Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung im Einzelhandel

 

Orientierungssatz

Eingruppierung von Verkäuferin mit erweiterten Fachkenntnissen nach Gehaltsgruppe B II des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel Hessen.

 

Normenkette

TVG § 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Entscheidung vom 01.08.1986; Aktenzeichen 6 Sa 408/86)

ArbG Kassel (Entscheidung vom 13.02.1986; Aktenzeichen 4 Ca 541/85)

 

Tatbestand

Die Klägerin, die keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, war in der Zeit vom 16. Februar 1983 bis zum 31. Dezember 1985 in einem von der Beklagten betriebenen Einzelhandelsgeschäft für Kinderschuhe als einzige Angestellte beschäftigt. Zuvor war sie mehr als drei Jahre im Einzelhandel als Verkäuferin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für den Hessischen Einzelhandel in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Die Klägerin erhielt Vergütung nach Gehaltsgruppe B I des Gehaltstarifvertrages für den Hessischen Einzelhandel.

Der Klägerin oblag die Öffnung und Schließung des Geschäfts. Sie führte den Verkauf durch, kassierte die Kaufsummen, verwahrte das Geld in der Kasse, führte ein einfaches Kassenbuch, das die Tageseinnahmen und Ausgaben für Kleinmaterial, wie Bürobedarf und Postgebühren, für den Fensterputzer und Dekorationen sowie die Bankeinzahlungen ersehen ließ. Bargeld, das nicht als Wechselgeld benötigt wurde, zahlte sie selbständig bei der Bank ein. Die Klägerin prüfte die eingehende Ware auf Fehler und führte selbständige Retouren aus. Sie nahm Kundenreklamationen entgegen und veranlaßte Nachbestellungen durch die Beklagte, die in der Regel täglich das Geschäft aufsuchte. In Einzelfällen veranlaßte die Klägerin auch selbständig Nachbestellungen. Die Klägerin begleitete die Beklagte bei Wareneinkäufen auf Schuhmessen. In dem Geschäft wurde neben der Klägerin zeitweise eine Auszubildende beschäftigt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß ihr während ihrer Beschäftigungszeit bei der Beklagten Gehalt nach Gehaltsgruppe B III a) des allgemeinverbindlichen Gehaltstarifvertrages für den Hessischen Einzelhandel in der jeweiligen Fassung (GTV) zugestanden habe, da sie als "Filialleiterin", mindestens aber als "Erste Verkäuferin mit Einkaufsbefugnis" eingesetzt worden sei. Auf jeden Fall habe ihre Tätigkeit die Anforderungen der Gehaltsgruppe B II GTV erfüllt, da sie erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordert habe.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die sich aus der beanspruchten Eingruppierung in Gehaltsgruppe B III a) GTV ergebenden Differenzen zu dem ihr tatsächlich gezahlten Gehalt, dem Urlaubsentgelt, den tariflichen Sonderzahlungen für die Jahre 1984 und 1985 sowie den vermögenswirksamen Leistungen geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

8.436,60 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit

aus dem sich ergebenden Nettobetrag

zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin

294,-- DM netto auf den Bausparvertrag mit der

Nr. ........... bei der K............Bausparkasse

.............................................

einzuzahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß die Klägerin keine tariflichen Ansprüche nach Gehaltsgruppe B III a) GTV habe. Sie habe die Tätigkeit einer Verkäuferin im Sinne der Gehaltsgruppe B I GTV ausgeübt. Diese Gehaltsgruppe erfordere Fachkenntnisse, wie sie durch eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung vermittelt würden. Die Klägerin habe darüber hinaus weder erweiterte Fachkenntnisse im Sinne der Gehaltsgruppe B II GTV benötigt, noch sei sie in dem nach Gehaltsgruppe B III a) GTV erforderlichen Umfang selbständig tätig gewesen. Entscheidungen über Warenlieferungen, Behandlung von Kundenreklamationen und Einkäufe seien von der Klägerin nicht selbständig getroffen worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß der Klägerin nur Gehalt nach Gehaltsgruppe B I GTV zustehe und allein eine rechnerische Differenz hinsichtlich der tariflichen Sonderzahlung für das Jahr 1984 in Höhe von 69,77 DM brutto und der vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 35,19 DM zuerkannt. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin hinsichtlich der tariflichen Sonderzahlung für das Jahr 1984 einen weiteren Teilbetrag von 112,78 DM brutto und für die Zeit vom 1. März 1985 bis zum 31. Juli 1985 einen Gehaltsanspruch in Höhe von 79,35 DM brutto mit der Begründung zuerkannt, daß der Klägerin Gehalt nach Gehaltsgruppe B II GTV zustehe. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, daß der Klägerin Gehalt nach Gehaltsgruppe B II GTV zustand.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der allgemeinverbindliche Gehaltstarifvertrag für den Hessischen Einzelhandel unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 5 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Für die Eingruppierung der Klägerin sind demnach folgende tariflichen Bestimmungen heranzuziehen:

§ 2

Gehaltsregelungen

1. Die Angestellten werden nach der von ihnen

tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine

der nachstehenden Beschäftigungsgruppen unter

Beachtung des § 99 BetrVG eingestuft. Die

unter den Gehaltsgruppen aufgeführten Beispiele

gelten als Richtbeispiele.

