Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung eines Arbeitsverhältnisses

 

Orientierungssatz

Frage, ob ein bei einem kommunalen "Kinderclub" tätiger Student der Erziehungswissenschaften Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter ist.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 28.02.1983; Aktenzeichen 2 Sa 1868/82)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 27.10.1982; Aktenzeichen 4 Ca 5198/82)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Mitarbeiterverhältnis besteht.

Der Kläger, ein diplomierter Sozialpädagoge, der zur Zeit ein weiteres Studium in den Erziehungswissenschaften absolviert, ist seit Januar 1978 bei der beklagten Stadt als Mitarbeiter in der Abteilung Jugendförderung tätig. Diese unterhält u. a. einen sogenannten "Kinderclub", der inmitten einer Obdachlosensiedlung von vier großen Reihenhäusern mit Notunterkünften liegt. Im Erdgeschoß eines dieser Reihenhäuser befinden sich die Räume des "Kinderclubs". In dieser Einrichtung werden Kinder im Alter von acht bis 15 Jahren betreut, die überwiegend aus "Obdachlosenfamilien" stammen. In dem "Kinderclub" sind zwei sogenannte hauptamtliche und drei sogenannte nebenamtliche Pädagogen, zu denen der Kläger gehört, tätig.

Ein schriftlicher Vertrag besteht zwischen den Parteien nicht; es besteht jedoch zwischen ihnen Einigkeit, daß für ihre Rechtsbeziehungen die von der Beklagten erstellten "Richtlinien über die nebenamtliche Mitarbeit im Rahmen der städtischen Jugendförderung", die "Honorarregelung für nebenamtliche Mitarbeiter im Rahmen der Abteilung Jugendförderung" sowie die "Rahmenkonzeption der Abteilung Jugendförderung für die Jugendfreizeiteinrichtungen" maßgeblich sind.

Die "Richtlinien über die nebenamtliche Mitarbeit im Rahmen der städtischen Jugendförderung" haben - soweit hier von Bedeutung - folgenden Inhalt:

1. .....

Die nebenamtliche Mitarbeit vollzieht sich nicht

im Rahmen eines Arbeitsvertrages und kann jeder-

zeit beiderseitig beendet werden.

Zur Sicherstellung der kontinuierlichen pädago-

gischen Arbeit ist es selbstverständlich, daß

sich beide Seiten frühzeitig über eine beabsich-

tigte Beendigung der Zusammenarbeit in Kenntnis

setzen.

2. Eine Mitarbeit kann nur erfolgen, wenn das wahr-

zunehmende Aufgabengebiet feststeht und seitens

des nebenamtlichen Mitarbeiters konkrete reali-

sierbare Vorstellungen bestehen.

.....

5. Das Honorar des nebenamtlichen Mitarbeiters wird

nach der "Honorarregelung über die nebenamtliche

Mitarbeit im Rahmen der städtischen Jugendförde-

rung" festgesetzt.

6. Aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen dürfen

bei studentischen nebenamtlichen Mitarbeitern 19

Stunden wöchentlich nicht überschritten werden.

Eine Studienbescheinigung ist bei jedem neuen

Semesterbeginn unaufgefordert dem Honorarbogen

beizufügen.

.....

10. Um eine kontinuierliche pädagogische Arbeit zu

gewährleisten, ist der nebenamtliche Mitarbeiter

verpflichtet, auf der Grundlage der pädagogischen

Konzeptionen und Absprachen zu arbeiten.

11. Er hat zu einer effektiven Teamarbeit beizutra-

gen und an der Erarbeitung bzw. Umsetzung beste-

hender Zielsetzungen mitzuwirken.

12. Die Zusammenarbeit zwischen nebenamtlichen und

hauptamtlichen Mitarbeitern vollzieht sich auf

den Grundlagen der pädagogischen Konzeption und

organisatorischen Notwendigkeiten.

