Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Erzieherin in der Tätigkeit einer Unterstufenlehrerin an einer allgemeinbildenden Schule nach BAT-O

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zu BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 97/95 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen

 

Normenkette

BAT-O § 11 S. 2; BAT-O SR l I Nr. 3a; 2. BesÜV vom 21. Juni 1991

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 30.12.1994; Aktenzeichen 6 Sa 407/93)

ArbG Chemnitz (Urteil vom 06.10.1993; Aktenzeichen 13 Ca 2029/93)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 30. Dezember 1994 – 6 Sa 407/93 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen einer Leistungsklage über Vergütungsdifferenzen für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1992 zwischen VergGr. IV b und VergGr. IV a BAT-O.

Die am 16. November 1935 geborene Klägerin erhielt am 5. Juli 1952 das Abgangszeugnis der Oberschule Flauen (10. Klasse). Sie besuchte in der Zeit vom 22. September 1952 bis 27. Juni 1953 das Institut für Lehrerbildung (Heimerzieher) Leipzig. Sie legte „die Prüfung zum Abschluß der Grundausbildung” ab und erwarb „damit die Befähigung zur Einstellung als Erzieher in Heimen und Horten”. Ab 1. September 1953 arbeitete sie als Erzieherin. In der Zeit vom 1. September 1954 bis 12. April 1957 nahm sie am „Fernstudium für Erzieher in Heimen und Horten” am Institut für Lehrerbildung Waldenburg teil und bestand am 12. April 1957 die staatliche Abschlußprüfung. Sie erwarb damit die Befähigung zur Arbeit als Erzieherin in Heimen und Horten und die Lehrbefähigung für die Unterstufe der allgemeinbildenden Schulen. Sie war weiter als Erzieherin tätig, ab 1. Februar 1958 als Hortleiterin. Seit dem 1. September 1959 wirkte sie als Unterstufenlehrerin in allen Fächern in einer Grundschule, zuletzt an der R. schule in Plauen. Die tarifgebundenen Parteien schlossen den „Änderungsvertrag für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis” vom 1. Juli 1991/11. September 1991 „mit Wirkung vom 1. Juli 1991”.

In ihm heißt es u.a.:

㤠1

Alle bisherigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom … einschließlich erfolgter Änderungen verlieren ihre Gültigkeit und werden durch die Regelungen des BAT-O ersetzt. Dies gilt insbesondere für die Zuordnung zu einer Gehaltsgruppe, für die Zahlung von Zulagen, Zuschlägen etc. Die Regelungen des Einigungsvertrages gelten uneingeschränkt weiter.

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

§ 3

Für die Eingruppierung gilt der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1 a nicht erfaßten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung.

Danach ist die Angestellte in der VergGr. IV b eingruppiert.

§ 4

Frau M. wird als vollbeschäftigte Angestellte weiterbeschäftigt.

§ 5

…”

Zum 31. Dezember 1992 schied die Klägerin aus dem Dienst des beklagten Freistaats durch Aufhebungsvertrag aus. Der beklagte Freistaat hatte zu diesem Zeitpunkt für Lehrer noch keine Stellen nach VergGr. IV a oder Besoldungsgruppe A 11 geschaffen.

Die Klägerin begehrte mit Schreiben vom 5. November 1992 erfolglos Vergütung nach der VergGr. IV a BAT-O ab 1. Dezember 1991. Mit der am 8. März 1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin weiter das Ziel, Vergütung nach der VergGr. IV a BAT-O ab 1. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1992 zu erhalten. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. IV a BAT-O. Diese entspreche der Besoldungsgruppe A 11, die in der 2. BesÜV vom 21. Juni 1991 für die Besoldung entsprechender beamteter Lehrer vorgeschrieben sei. Wegen dieser im BAT-O enthaltenen abschließenden Regelung kämen die TdL-Richtlinien nicht in Betracht, soweit diese zu ihren Lasten von den tariflichen Regelungen abwichen. Der beklagte Freistaat könne nicht nach seinem Ermessen den Zeitpunkt für eine Beförderung festlegen, indem er die Einrichtung von Planstellen, die Verbeamtung von Lehrern unterlasse und keine Beurteilungsrichtlinien für angestellte Lehrer für die Beförderung schaffe.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

den beklagten Freistaat zu verurteilen, an die Klägerin 5.647,80 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 31. März 1993 zu zahlen.

