Orientierungssatz

(Befristung zur Vertretung einer beurlaubten Lehrkraft) Für die Anerkennung eines Vertretungsfalles als Befristungsgrund ist nur erforderlich, daß durch den zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters ein als vorübergehend anzusehender Bedarf an der Beschäftigung eines Arbeitnehmers entsteht und daß dieser Arbeitnehmer gerade wegen diesem Bedarf eingestellt wird. Unerheblich ist, ob und gegebenenfalls in welche Weise der Arbeitgeber anläßlich dieser Einstellung eine Umverteilung der Aufgaben vornimmt.

 

Normenkette

BGB § 620 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 18.12.1984; Aktenzeichen 14 Sa 111/84)

ArbG Hannover (Entscheidung vom 05.04.1984; Aktenzeichen 7 Ca 521/83)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Lehrerin für Grund- und Hauptschulen mit den Fächern Deutsch und Kunst. Seit August 1981 ist sie aufgrund folgender Arbeitsverträge jeweils mit 18 Wochenstunden und einer Eingruppierung in die VergGr. III BAT an der Orientierungsstufe Petristraße in Hannover beschäftigt worden:

1. Vertrag vom 4./13. August 1981:

Vertretung für die Lehrerin W vom

13. August 1981 bis 4. April 1982 für die Dauer der

Mutterschutzfrist und des Mutterschutzurlaubs der

Vertretenen.

2. Vertrag vom 31. März/22. April 1982:

Vertretung für die Lehrerin B vom 24. April bis

9. Dezember 1982 für die Dauer der Mutterschutzfrist

und des Mutterschaftsurlaubs der Vertretenen.

3. Vertrag vom 16./29. Dezember 1982:

Krankheitsvertretung für die Lehrerin B vom

10. Dezember 1982 bis 31. Januar 1983, längstens bis

zum Dienstantritt der Vertretenen, der am 24. Januar

1983 erfolgte; im Anschreiben des beklagten Landes zu

dem Vertrag heißt es, daß die Lehrkraft B

voraussichtlich bis zum 31. Januar 1983 ausfallen

werde.

4. Vertrag vom 7./10. Februar 1983:

Krankheitsvertretung für die Lehrerin W

vom 2. Februar bis 30. April 1983, längstens bis zum

Dienstantritt der zu vertretenden Lehrkraft oder deren

Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis; im An-

schreiben des beklagten Landes heißt es, daß die

Lehrerin W voraussichtlich bis zum

30. April 1983 ausfallen werde.

5. Vertrag vom 28. April/6. Mai 1983:

Weitere Vertretung für die Lehrkraft W

für die Dauer von deren Mutterschaftsurlaubs vom

1. Mai bis 14. Oktober 1983.

6. Vertrag vom 17./18. Oktober 1983:

Weitere Vertretung für die gemäß § 87 a NBG beur-

laubte Lehrkraft W vom 14. Oktober 1983

"für die Dauer der Beurlaubung gemäß § 87 a NBG", vor-

läufig bis 31. Juli 1984, längstens bis zum Dienst-

antritt der zu vertretenden Lehrkraft; ferner heißt es

in dem Vertrag: "Sollte die Beurlaubung über den o. g.

Zeitpunkt weiter andauern, erhalten Sie Nachricht."

In dem Anschreiben zu diesem Vertrag teilte das beklag-

te Land der Klägerin mit, daß die Lehrkraft W

noch bis zum 31. Juli 1984 weiter ausfallen

werde. Zu diesem Zeitpunkt war die Lehrkraft W

gemäß § 87 a NBG bis zum 31. Juli 1984 antrags-

gemäß beurlaubt.

Im Zusammenhang mit dem Abschluß des sechsten Vertra-

ges vom 17./18. Oktober 1983 hat das beklagte Land den

Lehrer-Bezirkspersonalrat nicht beteiligt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, jedenfalls die Befristung der Verträge drei bis sechs sei sachlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere sei der sechste Vertrag aufgrund der unklaren Formulierungen als Zweckbefristung für die Dauer der Beurlaubung der Lehrkraft W zu bewerten, deren Dauer für die Klägerin weder absehbar gewesen sei noch insgesamt in überschaubarer Zeit gelegen habe. Eine Unwirksamkeit der Befristung ergebe sich ferner aus der fehlenden Beteiligung der Personalvertretung. Es komme hinzu, daß die Vielzahl der befristeten Verträge für eine Beschäftigung als Daueraushilfe spreche, die ebenfalls nicht zulässig sei.