Die Gesamtverantwortung der pädagogischen Arbeit

und des organisatorischen Ablaufes liegt bei den

hauptamtlichen Mitarbeitern bzw. dem Projektleiter.

Ergeben sich im Team nicht ausräumbare Mei-

nungsverschiedenheiten und Schwierigkeiten zwi-

schen haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitern, so

kann der Bezirksjugendpfleger oder im Einzelfall

der Abteilungsleiter zur Klärung in Anspruch ge-

nommen werden.

In Situationen, die eine sofortige Entscheidung

notwendig machen, ist die Weisung des Projekt-

leiters für jeden Mitarbeiter bindend.

13. Der vereinbarte Dienst ist pünktlich und regel-

mäßig wahrzunehmen. Im unvermeidlichen Verhinde-

rungsfall ist der Projektleiter sofort zu benach-

richtigen, damit er für eine Vertretung sorgen

kann.

Wiederholtes Nichteinhalten der vereinbarten

Dienstzeit hat die Beendigung der nebenamtlichen

Mitarbeit zur Folge.

....."

Die Beklagte beschäftigt unter ähnlichen Bedingungen ca. 270 Mitarbeiter.

Der Kläger erhält pro Stunde 12,-- DM Honorar. Die Arbeitszeit des Klägers war in der Zeit von Januar 1978 bis Juli 1982 teilweise erheblichen Schwankungen unterworfen, wie sich aus der folgenden Aufstellung ergibt:

1978 1979 1980 1981 1982

-------------------------------------------------

Januar - 40,5 32 62,5 70

Februar 50 52 60 48,5 50

März 30 33,5 43,5 - 58

April 55 39 25 62,5 62,5

Mai 50,5 57 70 41 62

Juni 45,5 24 55 59,5 49

Juli 38 - 33,5 93 36

August 39,5 47 75,5 23 -

September 72,5 61 80,5 55,5

Oktober 47 78 77,5 69

November 65,5 59 46,5 49,5

Dezember - 33 38,5 52,5

Seit Dezember 1981 ist der Kläger regelmäßig jeweils mittwochs und donnerstags in der Zeit von 13.00 Uhr bis 21.00 Uhr bzw. 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr im "Kinderclub" tätig. Zusätzlich findet 14-tägig donnerstags eine zweistündige "Teambesprechung" von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr statt.

Mit seiner am 27. August 1982 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, er sei sowohl bezüglich seines Arbeitsortes, seiner Arbeitszeit und darüber hinaus auch im fachlichen Rahmen persönlich von der beklagten Stadt abhängig. Bei seiner Arbeit müsse er sich in einer von der beklagten Stadt vorgegebenen Konzeption bewegen. Diese könne in seine Arbeit durch Erteilung sogenannter Vorschläge eingreifen. Er sei nicht nur von den "Richtlinien über die nebenamtliche Mitarbeit im Rahmen der städtischen Jugendförderung", sondern auch von den Arbeitstagungen und den Teambesprechungen abhängig.

Die im "Kinderclub" nebenamtlich beschäftigten Pädagogen könnten sich zwar ihre Arbeitszeit selbst einteilen und sich untereinander auf einen Stundenplan einigen. Es bestehe hier jedoch gewissermaßen ein Zwang zur Einigung, so daß auch insoweit ein wirksames Eingriffsrecht der beklagten Stadt bejaht werden müsse.

Bei der Urlaubsplanung sei er nicht vollkommen frei. Ihm sei verwehrt, zugesagte Arbeitsstunden einfach ausfallen zu lassen. Vielmehr müsse er in diesem Fall dafür sorgen, daß ein anderer Kollege als Vertreter für ihn einspringe.