Der beklagte Freistaat hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei zutreffend in die VergGr. IV b BAT-O eingruppiert. Für ihre Eingruppierung seien die TdL-Richtlinien maßgebend. Selbst wenn die 2. BesÜV anwendbar sei, könne die Klägerin nur verlangen, entsprechend den für vergleichbare beamtete Lehrkräfte geltenden Vorschriften behandelt zu werden. Bis zur Schaffung von Beförderungsstellen für Lehrer für untere Klassen mit VergGr. IV a BAT-O bestehe kein Anspruch auf eine Eingruppierung in die VergGr. IV a BAT-O; die entsprechenden Planstellen seien eben nicht vorhanden. Zudem seien nach zu erarbeitenden Beurteilungsrichtlinien für die dann vorhandenen Planstellen für alle Bewerber unter Berücksichtigung des Bestenprinzips zu entscheiden, wer in die VergGr. IV a BAT-O eingruppiert werde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Freistaats das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Antrag weiter. Der beklagte Freistaat beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT-O für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1992.

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin erfülle neben den fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 10 als Eingangsamt auch die der Besoldungsgruppe A 11 als Aufstiegsamt. Allerdings sei die Klägerin nicht schon deshalb in der von ihr begehrten Vergütungsgruppe IV a BAT-O eingruppiert, weil sie die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für eine Anstellung in der Besoldungsgruppe A 11 erfülle. Denn nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungs-TV Nr. 1 sei darüber hinaus erforderlich, daß sie in diese Besoldungsgruppe tatsächlich eingestuft worden wäre, soweit sie der beklagte Freistaat in ein Beamtenverhältnis übernommen hätte. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage wegen der zu erwartenden landesrechtlichen Besoldungsvorschrift, die bis zum 1. Juli 1995 vorliegen müsse, als zur Zeit unbegründet angesehen. Es hat die Auffassung vertreten, es sei zu erwarten, daß bei der Beförderung oder bei der ausnahmsweisen Einstellung im Beförderungsamt bisherige Leistungen und Vorbildungen besonders berücksichtigt würden und deswegen geboten, die landesrechtliche Besoldungsvorschrift abzuwarten, die bis 1. Juli 1995 vorliegen müsse.

Dem vermag der Senat sich nicht anzuschließen.

II. Die Klägerin erfüllt schon die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10 nicht.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst und damit der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Damit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits zunächst auf die folgenden Bestimmungen an:

a) § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991

„…

3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen,

beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde …”

b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l I BAT-O)

„Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).

Protokollnotiz:

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

Nr. 3 a

Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung –

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben. Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

…”

c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345)

㤠7 Besoldungsordnungen

(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. Nimmt ein Beamter die Funktion des Leiters einer Schule oder des ständigen Vertreters des Leiters einer Schule wahr, erhält er für die Dauer der Wahrnehmung eine Zulage. Die Zulage wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt für seine Besoldungsgruppe und dem Grundgehalt für die Besoldungsgruppe gewährt, der das höherwertige Amt zugeordnet ist. Die Zulage gehört unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen.

Anlage 1

Besoldungsgruppe A 10

Lehrer 1), 2), 3)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

1) mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.

2) Als Eingangsamt.

3) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 11.

Besoldungsgruppe A 11

Lehrer 1), 2)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

Lehrer 1), 3), 4), 5)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

1) mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.

2) In diese Besoldungsgruppe können nur Lehrer eingestuft werden, die nach Abschluß der Fachschulausbildung eine achtjährige Lehrtätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 10 verbracht haben.

3) Als Eingangsamt.

4) In dieses Amt können nur Lehrer eingestuft werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrates der DDR vom 18. September 1990 (GBl I Nr. 63 S. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.

5) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 12.

…”

d) In den auf § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 gestützten Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), der nicht von der Anlage 1 a BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 (TdL-Richtlinien), gültig ab 1. Juli 1991, heißt es:

„E Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis:

Die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sind nach den nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen auf Lehrbefähigungen abgestellt wird, entscheiden die Länder darüber, ob eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung als solche im Sinne dieses Abschnitts anerkannt werden kann.

a) Allgemeinbildende Schulen

Vergütungsgruppe IV b

1. …

2. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht in den Klassen 1 bis 4 3) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen.

3. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen 4)

4. Angestellte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung als Erzieher. Kindergärtnerin, Hortnerin, Kinderdiakon oder mit erfolgreich abgeschlossener entsprechender Ausbildung und mit einer mindestens zweijährigen sonderpädagogischen Zusatzausbildung

in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen

Vergütungsgruppe IV a

1. …

2. …

3. …

4. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen und erfolgreich abgeschlossenem ergänzendem Studium 1), die Unterricht in den Klassen 1–4 3) an einer allgemeinbildenden Schule erteilen

5. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen und einem für das Lehramt geeigneten wissenschaftlichen Hochschulstudium von mindestens zwei Studienjahren, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen

1) In diese Vergütungsgruppe können nur Lehrer eingruppiert werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrats der DDR vom 18. September 1990 (GBl I Nr. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.

3) Hierunter fallen auch Lehrer, die bei entsprechender organisatorischer Zusammenfassung der Klassen 1 bis 6 in diesen Klassen Unterricht erteilen.

4) Hierunter fallen auch Lehrer mit mindestens zweijähriger sonderpädagogischer Ausbildung mit dem Abschluß „Diplomlehrer für Hilfsschulen”.”

In der Fassung der von der 1./92 Mitgliederversammlung der TdL am 23. Januar 1992 beschlossenen Änderungen, gültig ab 1. Januar 1992, haben sich insoweit Änderungen nicht ergeben.

2. Damit findet u.a. auch der Änderungs-TV Nr. 1 zum BAT-O Anwendung, der in § 2 Nr. 3 Satz 1 für die Eingruppierung der Lehrkräfte auf die für beamtete Lehrkräfte geltenden Besoldungsvorschriften, ggf. auf die TdL-Richtlinien verweist.

Nr. 3 a Abs. 1 SR 2 l I BAT-O steht nicht entgegen.

a) Beide Bestimmungen sind im Änderungs-TV Nr. 1 vom 8. Mai 1991 enthalten. Die Einfügung der Nr. 3 a in die SR 2 l I findet sich unter § 1 „Änderung des BAT-O” Nr. 40 (GMBl 1991 S. 598 ≪618≫). In § 2 Nr. 3 steht unter der Überschrift „Übernahme der Vergütungsordnung des BAT” u.a., daß die Anlage 1 a, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden ist, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen. Diese sind – ggf. nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in der der Angestellte eingestuft wäre, stünde er im Beamtenverhältnis.

Am 8. Mai 1991 wurden sowohl der BAT-O um die noch fehlenden vergütungsrelevanten Vorschriften ergänzt als auch sämtliche anderen Tarifverträge neu vereinbart. Die Vergütungen der Angestellten in den neuen Bundesländern betrugen danach bis zu 60 % der im Gebiet der alten Bundesrepublik bezahlten Gehälter. Allerdings wurden die früher zurückgelegten Dienstzeiten ausdrücklich nicht berücksichtigt. Gleichzeitig traten die jeweils anzuwendenden Rahmenkollektivverträge mit dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen außer Kraft.

b) SR 2 l I Nr. 3 a und § 2 Nr. 3 Änderungs-TV Nr. 1 sagen im Ergebnis nichts Unterschiedliches aus. SR 2 l I Nr. 3 a sieht vor, daß, soweit in der 2. BesÜV Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkräfte auf der Grundlage der 2. BesÜV arbeitsvertraglich zu regeln ist. Bei einer arbeitsvertraglichen Regelung ist der Arbeitgeber gehalten, die TdL-Richtlinien anzuwenden. Er ist an sie gebunden, gehört er der Tarifgemeinschaft an. Er darf deswegen eine andere, insbesondere eine höhere Vergütung nicht anbieten. In die SR 2 l I war zur Klarstellung ein Hinweis einzufügen, daß die Verweisung auf die 2. BesÜV nicht ausreicht. Es war deutlich geworden, daß das Besoldungsrecht nur unzureichend der Vielfalt von Ausbildungsgängen und ausgeübten Tätigkeiten Rechnung trug. Deshalb bestand ein Konkretisierungsbedarf. Diese Konkretisierung sollte einzelvertraglich erfolgen. Sie konnte nur nach den Richtlinien durchgeführt werden, an die die Arbeitgeber als Mitglieder der TdL gebunden sind. Es ist also von einem Parellelverständnis beider Bestimmungen des Änderungs-TV Nr. 1 auszugehen. Dementsprechend hat der Senat stets die Vorschrift des § 2 Nr. 3 des Änderungs-TV Nr. 1 als maßgeblich zitiert. Mit ihr ist klargestellt worden, daß die 2. BesÜV und ggf. die TdL-Richtlinien gelten, und zwar für alle Angestellten, auf die nicht die Anlage 1 a zum BAT-O anzuwenden ist, also auch für sämtliche Lehrkräfte.

c) Die in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungs-TV Nr. 1 zum BAT-O enthaltene Verweisung auf die für beamtete Lehrer geltenden Besoldungsvorschriften begründet keinen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT-O für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1992.

