Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschäftigungszeit. Übernahme von Aufgaben bzw. Aufgabenbereichen

 

Leitsatz (amtlich)

  • Die Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach Nr. 2b der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O hängt von der Übernahme von Aufgaben bzw. Aufgabenbereichen ab.
  • Maßgebend ist dabei die Aufgabe oder als kleinere organisatorische Einheit ein Aufgabenbereich der Einrichtung und nicht die Fortführung der vom Angestellten ausgeübten Tätigkeit.
  • Die Aufgabe bzw. der Aufgabenbereich bestimmt sich nach den für die Tätigkeit der Einrichtung maßgebenden Rechtsgrundlagen.
  • Ist eine Aufgabe nicht in vollem Umfang, sondern nur ein Aufgabenbereich übernommen worden, können Zeiten einer Tätigkeit des Angestellten nur angerechnet werden, soweit er im übernommenen Bereich beschäftigt war. Es kommt nicht darauf an, ob er diese Tätigkeit weiterhin ausübt.
 

Normenkette

BAT-O § 19; Übergangsvorschriften Nr. 2b

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 06.07.1995; Aktenzeichen 3 Sa 1529/94)

ArbG Dresden (Urteil vom 10.11.1994; Aktenzeichen 9 Ca 98/94)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über anrechnungsfähige Beschäftigungszeiten der Klägerin nach § 19 BAT-O.

Die Klägerin war seit dem 1. Juni 1975 beim Rat des Bezirks Dresden im Bezirksbauamt als “Mitarbeiterin für Energie (Energiebeauftragte)” tätig. Seit dem 1. September 1982 wurde sie als “Hauptenergetiker” des Bezirksbauamtes eingesetzt und war verantwortlich für die Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Kontrolle der rationellen Energieanwendung im Zuständigkeitsbereich des Bezirksbauamtes. Mit Wirkung vom 1. Dezember 1989 wurde ihr die Leitung des “Arbeitsbereichs für Energie und Transport” übertragen.

Nach § 27 Abs. 1 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen in der DDR vom 4. Juli 1985 (GöV; GBl. S. 213) trugen der Bezirkstag und der Rat des Bezirkes die Verantwortung für die Realisierung des Wohnungsbauprogramms in der Einheit von Neubau, Rekonstruktion, Modernisierung und Erhaltung von Wohngebäuden und Gebäuden für gesellschaftliche Zwecke. Auf dieser gesetzlichen Grundlage hatte das Bezirksbauamt die Aufgabe, Wohngebäude und Gebäude für gesellschaftliche Zwecke, wie Schulen, Kulturbauten und Krankenhäuser zu errichten, zu modernisieren und zu erhalten. Die Verantwortung für die Verwirklichung der Wohnungspolitik umfaßte nach § 28 Abs. 1 GöV die Gewährleistung der umfassenden Nutzung und rationellen Bewirtschaftung des gesamten Wohnungsfonds zur Verbesserung der Wohnbedingungen der Bürger.

Im Bereich der Energiewirtschaft legten der Bezirkstag und der Rat des Bezirks nach § 31 GöV im Zusammenwirken mit dem Energiekombinat auf der Grundlage der staatlichen Pläne und zentraler Vorgaben die Maßnahmen zur komplexen energiewirtschaftlichen Entwicklung fest. Im einzelnen galten insoweit die Verordnung über die Energiewirtschaft in der DDR vom 30. Oktober 1980 (Energieverordnung; GBl. S. 321) und deren Durchführungsbestimmungen vom 10. November 1980 (GBl. S. 330).

Nach Auflösung des Rates des Bezirks Dresden wurden die Aufgaben des Bezirksbauamtes von der Bezirksverwaltungsbehörde Dresden, Ressort Baubehörde, wahrgenommen. Die Klägerin wurde mit Änderungsvertrag vom 29. Juni 1990 mit Wirkung zum 1. Juli 1990 als Referentin für Modernisierung und Energieeinsparung weiterbeschäftigt.

Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 31. Januar 1991 wurde der Klägerin ab 1. Januar 1991 vom beklagten Freistaat der Aufgabenbereich “Abwicklung der Bezirksverwaltungsbehörde einschließlich des nachgeordneten Bereiches” übertragen. Seit dem 1. März 1991 wird sie beim Regierungspräsidium im Referat Haushalt eingesetzt.