2. Die Gehaltsgruppen I bis IV der Beschäftigungsgruppen

B des § 3 umfassen die kaufmännischen und

technischen Tätigkeiten, für die in der Regel eine

abgeschlossene kaufmännische oder technische

Berufsausbildung erforderlich ist.

3. Der abgeschlossenen oder technischen Berufsausbildung

werden gleichgesetzt

a) eine abgeschlossene zweijährige Ausbildung als

Bürogehilfe;

b) eine kaufmännische Berufstätigkeit vorwiegend

im Verkauf von drei Jahren, im übrigen von vier

Jahren.

§ 3

Beschäftigungsgruppen

A. Angestellte o h n e abgeschlossene kaufmännische

oder technische Ausbildung

.....

B. Angestellte m i t abgeschlossener kaufmännischer

oder technischer Ausbildung (§ 2 Ziffer 2 oder 3)

Gehaltsgruppe I

Angestellte mit einfacher kaufmännischer oder technischer

Tätigkeit

Beispiele:

Verkäufer/in

Kassierer/in (auch Selbstbedienungsläden)

Stenotypist/in für einfache Tätigkeit

Telefonist/in

Schaufenstergestalter/in (Dekorateur/in) und

Plakatmaler/in mit einfacher Tätigkeit

Angestellte/r mit einfachen Büroarbeiten in

allgemeiner Buchhaltung, Einkauf, Kalkulation,

Kreditbüro, Lohnbuchhaltung, Rechnungsprüfung,

Registratur, Statistik usw.

Angestellte/r mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit

in Warenannahme, Lager und Versand

Angestellte/r in Werbeabteilungen

Kontrolleur/in an Packtischen bzw. Warenausgaben

Personalkontrolleur/in

Zieher/in

Locher/in

Bediener/in von Sortiermaschinen

.......

Gehaltsgruppe II

Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte

Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung

erfordern

Beispiele:

Erste Kraft im Verkauf

Kassierer/in mit zusätzlichen, die Kassenführung

betreffenden Aufgaben

Lagererste/r

Abteilungsaufsicht

Telefonist/in, der/die mehr als 3 Amtsanschlüsse

zu bedienen hat

Erste Kraft in Buchhaltung, Einkauf, Kalkulation,

Kreditbüro, Lohnbuchhaltung, Rechnungsprüfung,

Registratur, Statistik, Warenannahme, Lager,

Versand und Werbung

Dekorateur/in und Plakatmaler/in mit erweiterten

Fachkenntnissen und größerer Verantwortung

Exportfakturist/in

Importfakturist/in

Stenotypist/in mit gehobener Tätigkeit

Materialverwalter/in

Prüfer/in

Bediener/in von Maschinen in Lochkarten-Abteilungen

(z. B. Mischen, Doppeln, Lochschriftübersetzen,

Bedienen von Tabelliermaschinen ohne Schaltkenntnisse)

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß der Klägerin, die zwar keine abgeschlossene kaufmännische oder technische Ausbildung (§ 2 Ziffer 2 GTV), aber eine kaufmännische Berufstätigkeit überwiegend im Verkauf von mehr als drei Jahren (§ 2 Ziffer 3 GTV) habe, Anspruch auf Gehalt nach Gehaltsgruppe B II GTV zugestanden habe. Zwar werde die von ihr ausgeübte Tätigkeit in den Beispielen zur Gehaltsgruppe B II GTV nicht genannt, da sie weder als "Erste Kraft im Verkauf" noch als "Kassiererin mit zusätzlichen, die Kassenführung betreffenden Aufgaben" anzusehen war, jedoch erfülle ihre Tätigkeit die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe B II GTV, da sie erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erforderte. Dies ergebe sich daraus, daß die Klägerin als einzige Angestellte im Geschäft tätig war, so daß sie alle anfallenden Arbeiten erledigen mußte. Insbesondere hätten die ihr obliegende Warenkontrolle und die spezifische Kassenführung im Geschäft der Beklagten gegenüber den in Gehaltsgruppe B I GTV geforderten einfachen kaufmännischen Kenntnissen erweiterte Fachkenntnisse erfordert. Die Verantwortung für das Öffnen und Schließen der Filiale, den Kasseninhalt und das Warenlager habe ebenfalls diejenige überstiegen, die bei einer einfachen kaufmännischen Tätigkeit zu fordern sei.

Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung davon aus, daß die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe B II GTV dann erfüllt wären, wenn die Klägerin eine in den Beispielen genannte Tätigkeit ausgeübt hätte (BAG Urteil vom 7. November 1984 - 4 AZR 286/83 - AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; BAGE 45, 121 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung). Dies hat das Landesarbeitsgericht mit der Begründung verneint, daß die Klägerin nicht die Tätigkeit einer "Kassiererin mit zusätzlichen, die Kassenführung betreffenden Aufgaben" ausgeübt habe, weil sie nicht überwiegend mit Kassierertätigkeiten, sondern im Verkauf beschäftigt worden sei. Sie habe allerdings auch nicht die in den Tätigkeitsbeispielen genannte Tätigkeit einer "Ersten Kraft im Verkauf" ausgeübt, weil keine besonders qualifizierte Verkaufstätigkeit erforderlich gewesen sei. Diesen Ausführungen ist auch die Klägerin nicht mehr entgegengetreten.

Ist die Tätigkeit der Klägerin damit nicht in den Beispielen der Gehaltsgruppe B II GTV aufgeführt, so hat das Landesarbeitsgericht folgerichtig überprüft, ob sie die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe B II GTV erfüllte. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.

Nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Gehaltsgruppe B II GTV muß die Tätigkeit erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordern. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Tarifvertragsparteien insoweit bei Tätigkeiten der Gehaltsgruppe B II GTV eine größere Verantwortung verlangen als diejenige, die bei der Ausübung von Tätigkeiten der Gehaltsgruppe B I GTV erforderlich ist. Ferner muß die Tätigkeit erweiterte Fachkenntnisse im Vergleich zu denjenigen Fachkenntnissen erfordern, die für die Ausübung einer Tätigkeit der Gehaltsgruppe B I GTV notwendig sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind unter "erweiterten Fachkenntnissen" im Sinne der Gehaltsgruppe B II GTV nicht solche zu verstehen, die über diejenigen Fachkenntnisse hinausgehen, die durch eine abgeschlossene kaufmännische oder technische Ausbildung vermittelt werden.

Dies folgt aus dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang, die bei der Tarifauslegung maßgeblich zu berücksichtigen sind (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Danach unterscheiden die Tarifvertragsparteien bei der Eingruppierung zwei Beschäftigungsgruppen, nämlich die der Angestellten ohne (A) und die der Angestellten mit abgeschlossener kaufmännischer oder technischer Ausbildung (B). Dabei wird der Begriff der abgeschlossenen kaufmännischen oder technischen Ausbildung durch Bezugnahme auf § 2 Ziffer 2 oder 3 GTV bestimmt. Zur Erfüllung der Anforderung reicht damit nicht nur die Ablegung der entsprechenden Prüfung (§ 2 Ziffer 2 GTV), sondern auch eine Berufstätigkeit überwiegend im Verkauf von drei Jahren, im übrigen von vier Jahren (§ 2 Ziffer 3 GTV) aus. Demgemäß können Angestellte, die diese Anforderungen nicht erfüllen, Gehalt nur nach der Beschäftigungsgruppe A beanspruchen, selbst wenn ihre Tätigkeit in den Gehaltsgruppen I bis IV der Beschäftigungsgruppe B genannt ist (vgl. BAG Urteil vom 8. Februar 1984 - 4 AZR 369/83 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Erfüllt ein Angestellter die Anforderungen der Beschäftigungsgruppe B dadurch, daß er die entsprechende Prüfung abgelegt hat oder, wie die Klägerin, eine mehr als dreijährige Berufstätigkeit im Verkauf nachweist, so ist er entsprechend der von ihm ausgeübten Tätigkeit in eine der Gehaltsgruppen der Beschäftigungsgruppe B einzugruppieren. Diese Gehaltsgruppen umfassen nach § 2 Ziffer 2 GTV die kaufmännischen und technischen Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene kaufmännische oder technische Berufsausbildung erforderlich ist. Davon haben die Tarifvertragsparteien jedoch in zahlreichen Beispielen Ausnahmen gemacht (z. B. Stenotypist/in, Telefonist/in, Locher/in, Bediener/in von Sortiermaschinen, Sekretär/in, Kindergärtner/in). Damit läßt sich weder dem Wortlaut noch dem tariflichen Gesamtzusammenhang entnehmen, daß Fachkenntnisse, die durch eine abgeschlossene kaufmännische oder technische Berufsausbildung vermittelt werden, für alle in der Gehaltsgruppe B I GTV genannten Tätigkeiten erforderlich sind und in den Gehaltsgruppen B II bis IV GTV darüber hinausgehende Fachkenntnisse gefordert werden.