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10 und der Besoldungsgruppe A 11 schon deswegen nicht, weil sie nicht Lehrerin im Sinne der 2. BesÜV ist.

Die Klägerin ist nicht Lehrerin, sondern Erzieherin in Heimen und Horten. Das Recht der damaligen DDR unterschied zwischen Lehrern, Erziehern in Heimen und Horten und Pionierleitern (Verordnung über die Neuregelung der Ausbildung der Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen, der Pionierleiter, der Kindergärtnerinnen und der Erzieher in Heimen und Horten vom 15. Mai 1953, GBl DDR S. 728 f., §§ 1–4, 7, 9). Die Lehrer verfügen über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung. Die Erzieher in Heimen und Horten haben zwar auch eine Fachschulausbildung. Im Vordergrund stand aber nicht die pädagogische Ausbildung zum Lehrer. Im ersten und zweiten Ausbildungsjahr waren die Lehrpläne für die Ausbildung der Lehrer für die Unterstufe (Klassen 1 bis 4), der Pionierleiter mit Lehrbefähigung für die Unterstufe und der Erzieher für Heime und Horte mit Lehrbefähigung für die Unterstufe gleich. Die Differenzierung nach Lehrern für die Unterstufe, Pionierleitern und Erziehern für Heime und Horte erfolgte im dritten oder vierten Ausbildungsjahr (Schulpraktikum) (Wendt, Die Entwicklung der Lehrerbildung in der Sowjetischen Besatzungszone seit 1945, Bonn 1957, S. 33). Die Ausbildung der Lehrer für die Unterstufe der allgemeinbildenden Schulen schloß mit der staatlichen Abschlußprüfung ab, durch die die Lehrbefähigung für den Unterricht in der Unterstufe der allgemeinbildenden Schulen erworben wurde (§ 1 Abs. 4 VO vom 15. Mai 1953, a.a.O.). Die Ausbildung der Pionierleiter schloß mit der staatlichen Abschlußprüfung ab, durch die die Befähigung zur Arbeit als Pionierleiter und die Lehrbefähigung für den Unterricht in der Unterstufe der allgemeinbildenden Schulen erworben wurde (§ 7 Abs. 4 VO vom 15. Mai 1953, a.a.O.). Die Ausbildung der Erzieher in Heimen und Horten schloß mit der staatlichen Abschlußprüfung ab, durch die die Befähigung zur Arbeit als Erzieher in Heimen und Horten und die Lehrbefähigung für den Unterricht in der Unterstufe der allgemeinbildenden Schulen erworben wurde (§ 9 VO vom 15. Mai 1953, a.a.O.). Das zeigt deutlich, daß – bei gleich langer Ausbildung, nämlich vier Jahre – bei der Ausbildung der Erzieher in Heimen und Horten nicht die pädagogische Ausbildung zum Lehrer, sondern vorrangig die pädagogische Ausbildung zum Erzieher im Rahmen des allgemeinen pädagogischen Erziehungsziels, das auch für Heime und Horte galt, vermittelt wurde. Daß die Erzieher zumindest nach einigen Dienstjahren in Heimen und Horten entsprechend ihrer zugleich erworbenen Lehrbefähigung als Unterstufenlehrer eingesetzt wurden, ändert daran nichts.

Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob das dreijährige Fernstudium, an dem die Klägerin entsprechend § 1 der Vierten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Neuregelung der Ausbildung der Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen, der Pionierleiter, der Kindergärtnerinnen und der Erzieher in Heimen und Horten vom 30. April 1954 (GBl DDR S. 487) in Verbindung mit § 1 Abs. 2 a der Achten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Neuregelung der Ausbildung der Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen, der Pionierleiter, der Kindergärtnerinnen und der Erzieher in Heimen und Horten vom 5. März 1956 (GBl DDR I S. 315), die das Fernstudium und seine Dauer aufgrund der Ermächtigung in § 11 der Verordnung vom 15. Mai 1953 regeln, hinsichtlich seiner Gewichtung dem nach der Verordnung vom 15. Mai 1953 vorgesehenen Direktstudium von vier Jahren gleichsteht. Nach einer Äußerung des BMI vom 24. März 1995 zur 2. BesÜV betreffend die Einstufung der Lehrer an Sonderschulen – D II 2 – 221, 731/3 – soll bei einem Fernstudium die doppelte Zeit Voraussetzung sein. Denkbar wäre auch eine individuelle Betrachtung je nach bereits vorhandener Qualifikationen.

