Er führe keine Spezialarbeiten im Tarifsinne aus. Ob eine Tätigkeit als Spezialarbeit anzusehen sei, bestimme sich nicht nach den persönlichen Kenntnissen und Fertigkeiten des Arbeiters, sondern nach der Ausbildung eines entsprechenden Handwerkers. Kenntnisse und Fertigkeiten auf den Bereichen der Pneumatik und Hydraulik seien in den Ausbildungsberufen des Kraftfahrzeugmechanikers, des Karosseriebauers und des Landmaschinenmechanikers gefordert. Auch wenn sich ein entsprechender Handwerker als Hydraulikmechaniker spezialisiere, betreffe diese Tätigkeit noch kein außergewöhnliches Spezialgebiet im Tarifsinne. Die Tätigkeit des Klägers sei auch keine besonders schwierige Instandsetzungsarbeit. Insbesondere gehöre es nicht zu seinen Aufgaben, Prüfpläne zu erstellen. Elektronische Elemente fänden bei den vom Kläger instandzusetzenden Baugruppen der Hydraulikanlage keine Anwendung.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren mit der Maßgabe weiter, daß Rechtshängigkeitszinsen aus den Nettodifferenzbeträgen geltend gemacht werden. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben mit Recht erkannt, daß dem Kläger Lohn nach Lohngr. I SV 2 a zum MTB II nicht zusteht.

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der MTB II unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Demgemäß bestimmt sich der Lohn nach § 21 Abs. 1 Buchst. a MTB II neben der Dienstzeit und dem Lebensalter nach der in den Lohngruppen angegebenen Tätigkeit. Insoweit ist § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Lohngruppenverzeichnis zum MTB II maßgebend, der bestimmt, daß für die Einreihung in die Lohngruppen die überwiegend auszuübende Tätigkeit maßgebend ist, soweit sich aus den Tätigkeitsmerkmalen nichts anderes ergibt. Für den Kläger, der als Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung tätig ist, gilt damit das Sonderverzeichnis für Arbeiter im Bereich des Bundesministers der Verteidigung (SV 2 a). Der Kläger stützt seine Klage insoweit auf das Tätigkeitsmerkmal der Lohngr. I Fallgruppe 1. Dieses hat folgenden Wortlaut:

"Arbeiter der Lohngr. IV Fallgruppe 1 oder 2

des Allgemeinen Teils, die besonders schwierige

Instandsetzungen oder Spezialarbeiten an hoch-

empfindlichen und komplizierten Waffen oder

Geräten oder Schiffsantriebsanlagen selbständig

durchführen."

Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß der Kläger, dem als Betriebsschlosser allein die Instandsetzungsarbeiten einschließlich der Ausgangsinspektion dreier Baugruppen der Hydraulikanlage des Spähpanzers "Luchs" obliegen, die Anforderungen der Lohngr. IV Fallgruppe 1 des Allgemeinen Teils des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II erfüllt.

Das Landesarbeitsgericht verneint im übrigen mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung, daß es sich bei den Tätigkeiten des Klägers um Spezialarbeiten im Sinne der Lohngr. I Fallgruppe 1 SV 2 a handele. Das Landesarbeitsgericht geht vom zutreffenden Rechtsbegriff aus, wonach zu den Spezialarbeiten nur solche Tätigkeiten zählen, die ein außerhalb der üblichen Aufgaben eines entsprechend ausgebildeten Handwerkers liegendes außergewöhnliches Spezialgebiet betreffen, wobei eine besondere Schwierigkeit, anders als bei den Instandsetzungen im Sinne der Lohngr. I Fallgruppe 1 SV 2 a nicht gefordert werde (BAG Urteile vom 22. Februar 1978 - 4 AZR 553/76 - und vom 21. Januar 1981 - 4 AZR 858/78 - AP Nr. 3 und 5 zu § 21 MTB II).

Das Landesarbeitsgericht führt insoweit subsumierend aus, daß es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um ein außergewöhnliches Spezialgebiet handele, weil Arbeiten an Hydraulikanlagen zu den üblichen Aufgabenbereichen verschiedener Handwerksberufe gehörten. Zwar habe der Kläger eine entsprechende Zusatzausbildung und eine Einweisung in sein Tätigkeitsgebiet erhalten. Bei der Beurteilung, ob Spezialarbeiten im Tarifsinne vorlägen, komme es jedoch nicht auf seinen persönlichen Ausbildungsgang, sondern auf den üblichen Aufgabenbereich entsprechender Handwerksberufe an. Diese Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Spezialarbeiten" kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Rechtsbegriff verkannt, gegen Denkgesetze verstoßen worden worden ist oder die Bewertung wegen Außerachtlassung wesentlicher Umstände offensichtlich fehlerhaft ist (BAGE 32, 203, 206 = AP Nr. 1 zu § 72 ArbGG 1979; BAG Urteil vom 1. April 1987 - 4 AZR 397/86 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, m. w. N.).

Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor. Insbesondere hat das Landesarbeitsgericht, entgegen der Auffassung des Klägers, bei der Subsumtion den zutreffend interpretierten Rechtsbegriff der "Spezialarbeiten" beibehalten und keine zu hohen Anforderungen gestellt. Ob die Tätigkeit ein Spezialgebiet im tariflichen Sinne betrifft, bestimmt sich nicht nach den ausbildungsbedingten, persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des Arbeiters, sondern nach dem üblichen Aufgabenbereich eines entsprechend ausgebildeten Handwerkers. Instandsetzungsarbeiten an Hydraulikanlagen gehören zum Berufsbild des Mechanikers und insbesondere zum Berufsbild des Kraftfahrzeugmechanikers. Kenntnisse von einfachen pneumatischen und hydraulischen Steuerungen werden außerdem auch bei der Ausbildung zum Betriebsschlosser, die der Kläger absolviert hat, vermittelt (Blätter für Berufskunde, 1 II A 401, S. 4). Sie gehören damit zu dem üblichen Aufgabenbereich derjenigen ausgebildeten Handwerker, die mit entsprechenden Instandsetzungen an Panzern befaßt werden. Insoweit liegt es im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz, wenn das Landesarbeitsgericht annimmt, daß die Zusatzausbildung des Klägers und die spezielle Einweisung in die Hydraulikanlage des Spähpanzers "Luchs" nicht den Schluß rechtfertige, daß gerade diese Instandsetzungsarbeiten ein außergewöhnliches Spezialgebiet auf dem Bereich der Hydraulik beträfen.

Dies ergibt sich auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang. Die Tätigkeit des Klägers entspricht in vollem Umfange derjenigen eines "Hydraulikmechanikers", wie sie in Lohngr. III Fallgruppe 1.1 genannt ist. Mechaniker ist ein "Facharbeiter im Metallgewerbe für feine und schwierige Arbeiten" oder ein "Facharbeiter, der Maschinen instandhält" (BAG Urteil vom 21. Januar 1981 - 4 AZR 858/78 - AP Nr. 5 zu § 21 MTB II). Bezieht sich diese Tätigkeit auf Hydraulikanlagen, so entspricht sie derjenigen eines "Hydraulikmechanikers" im Tarifsinne. Damit werden mechanische Arbeiten an Hydraulikanlagen nach Auffassung der Tarifvertragsparteien als eine durchaus übliche Tätigkeit im Bereich der Bundeswehr angesehen. Es handelt sich also nicht um ein außergewöhnliches Spezialgebiet, sondern um einen Arbeitsbereich, den die Tarifvertragsparteien für die Einreihung in die Lohngruppen ausdrücklich aufgeführt haben. Die Anforderungen der Lohngr. I Fallgruppe 1 können auf diesem Arbeitsbereich somit nur erfüllt sein, wenn auf dem Gebiet der Hydraulik wiederum außergewöhnliche Aufgaben erfüllt werden. Dies hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen. Er sieht die von ihm an den Hydraulikanlagen des Spähpanzers ausgeführten Arbeiten nur deshalb als Spezialarbeiten an, weil er entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine Zusatzausbildung erworben hat. Dies reicht nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang aber nicht aus. Er hätte vielmehr vortragen müssen, daß er als Hydraulikmechaniker außergewöhnliche Tätigkeiten und damit Spezialarbeiten im Sinne der Lohngr. I Fallgruppe 1 ausübe. Dies hat er jedoch nicht getan und nicht vortragen können.

Das Landesarbeitsgericht nimmt im Rahmen seines Beurteilungsspielraums auch zutreffend an, daß es sich bei der Tätigkeit des Klägers nicht um "besonders schwierige Instandsetzungen" im Sinne der Lohngr. I Fallgruppe 1 handele. Besonders schwierige Instandsetzungen sind Instandsetzungsarbeiten, die in besonders herausgehobener und über die entsprechenden Erfordernisse der niedrigeren Fallgruppen hinausreichender Weise fachliche Anforderungen stellen (BAG Urteil vom 4. Juni 1980 - 4 AZR 497/78 - AP Nr. 4 zu § 21 MTB II). Von diesem Rechtsbegriff geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Besonders schwierige Instandsetzungen können nur dann vorliegen, wenn die fachlichen Anforderungen der niedrigeren Fallgruppe übertroffen werden. Der Kläger hätte demgemäß vortragen müssen, daß seine Tätigkeit mehr erfordert, als von einem Hydraulikmechaniker der Lohngr. III Fallgruppe 1.1, der besonders hochwertige Arbeiten im Sinne der Lohngr. II Fallgruppe 1.1 verrichtet, üblicherweise gefordert wird. Daran fehlt es, wie das Landesarbeitsgericht im einzelnen unter Bezugnahme auf das vom Arbeitsgericht eingeholte Sachverständigengutachten ausführt. Insoweit werden vom Kläger mit der Revision auch substantiiert keine Einwendungen mehr erhoben.

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Dr. Neumann Dr. Feller hat Urlaub Dr. Freitag

Dr. Neumann

Lehmann Wax

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439019

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