Im beklagten Freistaat bestimmen sich die Aufgaben der Bauverwaltung im Bereich der Staatshochbauverwaltung nach den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Freistaates Sachsen vom 30. März 1992 (Sächsisches Amtsblatt, Sonderdruck 3/1992, S. 46). Nach Ziffer 3.1. ist die Bauverwaltung verantwortlich für die ordnungsgemäße Erfüllung der im öffentlichen Interesse stehenden Bauaufgaben. Sie beteiligt freiberuflich tätige Architekten und Ingenieure und trägt dabei für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung die Gesamtverantwortung (Ziffer 3.2.).

Für Energiefragen ist im Bereich der Landesvermögens- und Bauabteilung bei der Oberfinanzdirektion Chemnitz das Referat 34, im Bereich des Staatsministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten das Referat 43 und beim Regierungspräsidium in Dresden das Referat 32 zuständig.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 1992 setzte der beklagte Freistaat den Beginn der Beschäftigungszeit der Klägerin auf den 1. Januar 1991 fest. Die Zeit vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 1990 wurde als Beschäftigungszeit mit der Begründung nicht angerechnet, daß die während dieser Zeit von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben vom beklagten Freistaat nicht übernommen worden seien.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung. Hinsichtlich der anrechnungsfähigen Beschäftigungszeiten enthalten § 19 BAT-O und die Übergangsvorschriften dazu, soweit vorliegend von Interesse folgende Regelungen:

§ 19

Beschäftigungszeit

  • Beschäftigungszeit ist die bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des 18. Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist.

  • Übernimmt ein Arbeitgeber eine Dienststelle oder geschlossene Teile einer solchen von einem Arbeitgeber, der von diesem Tarifvertrag erfaßt wird oder diesen oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwendet, so werden die bei der Dienststelle bis zur Übernahme zurückgelegten Zeiten nach Maßgabe des Absatzes 1 als Beschäftigungszeit angerechnet.

Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 1. Januar 1991:

  • Als Übernahme im Sinne des Absatzes 2 gilt auch die Überführung von Einrichtungen nach Artikel 13 des Einigungsvertrages.
  • Ist infolge des Beitritts der DDR der frühere Arbeitgeber weggefallen, ohne das eine Überführung nach Artikel 13 des Einigungsvertrages erfolgt ist, gelten als Beschäftigungszeit nach Maßgabe des Absatzes 1

    • für Angestellte der Länder

      Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit das Land deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat,

Die Klägerin vertritt die Auffassung, als Beschäftigungszeit i.S.v. § 19 BAT-O sei auch die Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 31. Dezember 1990 anzurechnen. Der beklagte Freistaat habe die Aufgaben des früheren Bezirksbauamtes bzw. der Bezirksverwaltungsbehörde, Ressort Baubehörde, ganz oder überwiegend übernommen.

Seit dem Jahre 1975 sei sie mit der Durchführung rationeller Energieanwendung beschäftigt worden. Ihre Aufgabe sei gewesen, dafür zu sorgen, Baumaßnahmen auf der Grundlage der Energieverordnung mit dem rationellsten Energieeinsatz durchzuführen. Hierzu seien Energiekonzepte und Energieprogramme zur Wahl des Energieträgers und zu Maßnahmen der Energieeinsparung auf der Grundlage von Verbrauchsmessungen erarbeitet worden. Diese Aufgaben würden nunmehr zentral von der Oberfinanzdirektion durchgeführt. Diese entwickle Energievorgaben, die vom staatlichen Hochbauamt bei der Verwirklichung einzelner Bauten berücksichtigt würden. Energiefragen seien zudem dem Referat 43 beim Staatsministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Referat 32 beim Regierungspräsidium in Dresden zugewiesen. Insoweit sei eine weitgehende Übereinstimmung mit den früheren Aufgaben vorhanden.

Eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten sei außerdem nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geboten, da die Tätigkeiten anderer Mitarbeiter im ehemaligen Bereich Energie als Beschäftigungszeit anerkannt worden seien.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Zeit vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 1990 als Beschäftigungszeit i.S.v. § 19 BAT-O gilt.

Der beklagte Freistaat hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er vertritt die Auffassung, eine Anrechnung der Tätigkeit der Klägerin bis zum 31. Dezember 1990 als Beschäftigungszeit i.S.v. § 19 BAT-O komme nicht in Betracht. Er habe weder die Aufgabe des Bezirksbauamtes im Ganzen noch die Aufgabe im Bereich Energie des ehemaligen Rates des Bezirkes Dresden übernommen. Die Aufgaben des Bezirksbauamtes seien auch nicht überwiegend übernommen worden. Die Staatshochbauämter seien nicht mehr für Wohngebäude, sondern nur noch für staatliche Gebäude zuständig. Auch im Bereich Energie habe sich die Aufgabenstellung inhaltlich wie strukturell geändert. Insbesondere seien die Aufgaben der Planeinhaltung entfallen.

