Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Dipl.-Ingenieurs als Lehrer

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Begriff des Faches in Lehrerrichtlinien ist wie in der Prüfungsordnung auszulegen

 

Normenkette

BeschFG 1985 Art. 1 § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 03.06.1992; Aktenzeichen 7 Sa 857/91)

ArbG Aachen (Urteil vom 30.07.1991; Aktenzeichen 6 Ca 1595/90)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 3. Juni 1992 – 7 Sa 857/91 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung des Klägers.

Der am 16. Mai 1950 geborene Kläger studierte von 1969 bis 1976 an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule A (RWTH) Elektrotechnik. Im Rahmen seines Studiums absolvierte der Kläger erfolgreich die Diplom-Vorprüfungen Teil A und Teil B. Teil A beinhaltete u.a. die Fächer: Höhere Mathematik I und II; Teil B u.a. die Fächer: Allgemeine Physik, Höhere Mathematik III und IV. Nach § 5 der Diplom-Prüfungsordnung der RWTH vom 10. Januar 1973 muß die Diplom-Vorprüfung Teil A in dem unmittelbar dem 2. Fachsemester folgenden Prüfungstermin abgelegt werden. Der zweite Prüfungsabschnitt (Teil B) muß nach dem 4. Semester absolviert werden. Der empfohlene Studienplan für das 5. bis 8. Semester sieht folgende Fächereinteilungen vor:

Theoretische Elektrotechnik I + II, Festkörperphysik, Elektronische Bauelemente, Regelungstechnik, Starkstromtechnik und Nachrichtentechnik.

Am 24. August 1976 legte der Kläger erfolgreich die Diplom-Hauptprüfung an der Fakultät für Elektrotechnik der RWTH ab. Ihm wurde der Grad des Diplom-Ingenieurs verliehen. Die Einzelprüfungen für die Diplom-Hauptprüfung erfolgten im wesentlichen in den Fächern der Elektrotechnik, aber nicht in Mathematik oder Physik.

Danach studierte der Kläger im Grundstudium Erziehungswissenschaft (Lehramt Sekundarstufe II/Elektrotechnik-Physik). Die Lehramtsstaatsprüfung legte er nicht ab. Der Kultusminister des beklagten Landes erkannte am 12. August 1977 die Hochschulabschlußprüfung des Klägers als Teilprüfung im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe II im Fach Elektrotechnik an.

Seit Januar 1977 ist der Kläger als Lehrer im Angestelltenverhältnis bei dem beklagten Land mit wöchentlich 12 Unterrichtsstunden in den Fächern Physik und Mathematik tätig. Ein vollzeitbeschäftigter Lehrer unterrichtet wöchentlich 27 Unterrichtsstunden. Die Beschäftigung des Klägers erfolgte aufgrund befristeter Arbeitsverträge. Der letzte Vertrag wurde „bis auf weiteres” befristet. Im Anstellungsbescheid des Regierungspräsidenten Köln für die befristete Beschäftigung vom 1. August 1981 bis zum 31. Juli 1982 heißt es hinsichtlich der Vergütung:

„… Die Höhe der Vergütung beträgt je Einzelstunde ab 01.08.80 nach dem RdErl. d. KM v. 22.08.80 für den Tagesunterricht (Ziff. 2.7) 26,40 DM … Die Berechnung erfolgt entsprechend den hierzu ergangenen Erlassen des KM nach Jahreswochenstunden …”

Im letzten Anstellungsbescheid vom 7. Juli 1982 waren die Angaben zur Vergütung durchgestrichen.