Mit ihrer am 4. November 1983 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien ein

unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer wö-

chentlichen Verpflichtung von 18 Unterrichts-

stunden bestehe.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat im wesentlichen vorgetragen, die abgeschlossenen befristeten Verträge seien jeweils als konkrete Vertretungsbeschäftigung der Klägerin sachlich gerechtfertigt. Der sechste Vertrag sei als zeitlich befristeter Vertrag bis zum 31. Juli 1984 anzusehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Während der Dauer des Berufungsverfahrens schlossen die Parteien am 30. Juli/27. August 1984 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag, demzufolge die Klägerin für die Zeit vom 1. August 1984 bis 31. Juli 1985 zur Vertretung der beurlaubten Lehrkraft W als Aushilfsangestellte weiterzubeschäftigen war.

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 1984 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Denn das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Ersturteil vom 5. April 1984 zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen, zwischen den Parteien habe im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (18. Dezember 1984) nicht - wie die Klägerin festgestellt wissen will - ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, sondern lediglich ein bis zum 31. Juli 1985 befristetes Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des siebten Arbeitsvertrags vom 30. Juli/27. August 1984 bestanden.

I. Das Begehren der Klägerin auf Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses läßt sich nicht auf den siebten Arbeitsvertrag vom 30. Juli/27. August 1984 stützen, denn die Befristung dieses Vertrages zum 31. Juli 1985 ist rechtswirksam.

1. Dieser Arbeitsvertrag hat folgenden Wortlaut:

"§ 1

Frau K wird ab 01.08.1984

- frühestens vom Tage des Dienstantritts - bei

der Bezirksregierung Hannover für die Dauer der

Beurlaubung der Lehrkraft Frau W ,

, bis zum 31.07.1985 als Lehrkraft im An-

gestelltenverhältnis (Aushilfsangestellter) wei-

terbeschäftigt.

Der Unterricht ist überwiegend in den Fächern zu

erteilen, den auch die vertretene Lehrkraft hätte

erteilen müssen, wenn sie im Dienst gewesen wäre.

Die Eingruppierung erfolgt in die Vergütungsgruppe

III BAT.

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-

Angestellten-Tarifvertrag (BAT) vom 23.02.61 und

den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträ-

gen sowie den Eingruppierungserlassen des Nieder-

sächsischen Kultusministers in der jeweils gelten-

den Fassung.

§ 3

Die Zahl der regelmäßig zu erteilenden Unterrichts-

stunden beträgt wöchentlich 18 Stunden.

§ 4

Nebenabreden:

D. Angestellte verpflichtet sich, überzahlte Ver-

gütungen zurückzuzahlen."

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung dieses Vertrages für rechtswirksam gehalten. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Vertrag sei als befristeter Vertretungsvertrag für die noch bis zum 31. Juli 1985 gemäß § 87 a NBG beurlaubte Lehrkraft W rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vertretung einer beurlaubten Lehrkraft sei als sachlicher Befristungsgrund anzusehen, wobei eine Befristung bis zum Ablauf der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausgesprochenen Beurlaubung gleichfalls nicht zu beanstanden sei. Auch der Gesichtspunkt der Abordnung der Klägerin für die Dauer des siebten Vertrages an die F schule rechtfertige keine andere Beurteilung. Einmal trage das beklagte Land insoweit unbestritten vor, daß diese Abordnung wegen der entsprechenden Personalsituation an den beiden Schulen erforderlich gewesen sei und hiervon auch die Lehrkraft W betroffen gewesen wäre, wenn sie nicht beurlaubt gewesen wäre. Ferner sei zu berücksichtigen, daß es bei der Übertragung der befristeten Anstellung von Aushilfslehrkräften auf die Bezirksregierung nicht erforderlich sei, in jedem Einzelfall einen auch nur mittelbaren Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des vertretenen Lehrers und der Vertretungskraft herzustellen, sondern daß insoweit ein Abschluß der befristeten Verträge nach dem Gesamtbedarf im Regierungsbezirk für ein Schuljahr als ausreichende sachliche Rechtfertigung für die Befristung der Vertretungsverträge erscheine und eine Beschäftigung des Vertreters an der Schule, an der der Vertretungsfall eingetreten ist, nicht erforderlich sei.

3. Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand. Sachlicher Grund für die Befristung des siebten Arbeitsvertrages war, daß die Klägerin für die nach § 87 a NBG bis zum 31. Juli 1985 beurlaubte Lehrkraft W weiterbeschäftigt wurde. Ein derartiger Vertretungsfall rechtfertigt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Befristung des Arbeitsvertrages (vgl. z.B. BAG 42, 203, 207 f. = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe, m.w.N.). Dabei ist rechtlich unerheblich, daß die Klägerin aufgrund der erfolgten Abordnung an der F schule Hannover eingesetzt wurde. Eine aus Zweckmäßigkeitserwägungen gestaffelte und mehrschichtige Vertretungsregelung ist für die Wirksamkeit der Befristung unschädlich und im Schulbereich durchaus üblich (vgl. z.B. BAG 42, 203, aaO; unveröffentlichtes Senatsurteil vom 10. April 1985 - 7 AZR 136/84 - zu II 2 c der Gründe). Die von der Klägerin geforderte "Kongruenz" mit der Unterrichtsverpflichtung der von ihr vertretenen Lehrkraft braucht nicht zu bestehen. Der Senat hat bereits in dem auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmten Urteil vom 8. Mai 1985 (- 7 AZR 191/84 - EzA § 620 BGB Nr. 76, zu I 2 b der Gründe) klargestellt, daß für die Anerkennung eines Vertretungsfalles als Befristungsgrund nur erforderlich ist, daß durch den zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters ein als vorübergehend anzusehender Bedarf an der Beschäftigung eines Arbeitnehmers entsteht und daß dieser Arbeitnehmer gerade wegen dieses Bedarfs eingestellt wird. Unerheblich ist, ob und ggf. in welcher Weise der Arbeitgeber anläßlich dieser Einstellung eine Umverteilung der Aufgaben vornimmt.

4. Auch die Angriffe der Revision führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Aus der Revisionsbegründung ist schon nicht ersichtlich, inwieweit sie sich überhaupt auf die Würdigung des siebten Arbeitsvertrages durch das Landesarbeitsgericht bezieht. Die Revisionsbegründung sagt insoweit lediglich: "Vorstehende Überlegungen können sinngemäß für die Beurteilung des 7. Vertrages gelten." Die hierdurch in Bezug genommenen "vorstehenden Überlegungen" befassen sich jedoch lediglich mit der Rechtsproblematik der Zweckbefristung, die beim siebten Vertrag gerade nicht vorliegt, und der unterbliebenen Beteiligung des Lehrer- Bezirkspersonalrats, die für den siebten Vertrag vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden ist. Aber auch wenn davon ausgegangen wird, die Revision wolle auch geltend machen, das beklagte Land habe bei der Befristung zum 31. Juli 1985 keine hinreichende Prognoseentscheidung getroffen, ob die Lehrkraft W wirklich nur bis zu diesem Zeitpunkt beurlaubt sein werde, lassen sich hieraus keine Bedenken gegen die Dauer der vereinbarten Befristung herleiten. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die Beurlaubung der vertretenen Lehrerin W bis zum 31. Juli 1985 verlängert worden. Die Dauer der Befristung wurde daher an ihrem Sachgrund orientiert und stand mit ihm im Einklang.

II. Auch unter Berücksichtigung des sechsten Arbeitsvertrages vom 17./18. Oktober 1983 ist die Klage unbegründet, denn auch diese Befristung war wirksam.

1. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. das auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmte Senatsurteil vom 8. Mai 1985 - 7 AZR 191/84 - EzA § 620 BGB Nr. 76) kommt es zwar für die Frage, ob die Befristung eines Arbeitsverhältnisses wirksam ist, grundsätzlich nur auf den zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag an. Denn wollen die Arbeitsvertragsparteien im Anschluß an einen befristeten Arbeitsvertrag ihr Arbeitsverhältnis noch für eine bestimmte Zeit fortsetzen und schließen sie deshalb vorbehaltslos einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag ab, so bringen sie damit jedenfalls regelmäßig zum Ausdruck, daß der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll.

Für den Entscheidungsfall folgt jedoch aus dieser Rechtsprechung nicht, daß lediglich die Wirksamkeit der Befristung des letzten zwischen den Parteien abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrags, also des siebten Vertrags vom 30. Juli/27. August 1984, zu prüfen sei. Denn dieser siebte Vertrag wurde erst abgeschlossen, als der vorliegende Rechtsstreit bereits anhängig war; auch wurde der Rechtsstreit über die gesamte Vertragsdauer hinweg durchgeführt. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, die Parteien hätten vorbehaltslos zum Ausdruck gebracht, daß der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll. Insbesondere hat die Klägerin dadurch, daß sie den vorliegenden Rechtsstreit nicht anläßlich des Abschlusses des siebten Vertrages für erledigt erklärte, hinreichend deutlich den Vorbehalt zum Ausdruck gebracht, daß sie sich nach wie vor als in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehend betrachte und daß dieses unbefristete Arbeitsverhältnis nach wie vor Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien sein solle. Im Entscheidungsfall ist daher auch der sechste Arbeitsvertrag vom 17./18. Oktober 1983 auf die Rechtswirksamkeit seiner Befristung hin zu überprüfen.

2. Der sechste Arbeitsvertrag vom 17./18. Oktober 1983 lautet in seinem wesentlichen Inhalt wie folgt:

"Frau K wird ab 14.10.1983 - frühestens

vom Tage des Dienstantritts - bei der Bezirksregierung

Hannover für die Dauer der Beurlaubung gemäß § 87 a

NBG der Lehrkraft Frau W vor-

läufig bis 31.07.1984 - längstens bis zum Dienstan-

tritt der zu vertretenden Lehrkraft - als Lehrkraft im

Angestelltenverhältnis (Aushilfsangestellter) weiter-

beschäftigt. Sollte die Beurlaubung über den o. g.