Für eine Anrechnung der Beschäftigungszeit nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz fehle es schon an der Vergleichbarkeit anderer Mitarbeiter mit der Klägerin.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt der beklagte Freistaat die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Zeit vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 1990 sei als Beschäftigungszeit der Klägerin nach Nr. 2b der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O anzurechnen. Der beklagte Freistaat habe den überwiegenden Aufgabenbereich des Bezirksbauamtes beim Rat des Bezirkes übernommen. Dessen Aufgabe habe darin bestanden, Landesbauten zu errichten, zu modernisieren und zu rekonstruieren. Dies obliege nunmehr der Staatshochbauverwaltung des beklagten Freistaates, die in die Abteilung V des Sächs. Staatsministeriums der Finanzen, die Landesvermögen- und Bauabteilung der Oberfinanzdirektion sowie die Staatshochbauämter gegliedert sei. Entsprechend den sich aus den Richtlinien für die Durchführung von Bauvorhaben des beklagten Freistaates ergebenden Aufgaben sei die Staatshochbauverwaltung für die ordnungsgemäße Erfüllung der im öffentlichen Interesse stehenden baulichen Maßnahmen verantwortlich. Sie trete als Bauherrin auf, beteilige zur Ausführung der Planung freiberuflich tätige Architekten und Ingenieure und übertrage die Bauausführung privaten Bauunternehmen. Daß die Staatshochbauverwaltung des beklagten Freistaates öffentlichen Zwecken dienende Bauten errichte, das Bezirksbauamt beim Rat des Bezirkes jedoch zahlenmäßig vorrangig den Bau von Wohnungen mit einem erhöhten Anteil eigener Kräfte betrieben habe, sei kein das Wesen des Aufgabenbereichs berührender Unterschied. Dieser sei lediglich quantitativ reduziert worden, ohne daß sich das Ziel, nämlich die Errichtung von Staatsbauten, wesentlich geändert habe. Die von der Klägerin beim Bezirksbauamt und danach bei der Bezirksverwaltungsbehörde wahrgenommenen Aufgaben des Energieeinsatzes und der Energieeinsparung anläßlich der Errichtung und des Unterhalts von Staatsbauten sei dem übernommenen Aufgabenbereich nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich zuzuordnen.

II. Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt nicht hinreichend, daß es bei einer Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach Nr. 2b der Übergangsvorschriften auf den Umfang der übernommenen Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche ankommt. Dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen.

1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß Rechtsgrundlage für die Anrechnung der Beschäftigungszeit der Klägerin beim Bezirksbauamt des Rates des Bezirks Dresden vom 1. Juni 1975 bis 30. Juni 1990 und bei der Bezirksverwaltungsbehörde Dresden, Ressort Baubehörde, vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1990 nur Nr. 2b der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O sein kann.

a) Eine Anrechnung als Beschäftigungszeit nach § 19 Abs. 1 BAT-O entfällt, da der Rat des Bezirks Dresden bzw. die Bezirksverwaltungsbehörde nicht mit dem beklagten Freistaat identisch ist. Damit handelt es sich nicht um eine Beschäftigungszeit bei “demselben Arbeitgeber” i.S.v. § 19 Abs. 1 BAT-O. Eine Anrechnung der Beschäftigungszeit nach § 19 Abs. 2 BAT-O kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die früheren Arbeitgeber der Klägerin nicht den BAT-O oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts angewendet haben.

b) Durch die Auflösung des Rates des Bezirks Dresden und die Abwicklung der Bezirksverwaltungsbehörde sind die früheren Arbeitgeber der Klägerin weggefallen, ohne daß eine Überführung nach Art. 13 des Einigungsvertrages erfolgt ist. Deshalb gelten gemäß Nr. 2b der Übergangsvorschriften zu § 19 BAT-O als Beschäftigungszeiten nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 BAT-O für die Klägerin als Angestellte des beklagten Freistaates Zeiten der Tätigkeit bei örtlichen Staatsorganen und ihnen nachgeordneten Einrichtungen, soweit der beklagte Freistaat deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat.