Mit Schreiben vom 6. Januar 1987 machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land die Zahlung der anteiligen BAT-Vergütung ab dem 1. Mai 1985 gemäß Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 geltend. Das beklagte Land lehnte mit Schreiben vom 9. November 1988 die Zahlung einer höheren Vergütung ab und verzichtete für die nichtverjährten Ansprüche auf die Einrede der Verjährung.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe ab 1. Mai 1985 Anspruch auf 12/27 Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT und ab 1. Januar 1989 aufgrund Bewährungsaufstiegs gemäß Vergütungsgruppe II a BAT. Nach den alten Fassungen der Eingruppierungserlasse, zuletzt vom 1. Juni 1989, sehe Ziff. 2.2 eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe III BAT für Lehrer in der Tätigkeit von Realschullehrern mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule vor, wenn sie aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen. Lediglich der Runderlaß vom 1. Februar 1991 verlange darüber hinaus in Ziff. 2.1 ein Staatsexamen. Dieser Erlaß habe für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien jedoch keine Geltung. Er sei zum damaligen Zeitpunkt nie entsprechend dem Runderlaß vergütet worden. Das beklagte Land habe die Vergütung der teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte nicht wie bei den Vollzeitbeschäftigten in Anlehnung an den BAT vorgenommen. Würde das beklagte Land die teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte gegenüber den Vollzeitbeschäftigten gleichbehandeln, wäre er ohne das Erfordernis eines Staatsexamens aufgrund der alten Erlasse in die Vergütungsgruppe II BAT eingruppiert worden. Selbst wenn auf das Arbeitsverhältnis der jeweils geltende Eingruppierungserlaß anzuwenden wäre, könne er nicht aufgrund des Runderlasses vom 1. Februar 1991 herabgruppiert werden. Die Erlasse würden nach ihrem Wortlaut eine Herabgruppierung ausschließen, wenn die Lehrkraft nur aufgrund einer Erlaßänderung nicht mehr die Voraussetzungen der höheren Vergütungsgruppe erfülle. Er habe aufgrund seines abgeschlossenen Studiums an der RWTH die Fähigkeit zum Unterrichten in zwei Fächern i. S. der Ziff. 2.2 des Runderlasses vom 20. November 1981, nämlich in den Fächern Mathematik und Physik.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an ihn für den Zeitraum vom 1. Mai 1985 bis 31. Dezember 1988 unter Anrechnung der ihm ab diesem Zeitraum gewährten Vergütung 12/27 der Vergütung aus Vergütungsgruppe III BAT sowie ab 1. Januar 1989 bis auf weiteres unter Anrechnung der ihm ab diesem Zeitraum gewährten Vergütung 12/27 Vergütung aus Vergütungsgruppe II a BAT zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, der Runderlaß vom 1. Februar 1991 habe gegenüber den vorhergehenden Erlassen nur eine redaktionelle Änderung in Form des Klammerzusatzes „Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe I” erfahren. Inhaltlich sei diese Staatsprüfung auch nach den älteren Erlassen Voraussetzung für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III BAT gewesen. Der Kläger könne über diese theoretische Befähigung zum Unterrichten in einem Fach keinen Nachweis führen, da er keine Lehramtsprüfung abgelegt habe. Das beklagte Land habe auch in keinem einzigen Fall einen sogenannten Nicht-Erfüller ohne Befähigung zum Lehramt in die Vergütungsgruppe III bzw. II a BAT eingruppiert, ohne daß der Studienabschluß auf Antrag für das Lehramt anerkannt worden sei. Rechtsgrundlage für dieses Antragsverfahren sei der Runderlaß des Kultusministers vom 30. Juli 1969 – III B.40-13/0-3922/69 –. Zudem erteile der Kläger in den Fächern Mathematik und Physik keinen Unterricht in seinem Studium entsprechenden Fächern. Die Unterrichtsfächer Mathematik und Physik gehörten nicht zu den Prüfungsfächern des Klägers in der Diplom-Hauptprüfung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage auf anteilige BAT-Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT und ab dem 1. Januar 1989 nach der Vergütungsgruppe III BAT stattgegeben und die weitergehende Höhergruppierungsklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision sein weitergehendes Höhergruppierungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet, der Kläger hat keinen Anspruch auf anteilige Vergütung aus der Vergütungsgruppe III BAT ab 1. Mai 1985 bzw. II a BAT ab 1. Januar 1989.

A. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage. Bei dieser ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats das nach § 72 Abs. 5 ArbGG, § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung zu bejahen. Das gilt auch dann, wenn, wie hier für den Zeitraum vom 1. Mai 1985 bis zum 31. Dezember 1988, der Feststellungsantrag auf einen abgeschlossenen Zeitraum beschränkt ist. Mit dem begehrten Feststellungstenor wird für die Vergangenheit der Status des Klägers bestimmt, der über die im streitbefangenen Zeitraum zu leistende Vergütung hinaus auch für die Zukunft Bedeutung haben kann, etwa bei der Anrechnung von Beschäftigungszeiten, Urlaub, Sonderzuwendungen oder beim Bewährungsaufstieg. Für diese einzelnen Rechtsbeziehungen wird durch ein Feststellungsurteil Rechtsklarheit geschaffen, auch wenn es als solches nicht vollstreckungsfähig ist (BAG Urteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

B. Die Feststellungsklage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT für die Zeit vom 1. Mai 1985 bis zum 31. Dezember 1988 und Vergütungsgruppe II a BAT für die Zeit ab dem 1. Januar 1989. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus Ziff. 2.1 des Runderlasses des Kultusministers (KM) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. November 1981 in der Fassung vom 1. Februar 1991 noch aus Ziff. 2.2 des Runderlasses vom 20. November 1981 (GABl NW 1982 S. 7 ff.).

1. Die Vorinstanzen gehen zutreffend davon aus, daß sich die Eingruppierung des Klägers nach den jeweiligen Runderlassen des KM richtet. Deren Anwendung ergibt sich aus § 612 Abs. 2 BGB. Die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsabrede auf der Basis von Jahreswochenstunden verstößt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gegen Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und ist daher gemäß § 134 BGB nichtig, da sie zu einer niedrigeren Vergütung führt als eine anteilmäßige Berechnung (BAG Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 631/90 – AP Nr. 13 zu § 2 BeschFG 1985; BAG Teil-Urteil vom 25. Januar 1989, BAGE 61, 43, 46 = AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985, zu II der Gründe; BAG Urteil vom 26. September 1990 – 5 AZR 112/90 – AP Nr. 9 zu § 2 BeschFG 1985, zu II der Gründe). An die Stelle der nichtigen Vergütungsvereinbarung tritt gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung. Das ist die anteilmäßige Vergütung von der Vergütung, die das Land seinen vollzeitbeschäftigten Lehrkräften gewährt. Das beklagte Land vergütet vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme nach den jeweils geltenden Runderlassen. Danach sind die Erlasse auch für die Vergütung des Klägers heranzuziehen. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts läßt sich nicht entnehmen, daß das beklagte Land außerhalb der Regelungen der Runderlasse gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrkräften günstigere Eingruppierungen vornimmt. Der Kläger hat hierzu auch nichts substantiiert vorgetragen. Auf seine Revisionsrüge, das Landesarbeitsgericht hätte insoweit keine amtliche Auskunft des beklagten Landes einholen dürfen, kommt es daher nicht an.

2. Damit sind für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch folgende Bestimmungen des Runderlasses in der Fassung vom 1. Februar 1991 anwendbar:

„…

2.

Lehrer an Realschulen

VergGr. des BAT

2.1

Lehrer in der Tätigkeit von Realschullehrern mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule (Staatsprüfung für ein Lehramt – außer für die Grund- und Hauptschule, die Primarstufe oder die Sekundarstufe I), die damit aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen

III

nach mindestens sechsjähriger Bewährung

in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

II a

…”

Diese Voraussetzungen zur Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III BAT erfüllt der Kläger nicht. Durch den Klammerzusatz wird klargestellt, das als abgeschlossenes Studium, an einer wissenschaftlichen Hochschule eine Staatsprüfung für ein Lehramt absolviert sein muß. Diese hat der Kläger nicht abgelegt. Ob die Anerkennung der Hochschulabschlußprüfung als Teilprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe II durch das beklagte Land dem gleichzusetzen ist, kann dahinstehen, Voraussetzung der Ziff. 2.1 ist nämlich darüber hinaus aufgrund des Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern und die Erteilung von Unterricht in mindestens einem dem Studium entsprechenden Fach. Was das beklagte Land in seinen Bestimmungen unter dem Begriff Fach versteht, kann den einschlägigen Verordnungen des Landes entnommen werden. Es ist davon auszugehen, daß der Kultusminister in seinen Eingruppierungserlassen den Begriff „Fach” im gleichen Sinne verwendet wie in den einschlägigen Verordnungen des Landes (BAG Urteil vom 13. November 1991 – 4 AZR 28/91 –, n.v.). Nach § 38 Abs. 4 der Ordnung der Ersten Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen (Lehramtsprüfungsordnung I-LPO I) vom 22. Juli 1981 (GVBl NW 1981 S. 430, 438 f.) war Elekrotechnik als berufliche Fachrichtung Fach im Sinne der Lehramts Staatsprüfung. Gemäß § 38 Abs. 2 LPO I waren Mathematik und Physik eigene Unterrichtsfächer (GVBl NW 1981 S. 438). Mit der LPO in der Fassung vom 20. Dezember 1990 (GVBl NW 1991 S. 42 ff.) ist insoweit keine inhaltliche Änderung eingetreten. Für die Fächer Mathematik und Physik, in denen der Kläger Unterricht erteilt, liegt keine entsprechende Anerkennung des beklagten Landes vor.

3. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei aufgrund der älteren Runderlasse in die Vergütungsgruppe III BAT und nach Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe II a BAT einzugruppieren gewesen. Diese Rechtsposition habe ihm das beklagte Land durch die Neufassung des Runderlasses nicht einseitig nehmen können.

a) Dem Kläger ist darin zu folgen, daß ein etwaiger Höhergruppierungsanspruch nicht nachträglich durch die Neufassung des Runderlasses in der Fassung vom 1. Februar 1991 beseitigt werden konnte.

Hierzu heißt es in Ziff. 10.1 des Runderlasses:

„Bei Lehrern, die aufgrund dieses Runderlasses in der Fassung der Bekanntmachung der BASS 89/90 (= 5. Ausgabe) in eine höhere als die nunmehr zulässige Vergütungsgruppe eingruppiert wurden, ist der Arbeitsvertrag nicht zum Zwecke der Herabgruppierung zu kündigen.”

Ziff. 10.1 enthält damit eine Besitzstandsklausel. Die Neufassung des Runderlasses soll einen zuvor bestehenden Eingruppierungsanspruch nicht zum Nachteil des Lehrers beseitigen. Dieser Schutz gilt nicht nur für Lehrer, die das beklagte Land freiwillig in eine höhere Vergütungsgruppe eingruppiert hatte. Denselben Anspruch auf Besitzstandswahrung müssen Lehrer haben, deren Höhergruppierung aufgrund eines rechtskräftigen Gerichtsurteils unter Zugrundelegung der älteren Erlasse festgestellt worden ist.

b) Es komme damit darauf an, ob der Kläger nach dem Runderlaß vom 20. November 1981 (GABl NW 1982 S. 7 ff.) in der letzten Fassung der Bekanntmachung der BASS 89/90 (Runderlaß vom 15. Juli 1988 in GABl NW 1988 S. 395 f.) einen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III bzw. II a BAT nach Bewährungsaufstieg hatte. In der bis 1988 noch geltenden Fassung des Runderlasses vom 20. November 1981 heißt es hierzu:

„2. Lehrer an Realschulen

Vergütungsgruppe des BAT

2.2 Lehrer in der Tätigkeit von Realschullehrern mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, die aufgrund ihres Studiums die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern haben und die überwiegend Unterricht in mindestens einem ihrem Studium entsprechenden Fach erteilen

III

nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

II a

(Diese Fallgruppe gilt nicht für Diplom-Dolmetscher und Diplom-Übersetzer und nicht für Lehrer, die die Erste oder Zweite Staatsprüfung für das Lehramt

– an der Grundschule und Hauptschule,

– der Primarstufe,

– der Sekundarstufe I abgelegt haben.)

2.3 Lehrer in der Tätigkeit von Realschullehrern mit Erster Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe I

IV a

…”

aa) Der Kläger ist unstreitig Lehrer an einer Realschule, so daß auf seine Tätigkeit Ziff. 2 des Erlasses Anwendung findet.

bb) Er hat auch im Sinne der Ziff. 2.2 ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule absolviert. Nach Ziff. 9.1 gilt für die Auslegung des Begriffs „abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule” die Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der Anlage 1 a zum BAT.

In der Protokollnotiz heißt es:

„… wissenschaftliche Hochschulen sind Universitäten, technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschulen anerkannt sind.

Abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung liegt vor, wenn das Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung beendet worden ist. …”

Der Kläger hat ein Studium an einer technischen Hochschule mit einer Diplom-Prüfung abgeschlossen.

cc) Der Kläger hat jedoch aufgrund seines Studiums nicht die Fähigkeit zum Unterrichten in mindestens zwei Fächern im Sinne der Ziff. 2.2 des Erlasses erworben, selbst wenn zu seinen Gunsten unterstellt wird, „die Fähigkeit zum Unterrichten” im Sinne der Ziff. 2.2 des Erlasses könne auch außerhalb des Lehrerstudiums erworben werden. Der Kläger stützt sich insoweit auf seine Befähigung zum Unterrichten in den Fächern Physik und Mathematik. Diese habe er durch sein Studium der Elektrotechnik erworben. Welche Anforderungen im einzelnen an die durch das Studium erworbene Fähigkeit zum Unterrichten gestellt werden, kann dahingestellt bleiben, denn der Kläger hat jedenfalls aufgrund des abgeschlossenen Studiums nicht die Fähigkeit zum Unterrichten in zwei Fächern erworben. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, daß damit nicht die erziehungswissenschaftlichen und didaktischen Fähigkeiten im Sinne der Lehramtsprüfung gemeint sind, ist zumindest eine besondere fachliche Befähigung erforderlich, Ansonsten könnte jeder Hochschulabsolvent Unterricht auch in den Fächern erteilen, in denen er nur eine kurze Vorlesung gehört hatte. Die Fähigkeit zum Unterrichten muß nach dem Wortlaut der Ziff. 2.2 in dem entsprechenden Fach aufgrund des abgeschlossenen Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule erworben worden sein. Eine entsprechende Befähigung kann der Kläger im Fach Elektrotechnik nachweisen. In § 42 LPO vom 18. November 1985 in der Fassung vom 20. Dezember 1990 (GVBl NW 1991 S. 42, 51 f.) sind die Fächer bezeichnet, in denen für das Lehramt der Sekundarstufe II Prüfungen abgelegt werden können. Hierzu gehören gemäß § 42 Abs. 2 LPO Mathematik und Physik und nach § 42 Abs. 3 LPO als berufliche Fachrichtung Elektrotechnik (GVBl. NW 1991 S. 42, 51). Die bestandene Diplom-Hauptprüfung des Klägers mit den Einzelprüfungen Elektrotechnik ist als fachliche Befähigung zum Unterricht in diesem Fach ausreichend. Der Kläger hat durch die bestandenen Einzelprüfungen im Bereich der Elektrotechnik den erforderlichen Nachweis erbracht. Die Diplom-Prüfung wird insoweit der Ersten Staatsprüfung gemäß der Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der Anlage 1 a zum BAT gleichgestellt. Das hat das beklagte Land dem Kläger auch mit seiner Anerkennung vom 12. August 1977 bescheinigt.