Das ihm von der beklagten Stadt gezahlte Honorar stelle seine einzige Erwerbsquelle dar; er sei demnach nicht als nebenamtlicher, sondern als teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter anzusehen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien

seit Januar 1978 ein Arbeitsverhältnis

besteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger sei im Rahmen der vorgegebenen Konzeption in der Gestaltung seiner Arbeit weitgehend frei. Die Rahmenkonzeption werde auf zwei verschiedenen Ebenen konkretisiert: Einmal zwischen dem Bezirksjugendpfleger und den hauptamtlichen Mitarbeitern, zum anderen zwischen den haupt- und den nebenamtlichen Mitarbeitern. Auch ständen die Angebote an die Besucher des "Kinderclubs" nicht von vornherein fest, sondern würden von der Entscheidung der nebenamtlichen Mitarbeiter weitgehend beeinflußt. Zur Teilnahme an Wochenendfahrten bestehe für die nebenamtlichen Mitarbeiter keine Verpflichtung. Schließlich sei die Tätigkeit des Klägers auch insoweit flexibel, als sie von dem Interesse der Besucher der Einrichtung abhinge. Es bestehe kein Weisungsrecht des jeweiligen Leiters der Einrichtung ihm gegenüber. Er könne vielmehr selbst entscheiden, welche Ziele durch welche Methoden innerhalb der vorgegebenen konzeptionellen Grundlagen er erreichen wolle. Eine derartige Freiheit bestehe im übrigen auch im Hinblick auf den Umfang seiner Arbeitsleistung und seiner Arbeitszeit. Beim Kläger sowie den anderen unter gleichen Bedingungen tätigen Personen sei der Grad der persönlichen Abhängigkeit nicht dergestalt, daß nicht mehr von einem freien Mitarbeiter gesprochen werden könne.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis besteht. Der Kläger ist als freier Mitarbeiter im Rahmen eines Dienstverhältnisses im betreffenden "Kinderclub" der Beklagten tätig.

I. Das Berufungsgericht hat zur Statusbeurteilung des Klägers im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Beim Kläger fehle es an einer bestehenden Weisungsgebundenheit. Das komme vor allem dadurch zum Ausdruck, daß er an eine feste Arbeitszeit nicht gebunden sei. Unstreitig arbeite der Kläger zwar seit Dezember 1981 an zwei bestimmten Wochentagen (mittwochs und donnerstags). Es sei aber zwischen den Parteien unstreitig, daß es den im "Kinderclub" haupt- bzw. nebenamtlich beschäftigten Sozialpädagogen selbst überlassen sei, ihre Arbeitszeit festzulegen und insoweit einen Stundenplan aufzustellen. Die Tatsache, daß sich seit etwas über einem Jahr die Arbeitszeit des Klägers nicht geändert habe, sei allein noch kein Indiz dafür, daß er zu bestimmten Zeiten zur Arbeitsleistung verpflichtet sei, zumal in den vorausgegangenen Jahren der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit recht unterschiedlich gewesen sei.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren behauptet habe, der Leiterin des "Kinderclubs" gegenüber weisungsgebunden zu sein, beziehe sich dieses ausschließlich auf die in eigener Verantwortung festgelegte Arbeitszeit.

Die mangelnde Weisungsgebundenheit zeige sich auch im Falle der Verhinderung des Klägers, seine Tätigkeit als Sozialpädagoge auszuüben. In diesem Fall habe zwar die beklagte Stadt für seine Vertretung zu sorgen. Der Kläger könne aber eine Vertretungsregelung auch mit seinen beiden anderen nebenamtlich tätigen Kollegen vereinbaren, ohne daß die Leiterin hierauf irgendwelchen Einfluß habe. Entsprechende Regeln fänden auch für den Urlaub des Klägers Anwendung. Weiterhin zeige sich die fehlende persönliche Abhängigkeit des Klägers in der Ausübung und Gestaltung seiner Tätigkeit als Sozialpädagoge. Zwar habe die beklagte Stadt hierfür eine grundsätzliche Konzeption erstellt; auf der Grundlage dieser Konzeption sei der Kläger jedoch weitgehend frei in der Ausübung seiner Tätigkeit. Er könne selbst bestimmen, in welcher Weise er mit den ihm anvertrauten Kindern arbeite. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß auf der Ebene des "Kinderclubs" 14-tägige Teambesprechungen stattfänden. In diesen Besprechungen werde dem Kläger keine bestimmte Weisung hinsichtlich der Ausübung seiner Tätigkeit als Sozialpädagoge gegeben, sie stellten lediglich einen Erfahrungsaustausch dar.