2. Soweit das Landesarbeitsgericht die Anrechnung der früheren Tätigkeit der Klägerin als Beschäftigungszeit damit begründet, der beklagte Freistaat habe die Aufgabe des Bezirksbauamtes des Rates des Bezirks Dresden, Landesbauten zu errichten, zu modernisieren und zu rekonstruieren, überwiegend übernommen, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

a) Die Klägerin war beim Bezirksbauamt des Rates des Bezirks Dresden und damit bei einer nachgeordneten Einrichtung eines örtlichen Staatsorgans tätig. Für die Anwendung der Nr. 2b der Übergangsvorschriften ist somit maßgebend, welche Aufgabe das Bezirksbauamt hatte und ob diese vom beklagten Freistaat übernommen wurde.

Maßgebend für die Beurteilung einer Übernahme ist somit die Aufgabe der Einrichtung und nicht die Fortführung der vom Angestellten arbeitsplatzbezogen auszuübenden Tätigkeit. Die Aufgabe der Einrichtung bestimmt sich dabei nach dem Inhalt und Ziel der Tätigkeit der Einrichtung, wie sie sich aus den für die Tätigkeit maßgebenden Rechtsgrundlagen ergibt (vgl. BAG Urteil vom 29. Februar 1996 – 6 AZR 472/95 – zur Veröffentlichung bestimmt).

Für die Ermittlung der Aufgabe der dem Rat des Bezirks nachgeordneten Einrichtung des Bezirksbauamtes können deshalb die gesetzlichen Vorschriften der §§ 27, 28 GöV herangezogen werden. Daraus ergibt sich die Verantwortung des Bezirksbauamtes für die Realisierung des Wohnungsbauprogramms und die Verwirklichung der Wohnungspolitik in der Einheit von Neubau, Rekonstruktion, Modernisierung und Erhaltung von Wohngebäuden und Gebäuden für gesellschaftliche Zwecke.

Diese Aufgabe ist insgesamt vom beklagten Freistaat nicht übernommen worden. Zwar ist die Staatshochbauverwaltung des beklagten Freistaates für die ordnungsgemäße Erfüllung der im öffentlichen Interesse stehenden Bauaufgaben zuständig. Dazu gehört aber nicht mehr der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für die Tätigkeit des Bezirksbauamtes quantitativ überwiegende Bereich des Wohnungsbaus und der Wohnungspolitik.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts reicht die Fortführung einer allgemeinen Zielsetzung einer früheren staatlichen Einrichtung nicht aus, um eine Übernahme von Aufgaben i.S.v. Nr. 2b der Übergangsvorschriften zu begründen. Zwar hat auch das Bezirksbauamt wie nunmehr die Staatshochbauverwaltung die Verantwortung für alle in ihrem Zuständigkeitsbereich zu erfüllenden Bauaufgaben. Dies allein reicht jedoch nicht aus, den Schluß zu rechtfertigen, daß eine Übernahme von Aufgaben i.S.v. Nr. 2b der Übergangsvorschriften stattgefunden hat. Eine solche liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Aufgaben ihrem Inhalt und Umfang nach im wesentlichen gleichgeblieben sind.

Wesentlicher Bestandteil der Aufgabe des Bezirksbauamtes war nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Verantwortlichkeit für die Realisierung des Wohnungsbauprogramms einschließlich der Verwirklichung der Wohnungspolitik. Diese gehört nicht mehr zur Aufgabe der Bauverwaltung des beklagten Freistaates.

b) Aus dem Umstand, daß das Bezirksbauamt auch die Verantwortung für gesellschaftliche Bauten hatte und diese Aufgabe nunmehr von der Staatshochbauverwaltung wahrgenommen wird, folgert das Landesarbeitsgericht zu Unrecht, die Beschäftigungszeit der Klägerin beim Bezirksbauamt sei nach Nr. 2b der Übergangsvorschriften anzurechnen.

Die Tarifvertragsparteien haben durch die Worte “soweit” und “ganz oder überwiegend” die Fallgestaltungen geregelt, in denen eine Aufgabe vom Land nicht in vollem Umfange, sondern nur eingeschränkt übernommen worden ist (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, ATB (Ang), Stand November 1995, § 19 BAT-O Erl. 6.2). Ist die Aufgabe einer Einrichtung nur teilweise oder als kleinere abgrenzbare Organisationseinheit ein Aufgabenbereich, z.B. ein Ressort, übernommen worden, kann eine Anrechnung als Beschäftigungszeit nur erfolgen, soweit der Angestellte in dem übernommenen Teil bzw. in dem übernommenen Aufgabenbereich tätig war. Hingegen kommt es nicht darauf an, inwieweit er vom Land mit dieser Tätigkeit weiterbeschäftigt wird.

Danach käme eine Anrechnung der Tätigkeit der Klägerin beim Bezirksbauamt nur dann in Betracht, wenn sich diese überwiegend auf den Bereich der Bauten zu gesellschaftlichen Zwecken bezogen hätte, da nur dieser Teil der Aufgabe des Bezirksbauamtes bzw. dieser Aufgabenbereich von der Staatshochbauverwaltung des beklagten Freistaates übernommen wurde.

Insoweit fehlt es allerdings an einem entsprechenden Sachvortrag der Klägerin und an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Allein mit der Begründung, der beklagte Freistaat habe die Aufgabe, staatliche Bauten zu errichten, vom Bezirksbauamt übernommen, kann der Klage nicht stattgegeben werden. Der Senat kann in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden, so daß es der Zurückverweisung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung bedarf.

3. Ob der Aufgabenbereich “Energie”, in dem die Klägerin in der Zeit vom 1. Juni 1975 bis 30. Juni 1990 beim Bezirksbauamt tätig war, vom beklagten Freistaat übernommen worden ist, bedarf ggf. auch weiterer tatsächlicher Feststellungen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Aufgaben im Bereich des Energieeinsatzes und der Energieeinsparung der Errichtung von Staatsbauten zugeordnet und deshalb eine Übernahme durch den beklagten Freistaat angenommen. Da dies allein zur Anrechnung der Beschäftigungszeit der Klägerin nicht ausreicht, bedarf es weiterer Feststellungen zum Sachvortrag der Klägerin.

Die Aufgabe des Rates des Bezirkes und der ihm nachgeordneten Einrichtung des Bezirksbauamtes hinsichtlich des Energieeinsatzes und der Energieeinsparung beruht auf § 31 GöV i.V.m. der Energieverordnung und ihren Durchführungsbestimmungen. Es handelt sich damit um einen Aufgabenbereich i.S. Nr. 2b der Übergangsvorschriften, dessen Übernahme durch den beklagten Freistaat selbständig, unabhängig von den übrigen Aufgaben des Bezirksbauamtes, in Betracht kommt.

Insoweit hat die Klägerin vorgetragen, dieser Aufgabenbereich werde nunmehr von verschiedenen Stellen der Landesverwaltung des beklagten Freistaates wie dem Staatsministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Referat 43, der Oberfinanzdirektion, Referat 34, und dem Regierungspräsidium in Dresden, Referat 32, wahrgenommen.

Damit hat die Klägerin die Übernahme dieses Aufgabenbereichs durch den beklagten Freistaat schlüssig dargelegt. Wird eine Aufgabe bzw. ein Aufgabenbereich vom Land übernommen, aber organisatorisch auf verschiedene Behörden verteilt, so steht dies der Annahme einer Übernahme der Aufgabe bzw. des Aufgabenbereichs im Tarifsinne nicht entgegen. Dies folgt insbesondere daraus, daß nach den tariflichen Bestimmungen für die Anrechnung als Beschäftigungszeit nicht erforderlich ist, daß der Angestellte weiterhin mit der übernommenen Aufgabe oder im übernommenen Aufgabenbereich beschäftigt wird.

Da der beklagte Freistaat demgegenüber behauptet, auch insoweit habe sich die Aufgabenstellung inhaltlich und strukturell verändert, bedarf es dazu weiterer Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.

b) Eine Entscheidung in der Sache war auch nicht für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1990, in der die Klägerin bei der Bezirksverwaltungsbehörde Dresden tätig war, möglich. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt wurde, wurden insoweit nur die Aufgaben des früheren Bezirksbauamtes übergangsweise fortgeführt. Damit hängt die Entscheidung über diesen Zeitraum von den Feststellungen zur Übernahme dieser Aufgaben durch den beklagten Freistaat ab.

c) Die Klage ist nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz begründet. Insoweit fehlt es an hinreichendem Sachvortrag der Klägerin zur Anerkennung von Beschäftigungszeiten durch den beklagten Freistaat bei vergleichbaren Angestellten.

III. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden haben.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Soltau, Augat

 

Fundstellen

Haufe-Index 872487

BAGE, 334

BB 1996, 1512

NZA 1997, 388

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