Zeitpunkt weiter andauern, erhalten Sie Nachricht."

Diesem sechsten Vertrag war ein Begleitschreiben des beklagten Landes vom 14. Oktober 1983 beigefügt, das im wesentlichen wie folgt lautet:

"Sehr geehrte Frau K ]

D. von Ihnen vertretene Lehrkraft W ,

wird noch bis zum 31.07.1984 weiter aus-

fallen. Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis

dauert daher gemäß § 1 des Arbeitsvertrages bis zu

diesem Datum weiter an."

3. Das Landesarbeitsgericht hat diesen sechsten Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem Begleitschreiben vom 14. Oktober 1983 dahingehend ausgelegt, daß es sich nicht um eine Zweckbefristung für die Gesamtdauer der Beurlaubungen der Lehrkraft W handele, sondern um eine Zeitbefristung zum 31. Juli 1984. In dem handschriftlichen Zusatz "vorläufig bis" vor diesem Datum liege lediglich die Erklärung des beklagten Landes, der Klägerin eine etwaige Verlängerung der Beurlaubung der Lehrkraft W mitteilen und ihr ggf. einen weiteren Vertrag anbieten zu wollen.

An diese Auslegung ist der Senat gebunden. Durch die in erster Linie auslegungsbedürftigen handschriftlichen Zusätze "vorläufig bis" und "Sollte die Beurlaubung über den oben genannten Zeitpunkt weiter andauern, erhalten Sie Nachricht" erhält der Arbeitsvertrag, obwohl er an sich formularmäßig abgefaßt ist, den Charakter einer individuellen Erklärung. Rechtsfehler, wie z.B. ein Verstoß gegen Auslegungsregeln oder gegen Denkgesetze, auf deren Nachprüfung sich das Revisionsgericht bei derartigen untypischen Willenserklärungen zu beschränken hat (ständige Rechtsprechung seit BAG 3, 116, 118 f.), sind dem Landesarbeitsgericht nicht unterlaufen und von der Revision auch nicht gerügt worden.

Auf der Grundlage dieser den Senat mithin bindenden Auslegung stellen sich die von der Revision in den Vordergrund gerückten Fragen der Zweckbefristung nicht. Der sechsten Arbeitsvertrag hat aufgrund der vereinbarten Zeitbefristung zum 31. Juli 1984 geendet. Zum sachlichen Grund der Befristung gilt das oben (I 3) Ausgeführte. Auf die Frage der Personalratsbeteiligung kommt es nicht an. Selbst wenn die Zustimmung des Personalrats Wirksamkeitsvoraussetzung sein sollte, kann das Fehlen der Zustimmung nicht zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis führen.

4. Erfolglos macht die Klägerin weiter geltend, eine unzulässige Zweckbefristung liege auch darin, daß im Arbeitsvertrag vereinbart sei, das Arbeitsverhältnis solle schon vor dem Zeitpunkt 31. Juli 1984 enden, wenn die zu vertretende Lehrkraft ihren Dienst antrete. Der erkennende Senat hat sich schon mehrfach mit einer derartigen Fallgestaltung befaßt (Urteil vom 8. Mai 1985, aaO, zu I 1 der Gründe; Urteil vom 13. August 1986 - 7 AZR 131/85 - unveröffentlicht, zu I 2 der Gründe). Er hat jeweils ausgeführt, auf eine etwaige Unzulässigkeit einer derartigen Zweckbefristung könne es nur ankommen, wenn die vertretene Lehrkraft schon vor dem vertraglich vereinbarten Endzeitpunkt ihren Dienst wieder angetreten hätte. Sei dies nicht der Fall, so könne der Arbeitnehmer aus einer etwaigen Unwirksamkeit der vereinbarten Zweckbefristung nichts zu seinen Gunsten herleiten. Eine etwaige Unwirksamkeit der Zweckbefristung wegen Umgehung zwingender Mindestkündigungsfristen habe auf die Wirksamkeit der mitvereinbarten Zeitbefristung keinen Einfluß. Sie könne lediglich zur Folge haben, daß das Arbeitsverhältnis nicht schon mit einer vorzeitig eingetretenen Zweckerfüllung ende, sondern erst aufgrund der Zeitbefristung.

Da auch im Entscheidungsfall die zu vertretende Lehrkraft den Dienst nicht vor Ablauf der vereinbarten Zeitbefristung angetreten hat, ist die Zweckbefristung nicht zum Tragen gekommen. Auf ihre Wirksamkeit kommt es daher nicht an.

Dr. Seidensticker Dr. Becker Dr. Steckhan

Dr. Johannsen Kordus

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441174

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