Erzieher waren den Lehrern für die Unterstufe der allgemeinbildenden Schulen trotz gleich lautender Lehrbefähigungen nicht gleichgestellt. Das ergibt sich daraus, daß Horterzieher mit abgeschlossener Ausbildung als Lehrer der Unterstufe, die eine Hortgruppe leiten, erst mit Verordnung vom 1. Juni 1956 (GBl DDR I S. 513) den Lehrkräften gleichgestellt wurden. Denn diese Verordnung sieht vor, daß sie ab 1. Juni 1956 nach der Verordnung vom 19. Dezember 1952 (GBl DDR S. 1359 ff.) über die Vergütung der Tätigkeit der Lehrkräfte und der Pionierleiter an allgemeinbildenden Schulen … vergütet werden. Entsprechendes galt ab 1. Juni 1956 für Heimerzieher, wenn sie eine abgeschlossene Ausbildung als Lehrer der Unterstufe haben: Auch sie wurden nach den Bestimmungen der Verordnung vom 19. Dezember 1952 vergütet (Verordnung vom 1. Juni 1956 zur Änderung der Verordnung über die Vergütung der Tätigkeit der Heimerzieherkräfte, GBl DDR I S. 513). Auch Erzieher in Jugendwerkhöfen und Jugendwohnheimen, die die Lehrerprüfung abgelegt haben, wurden ab 1. Juni 1956 wie Lehrer bezahlt (§ 1 Abs. 5 der Verordnung vom 1. Juni 1956 über die Vergütung der Erzieher in Lehrlingswohnheimen, Jugendwohnheimen und Jugendwerkhöfen, GBl DDR I S. 514).

d) Erzieher können nicht den Lehrern in Besoldungsgruppe A 10 oder A 11 gleichgestellt werden. Das Beamtenrecht ist insoweit einer Analogie nicht fähig. Eine Analogie in Form der Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine Regelungslücke vorliegt. Davon kann keine Rede sein. Wenn die kraft Verweisung geltende 2. BesÜV einen bestimmten Fall nicht regelt, wird die Lücke durch die TdL-Richtlinien geschlossen.

a) § 2 Nr. 3 Satz 2 des 1. Änderungs-TV zum BAT-O enthält durch die Verweisung auf die 2. BesÜV eine zwingende materielle Eingruppierungsregelung, die in den von der 2. BesÜV unmittelbar erfaßten Fällen abschließend ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ergibt sich aus dem Zusatz „nach näherer Maßgabe”, daß wegen der Unvollständigkeit der für Beamte geltenden Regelung die Richtlinien diese Regelung ergänzen (Urteile des Senats vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O; vom 28. September 1994 – 4 AZR 717/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Da die Klägerin nicht nach Anlage 1 zu § 7 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV in Besoldungsgruppe A 10/A 11 eingruppiert ist, sind die TdL-Richtlinien heranzuziehen.

b) Auch unter Zugrundelegung der TdL-Richtlinien ist ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT-O für den von ihr geltend gemachten Zeitraum nicht gegeben.

Nach Abschnitt E der TdL-Richtlinien sind die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis nach den „nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren”. Unter die Fallgruppen der Vergütungsgruppe IV a der TdL-Richtlinien fällt die Klägerin nicht.

Die allein in Frage kommenden Fallgruppen 4 und 5 der Vergütungsgruppe IV a sind nicht gegeben. Unter die Fallgruppe 4 fällt die Klägerin nicht, weil sie nicht das ergänzende Studium im Sinne der Fußnote 1 zur Fallgruppe 4 der Vergütungsgruppe IV a aufweist. Unter die Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppe IV a fällt die Klägerin nicht, weil sie keinen Unterricht an einer Sonderschule erteilt hat. Im Übrigen verwenden die TdL-Richtlinien den Begriff des Lehrers in demselben Sinne wie die 2. BesÜV. Das hat der Senat im einzelnen in den Urteilen vom 26. April 1995 – 4 AZR 905/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen und – 4 AZR 145/94 –, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen, begründet. Darauf nimmt der Senat Bezug.

Damit ist ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT-O für den von ihr geltend gemachten Zeitraum nicht gegeben.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Friedrich, Fieberg, Schamann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1086590

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge