Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhergruppierung einer angestellten Lehrerin

 

Leitsatz (amtlich)

Macht der aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung anzuwendende Erfüllererlaß die Eingruppierung des Lehrers von dem Vorhandensein einer entsprechenden Planstelle abhängig, so wird durch eine solche Vereinbarung keine Verpflichtung des Landes begründet, entsprechende Planstellen gegebenenfalls zu schaffen (im Anschluß an BAG Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

 

Normenkette

BAT § 22 Lehrer, § 23 Lehrer; Runderlaß d. Kultusministers NRW ü. d. Eingruppierung d. i. Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden u. berufl. Schulen, die die fachl. u. päd. Voraussetzungen z. Übernahme i. d. Beamtenverhältnis erfüllen v. 16.11.1981 Ziff. 5.7

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 11.05.1995; Aktenzeichen 10 Sa 1354/94)

ArbG Köln (Urteil vom 21.10.1994; Aktenzeichen 5 Ca 4600/94)

 

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. Mai 1995 – 10 Sa 1354/94 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klägerin Zinsen auf die Nettodifferenzbeträge erst ab dem 26. Mai 1994 verlangen kann und die Mehrforderung abgewiesen wird.

Die Kosten der Revision trägt das beklagte Land.

Von Rechts wegen !

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhergruppierung der Klägerin in die VergGr. IVa BAT.

Die Klägerin schloß am 24. Februar 1971 eine praktisch-pädagogische Ausbildung für die Laufbahn des technischen Lehrers mit Erfolg ab. Sie wurde mit Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 19. März 1971 mit Vergütung nach der VergGr. IVb BAT seit dem 1. April 1971 als technische Lehrerin im Angestelltenverhältnis an der G…-Schule in L… beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Erfüllererlaß des Kultusministers NRW vom 16. November 1981 (GABl. NW 1982, S. 5) Anwendung, der u.a. lautet:

5. 

Lehrer an beruflichen Schulen

5.6

Fachlehrer

VergGr. IVb BAT

mit der Befähigung zum Technischen Lehrer (§ 60 LVO), die eine andere als Ingenieur- oder Fachhochschulausbildung abgeschlossen haben

5.7

wie 5.6

VergGr. IVa BAT

wenn sie eine mindestens siebenjährige Dienstzeit als Fachlehrer abgeleistet haben und die Planstelle eines Fachlehrers der BesGr. A 11 zur Verfügung steht

9.4

Bei der Eingruppierung der Lehrer nach den Nummern … 5.7 … ist nach denselben Grundsätzen zu verfahren, die bei der Beförderung der entsprechenden Lehrer im Beamtenverhältnis angewandt werden.

Im Herbst 1993 erinnerte der Schulleiter der G…-…-Schule den Regierungspräsidenten in Köln, daß die Klägerin bislang nicht höhergruppiert worden sei. Es wurde sodann bei der Bezirksregierung in Köln für eine Reihe von Lehrern ein Höhergruppierungsverfahren unter Beteiligung des Personalrates eingeleitet. Einige dieser Verfahren wurden mit einer Höhergruppierung abgeschlossen. Die Höhergruppierung der Klägerin unterblieb. Daraufhin stellte die Klägerin mit Schreiben vom 6. Mai 1994 einen Antrag auf Höhergruppierung, der jedoch abgelehnt wurde.

Die Klägerin hat mit der am 26. Mai 1994 zugestellten Klage ihren Anspruch auf Höhergruppierung in die VergGr. IVa BAT geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, dieser Anspruch sei begründet, weil in verschiedenen anderen Fällen ab November 1993 Höhergruppierungsanträge positiv beschieden worden seien.

Die Klägerin hat beantragt,

  • festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 11. November 1993 nach VergGr. IVa BAT zu vergüten,
  • festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die jeweiligen Nettodifferenzbeträge zwischen den VergGr. IVb und IVa BAT jeweils ab Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat geltend gemacht, seit dem Jahre 1985 habe keine besetzbare Planstelle für Fachlehrer der Besoldungsgruppe A 11 mehr zur Verfügung gestanden. Soweit man im Jahre 1993 in einigen Fällen Höhergruppierungen vorgenommen habe, sei dies auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln zurückzuführen, nach dem an dem Planstellenerfordernis nicht festzuhalten sei. Dies habe sich jedoch inzwischen als unzutreffend herausgestellt. Daraufhin seien weitere Höhergruppierungen unterblieben.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land sein Klageabeweisungsbegehren weiter. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist nicht begründet.

  • Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe ab dem 11. November 1993 einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die VergGr. IVa BAT gemäß Ziff. 5.7 des Erfüllererlasses 1981. Die Klägerin habe als Fachlehrerin mit der Befähigung zum technischen Lehrer eine mindestens siebenjährige Dienstzeit abgeleistet. Dem Anspruch stehe auch nicht entgegen, daß nach der Behauptung des beklagten Landes seit dem Jahre 1985 keine Planstelle eines Fachlehrers der Besoldungsgruppe A 11 zur Verfügung stehe. Diese vom beklagten Land im Erfüllererlaß vorgenommene Leistungsbestimmung habe nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 und 3 BGB bei der behaupteten Stellensituation vom beklagten Land angepaßt werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, könne sich das beklagte Land nicht auf das Fehlen einer Planstelle berufen.

    Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind jedenfalls im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

  • Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Eingruppierung in die VergGr. IVa BAT gemäß Ziff. 5.7 des Erfüllererlasses 1981, der aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Diese Vereinbarung ist dahin auszulegen, daß nicht nur die im Arbeitsvertrag vorgesehene, sondern auch eine höhere Eingruppierung zustehen soll, sofern die Klägerin die im Erfüllererlaß genannten Voraussetzungen erfüllt.

    • Nach Ziff. 5.7 des Erfüllererlasses sind Lehrer an beruflichen Schulen, wenn sie eine mindestens siebenjährige Dienstzeit als Fachlehrer, d.h. nach Ziff. 5.6 Erfüllererlaß mit der Befähigung zum technischen Lehrer mit abgeschlossener Ausbildung abgeleistet haben und die Planstelle eines Fachlehrers der Besoldungsgruppe A 11 zur Verfügung steht, nach der VergGr. IVa BAT einzugruppieren.

      Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, daß die Klägerin die persönlichen Voraussetzungen dieser Regelung erfüllt. Sie schloß im Februar 1971 eine praktisch-pädagogische Ausbildung für die Laufbahn des technischen Lehrers mit Erfolg ab. Sie hat damit die Befähigung eines technischen Lehrers. Die Klägerin ist seit dem 1. April 1971 als Lehrerin an einer beruflichen Schule, der G…-Schule in L… tätig. Die mindestens siebenjährige Dienstzeit als technische Lehrerin ist damit gegeben.

    • Entgegen der Ansicht des beklagten Landes ist auch davon auszugehen, daß im Klagezeitraum eine Planstelle eines Fachlehrers der Besoldungsgruppe A 11 zur Verfügung stand.

      • Die Revision rügt allerdings zu Recht, daß das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung auf § 315 Abs. 1 und 3 BGB gestützt hat. Im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens ist eine Verpflichtung des beklagten Landes, Beförderungsstellen nach der Besoldungsgruppe A 11 zu schaffen und angestellte Lehrer bei der Besetzung der Stellen angemessen zu berücksichtigen aus Rechtsgründen nicht möglich.

        Verweist ein Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes auf das Vorhandensein einer Planstelle nach der Besoldungsgruppe A 11, so kommt damit zum Ausdruck, daß angestellte und beamtete Lehrer gleichbehandelt werden sollen. Dieses Gebot begründet jedoch keine Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers Planstellen einzurichten, um Lehrern den Aufstieg in die Besoldungsgruppe A 11 zu eröffnen. Die Verweisung bedeutet vielmehr, daß ein Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes innerhalb derselben Laufbahn an die Voraussetzung geknüpft ist, daß der Bewerber aufgrund seiner bisherigen Leistungen für das Beförderungsamt geeignet erscheint und die entsprechenden Planstellen auch tatsächlich im Haushalt zur Verfügung stehen. Kann aber ein Beamter bei Fehlen einer Planstelle nach der Besoldungsgruppe A 11 schon aus diesem Grunde keine Beförderung verlangen, würde eine von der Sache her unberechtigte Besserstellung angestellter Lehrer gegeben sein, wenn diese ohne Vorhandensein einer Planstelle eine Höhergruppierung erreichen könnten. Beide Gruppen sind vielmehr gleich zu behandeln. Hat aber der Beamte keinen Anspruch darauf, daß der Haushaltsgesetzgeber entsprechende Planstellen schafft, dann gibt es auch für den angestellten Lehrer keinen tariflichen Anspruch, Stellen für eine Höhergruppierung nach der VergGr. IVa BAT zur Verfügung zu stellen (vgl. BAG Urteile vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – und – 6 AZR 972/94 – AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer und AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O).