Der Kläger kann jedoch in keinem weiteren Fach eine entsprechende Befähigung nachweisen. Er hat zwar im Grundstudium Mathematik und Physik studiert, in diesen Fächern jedoch keine Einzelprüfungen im Rahmen der Diplom-Hauptprüfung absolviert. Selbst wenn dies nicht der alleinige Nachweis zur fachlichen Unterrichtsbefähigung in einem Fach sein muß, ist jedoch eine der Lehramtsausbildung vergleichbare wissenschaftliche Ausbildung in diesem Fach zu verlangen.

Nach dem Klammerzusatz in Ziff. 2.2 des Erlasses gilt die Fallgruppe u.a. nicht für Lehrer, die die Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe I abgelegt haben. Diese sind gemäß Ziff. 2.3 nach Vergütungsgruppe IV a (mit Zulage) BAT zu vergüten. Diese Abstufung hat nur dann Sinn, wenn für die Lehrer der Ziff. 2.2 eine fachlich qualifiziertere Ausbildung erforderlich ist. Auch für die Lehramtsprüfung der Sekundarstufe I ist nämlich nach § 37 Abs. 2 der LPO eine Prüfung in zwei Unterrichtsfächern erforderlich. Lehrer ohne Lehramtsprüfung können damit allenfalls dann die Befähigung im sinne der Ziff. 2.2 des Runderlasses nachweisen, wenn ihre Hochschulausbildung in den beiden Unterrichtsfächern dem Abschluß für das Lehramt der Sekundarstufe II vergleichbar ist. Diese Auslegung wird auch durch Ziff. 4.2 des Erlasses bestätigt. Danach wird für Gymnasiallehrer mit abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule dieselbe Unterrichtsbefähigung in zwei Fächern verlangt. Nach dem Klammerzusatz gilt diese Fallgruppe ebenfalls nicht für Lehrer, die die Staatsprüfung für das Lehramt der Sekundarstufe I abgelegt haben, wohl aber für Lehrer mit der Ersten Staatsprüfung der Sekundarstufe II.

Gemäß § 40 Abs. 1 LPO hat das Lehramt für die Sekundarstufe II eine Regelstudiendauer von 8 Semestern. Daran schließt sich die Erste Staatsprüfung an (§ 5 Abs. 1 LPO). Der Kläger hat in den Fächern Physik und Mathematik nur im Rahmen der Diplom-Vorprüfung Teil A und Teil B Prüfungsleistungen erbracht. Nach § 5 der Diplom-Prüfungsordnung der Fakultät für Elektrotechnik der RWTH A. vom 10. Januar 1973 hat sich der Studierende der Vorprüfung Teil A unmittelbar nach dem 2. Semester und der Vorprüfung Teil B unmittelbar nach dem 4. Semester zu unterziehen. Wie sich aus dem vom Kläger vorgelegten Studienplan für das 5. bis 8. Semester ergibt, sind in den Fächern Physik und Mathematik danach keine Veranstaltungen mehr angeboten worden. Zudem hat der Kläger nach dem Studienplan für das 1. bis 4. Semester neben Mathematik und Physik noch andere Fächer studiert, u.a. Elektrotechnik. Eine vergleichbare fachliche Befähigung für den Kläger zum Unterrichten der Fächer Mathematik und Physik ist daher nicht gegeben.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Wißmann, Schneider, Venzlaff, Jansen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1099386

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