Die mangelnde Weisungsgebundenheit des Klägers gelange weiterhin dadurch zum Ausdruck, daß er jederzeit, also ohne Einhaltung einer bestimmten Kündigungsfrist, seine Tätigkeit bei der beklagten Stadt beenden könne.

Ohne Bedeutung sei, daß der Kläger ausschließlich von den Einkünften aus dieser Tätigkeit als nebenamtlicher Mitarbeiter lebe. Hierin zeige sich zwar eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers von der beklagten Stadt. Diese sei jedoch nicht identisch mit der zu beantwortenden Frage seiner persönlichen Abhängigkeit. Denn es bleibe dem Kläger unbenommen, ohne Genehmigung der beklagten Stadt an den anderen Wochentagen einer entgeltlichen Tätigkeit nachzugehen, soweit ihm sein Studium der Erziehungswissenschaften hierfür noch Zeit lasse.

II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind sowohl im Ergebnis als auch weitgehend in der Begründung nicht zu beanstanden. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Das Berufungsgericht ist bei der Statusbeurteilung von den Grundsätzen ausgegangen, die das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertritt. Entscheidendes Merkmal der Arbeitnehmereigenschaft ist danach vor allem die persönliche Abhängigkeit des Mitarbeiters (vgl. die zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt ergangene Entscheidung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Mai 1984 (- 5 AZR 195/82 -, unter 2 der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstvertrag) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welcher der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils steht. Danach ist Arbeitnehmer derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und daher persönlich abhängig ist folglich der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Zwar gilt die genannte Regelung unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters zum abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen. Über diesen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält die Bestimmung jedoch eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrags zum Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal dies die einzige Norm ist, welche Kriterien hierfür aufstellt (vgl. BAG Urteil vom 9. Mai 1984, aaO; BAG Urteil vom 17. Mai 1978 - 5 AZR 580/77 - AP Nr. 28 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 1 der Gründe; BAG 36, 77, 84 = AP Nr. 38 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 3 b der Gründe; BAG 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe).

Unterliegt der Beschäftigte hinsichtlich Zeit, Dauer, Art und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht, liegt ein Arbeitsverhältnis vor. Kann er im wesentlichen die Arbeitsbedingungen frei gestalten, ist er ein freier Mitarbeiter. Insoweit gilt für die im pädagogischen Bereich Tätigen dasselbe wie für andere Beschäftigungsverhältnisse auch. Die das Rechtsverhältnis prägenden charakteristischen Merkmale sind zu beurteilen, wie sie sich aus dem Inhalt des Vertrages und der praktischen Durchführung und Gestaltung der Vertragsbeziehungen ergeben (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. für die Volkshochschuldozenten BAG 39, 329, 332 = AP Nr. 32 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten, zu I der Gründe).

2. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze im Streitfall richtig angewandt. Die zwischen den Parteien begründeten Vertragsbeziehungen sind nach den vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden ist, nicht als Arbeitsverhältnis zu werten. Es liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß der Kläger bei seiner Tätigkeit in einer für das Arbeitsverhältnis typischen Weise persönlich abhängig ist.

a) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG Urteil vom 9. Mai 1984, aaO) hat das Berufungsgericht entscheidend darauf abgestellt, ob der Kläger in zeitlicher Hinsicht Bindungen unterliegt, wie sie einem Arbeitsverhältnis eigen sind, sowie welchen Einschränkungen er bei der Gestaltung seiner Tätigkeit unterworfen ist.