        Die gleichen Grundsätze gelten auch für den Fall arbeitsvertraglicher Verweisung auf einen Erfüllererlaß. Ziff. 5.7 des Erfüllererlasses 1981 setzt nach dem Wortlaut das Vorhandensein einer Planstelle nach Besoldungsgruppe A 11 voraus. Sinn und Zweck dieser einseitigen Leistungsbestimmung ist es, im Beamten- und Angestelltenverhältnis jeweils gleichwertige Lehrkräfte mit gleichwertiger Vergütung zu beschäftigen (vgl. dazu BAG Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 394/92 – AP Nr. 171 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Dies folgt auch aus Ziff. 9 des Erfüllererlasses, wonach bei der Eingruppierung der Lehrer nach Ziff. 5.7 des Erlasses nach denselben Grundsätzen zu verfahren ist, wie sie bei der Beförderung der entsprechenden Lehrer im Beamtenverhältnis angewandt werden. Aufgrund der damit zulässigerweise bezweckten Gleichstellung von angestellten und beamteten Lehrern bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn der Erfüllererlaß die Eingruppierung der angestellten Lehrer vom Vorliegen bestimmter für die Beamten geltenden haushaltsrechtlichen Vorgaben, wie das Vorhandensein einer Planstelle, abhängig macht. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß angestellte und beamtete Lehrer nebeneinander an derselben Schule unter gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind. Das rechtfertigt es, Lehrkräften mit gleichwertiger Qualifikation die gleiche Vergütung unabhängig davon zu gewähren, ob sie Angestellte oder Beamte sind.

      • Dieser Rechtsfehler führt jedoch nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Diese erweist sich vielmehr aus anderen Gründen im Ergebnis als zutreffend.

        Aufgrund des beiderseitigen Parteivorbringens ist davon auszugehen, daß im Klagezeitraum eine Planstelle eines Fachlehrers der Besoldungsgruppe A 11 zur Verfügung stand. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, daß im Haushalt Planstellen zur Verfügung standen und auch ab November 1993 besetzt worden sind. Damit hat sie ihrer Darlegungslast hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals genügt. Da das beklagte Land selbst zugestanden hat, daß Höhergruppierungen – wenn auch irrtümlich aufgrund falscher Beurteilungen der Rechtslage – erfolgt sind, stellt der pauschale Vortrag des beklagten Landes, es hätten seit dem Jahre 1985 keine Stellen der Besoldungsgruppe A 11 zur Verfügung gestanden, kein substantiiertes Bestreiten des Sachvortrags der Klägerin dar (vgl. dazu auch BAG Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Das beklagte Land hätte als sachnähere Partei substantiiert darlegen müssen, inwieweit solche Planstellen für beamtete und ggf. angestellte Lehrer in den einzelnen Verwaltungsorganisationen überhaupt ausgewiesen ggf. frei gewordene und aufgrund welcher Erwägungen mit anderen Bewerbern wieder besetzt worden sind. Ein derartiger Sachvortrag fehlt jedoch.

  • Auf die Revision des beklagten Landes ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts jedoch hinsichtlich des Zinsanspruches teilweise aufzuheben und die Klage teilweise abzuweisen. Die Klägerin kann die Verzinsung der nachzuzahlenden Vergütungsdifferenzen nicht wie gefordert und ausgeurteilt seit Fälligkeit der Vergütungsansprüche, sondern erst ab der Rechtshängigkeit der Klage am 26. Mai 1994 verlangen (vgl. BAG Urteil vom 11. Juni 1997 – 10 AZR 613/96 –, m.w.N.).
  • Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Matthes, Dr. Jobs, Schlaefke, Lindemann

Richter Böck ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert

Matthes

 

Fundstellen

Haufe-Index 893883

BB 1998, 224

RdA 1998, 60

RiA 1998, 282

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