Zutreffend geht vielmehr das Landesarbeitsgericht davon aus, daß in Gehaltsgruppe B I GTV Angestellte mit einfacher kaufmännischer oder technischer Tätigkeit eingruppiert sind und für diese Tätigkeiten nicht in jedem Falle der volle Einsatz aller in einer entsprechenden Prüfung nachgewiesenen oder durch langjährige praktische Berufstätigkeit erworbenen Kenntnisse erforderlich ist. Dies wird eindeutig durch die Beispiele in der Gehaltsgruppe B I GTV belegt (Angestellte mit einfachen Büroarbeiten, Kontrolleure an Packtischen, Personalkontrolleure). Zu Recht bemißt das Landesarbeitsgericht den Umfang der in Gehaltsgruppe B II GTV geforderten, erweiterten Fachkenntnisse demgemäß nach den für die Ausführung einfacher kaufmännischer oder technischer Tätigkeiten in Gehaltsgruppe B I GTV erforderlichen Fachkenntnisse. Die erweiterten Fachkenntnisse in Gehaltsgruppe B II GTV erfordern eine Steigerung gegenüber den in Gehaltsgruppe B I GTV geforderten Fachkenntnissen, nicht aber Fachkenntnisse, die über den Umfang der durch eine abgeschlossene kaufmännische oder technische Berufsausbildung vermittelten Fachkenntnisse hinausgehen. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut der tariflichen Bestimmung des § 2 Ziff. 2 GTV. Daraus folgt nämlich, daß nicht nur die Gehaltsgruppe B I GTV, sondern auch die Gehaltsgruppen B II bis IV GTV kaufmännische und technische Tätigkeiten umfassen, für die in der Regel eine abgeschlossene kaufmännische oder technische Berufsausbildung erforderlich ist. Damit haben die Tarifvertragsparteien eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die durch eine entsprechende Berufsausbildung vermittelten Fachkenntnisse auch für Tätigkeiten ausreichen können, die einer höheren Gehaltsgruppe als der Gehaltsgruppe B I GTV zuzurechnen sind.

Im Rahmen seines Beurteilungsspielraums ist das Landesarbeitsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß die Tätigkeit der Klägerin erweiterte Fachkenntnisse im tariflichen Sinne und eine größere Verantwortung erforderte. Soweit das Landesarbeitsgericht eine größere Verantwortung der Tätigkeit im Vergleich zu einer in der Gehaltsgruppe B I GTV geforderten Verantwortung damit bejaht, daß die Klägerin als einzige Angestellte in dem Geschäft für die Einhaltung der Öffnungszeiten, das Warenlager und die Kasse, mithin für den ganzen Betrieb, verantwortlich war, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und wird auch von der Beklagten eingeräumt. Das Landesarbeitsgericht hat ferner angenommen, daß die Tätigkeit der Klägerin deshalb erweiterte Fachkenntnisse im Vergleich zu den für eine Tätigkeit der Gehaltsgruppe B I GTV erforderlichen Fachkenntnisse erforderte, weil die Klägerin neben ihrer Verkaufstätigkeit Entscheidungen darüber zu treffen hatte, welche Reklamationen sie an die Beklagte weiterleitete und welche sie sogleich selbst abschlägig beschied, sie die Warenkontrolle sowie die selbständige Behandlung von Warenretouren durchzuführen hatte und ihr eine Kassenführung oblag, die mehr Fachkenntnisse erforderte, als für die der Gehaltsgruppe B I GTV zuzurechnenden Kassierertätigkeiten notwendig seien. Auch diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen wurden, ist davon auszugehen, daß die Klägerin für ihre Tätigkeit nicht nur Fachkenntnisse benötigte, wie sie von einer Verkäuferin, deren Tätigkeit als Beispiel in Gehaltsgruppe B I GTV genannt ist, verlangt werden, sondern darüber hinaus Fachkenntnisse erforderte, die ihr die sachgerechte Behandlung von Reklamationen, die Durchführung der Warenkontrolle und der Warenretouren sowie die spezifische für den Geschäftsbetrieb der Beklagten erforderliche Kassenführung ermöglichten. Dieser gegenüber einer einfachen kaufmännischen Tätigkeit im Sinne der Gehaltsgruppe B I GTV erweiterte Aufgabenbereich rechtfertigt durchaus die Schlußfolgerung des Landesarbeitsgerichts, daß die Klägerin entsprechend erweiterte Fachkenntnisse benötigte und deshalb ihre Tätigkeit zutreffend der Gehaltsgruppe B II GTV zuzuordnen war.

Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag

Lehmann Wehner

 

Fundstellen

Dokument-Index HI439412

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