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Kläger seinen Arbeitseinsatz und dessen Umfang weitgehend frei bestimmen kann. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war es den im "Kinderclub" haupt- bzw. nebenamtlich beschäftigten Sozialpädagogen selbst überlassen, ihre Arbeitszeit festzulegen und einen Stundenplan aufzustellen. Auch der Umstand, daß der Kläger seit Dezember 1981 in der Regel mittwochs und donnerstags zu festgelegten Zeiten tätig ist, spricht nicht für eine arbeitszeitmäßige Bindung des Klägers, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch ist. Abgesehen davon, daß der zeitliche Umfang der von ihm erbrachten Dienstleistungen auch noch nach diesem Zeitpunkt gewissen Schwankungen unterworfen gewesen ist, wie sich aus der Zusammenstellung der vom Kläger in der Zeit vom Dezember 1981 bis Juli 1982 abgerechneten Stunden ergibt, hat die Beklagte nicht von sich aus die betreffenden Wochentage dem Kläger als Beschäftigungstage zugewiesen. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil kann die z. Zt. geltende Arbeitszeit jederzeit wieder von haupt- bzw. nebenamtlich beschäftigten Sozialpädagogen geändert werden.

Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin eine mangelnde Weisungsgebundenheit des Klägers in zeitlicher Hinsicht zu Recht in der im "Kinderclub" praktizierten Vertretungsregelung gesehen. Danach kann der Kläger mit seinen beiden anderen nebenamtlich tätigen Kollegen Vertretungen vereinbaren, ohne daß die Leiterin des "Kinderclubs" hierauf irgendeinen Einfluß hat. Hierin äußert sich die für ein freies Mitarbeiterverhältnis typische Freiheit in der Arbeitszeitgestaltung; die Beklagte hat aufgrund der in dem "Kinderclub" praktizierten Vertretungsregelung keinerlei Weisungsbefugnisse, welcher der nebenamtlich tätigen Mitarbeiter letztlich die zu leistende Betreuungsarbeit erbringt. Dem Kläger ist es damit möglich, auch ohne Einverständnis der Beklagten zugesagte Dienstleistungen nicht zu erbringen bzw. diese - in Abweichung zu dem in § 613 Satz 1 BGB festgelegten Grundsatz der Verpflichtung zur persönlichen Dienstleistung - durch Dritte ausführen zu lassen. Der Beklagten stehen somit weder hinsichtlich der Lage noch hinsichtlich des Umfanges der von dem Kläger zu erbringenden Tätigkeit rechtliche Gestaltungsbefugnisse zu.

Auch aus den 14-tägig stattfindenden "Teambesprechungen" ergeben sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts keine Bindungen des Klägers in zeitlicher Hinsicht, wie dies für ein Arbeitsverhältnis typisch ist. Die 14-tägig stattfindenden "Teambesprechungen" hatten - unstreitig - in erster Linie die Funktion eines gegenseitigen Erfahrungsaustausches. Daß dem Kläger hierbei in zeitlicher Hinsicht seitens der Leiterin des "Kinderclubs" verbindliche Weisungen (z. B. hinsichtlich der Wochentage oder der zeitlichen Lage seiner Tätigkeit an den einzelnen Wochentagen) erteilt worden seien, hat das Landesarbeitsgericht weder festgestellt noch ergibt sich dies aus dem Vorbringen des Klägers.

b) Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin zu Recht angenommen, daß sich eine persönliche Abhängigkeit auch nicht aus der Art und Weise herleiten läßt, in der der Kläger seine Betreuungstätigkeit erbringt.

Der Kläger ist bei der Ausübung seiner Tätigkeit an die von der Beklagten erstellte "Rahmenkonzeption der Abteilung Jugendförderung für die Jugendfreizeiteinrichtungen" gebunden. Hierbei handelt es sich nicht um konkrete methodische oder didaktische Handlungsanweisungen, wie sie für ein Arbeitsverhältnis charakteristisch wären. Die "Rahmenkonzeption" umschreibt u. a. die Zielgruppe der Jugendarbeit, die Tätigkeitsfelder dieser Arbeit (z. B. Schulaufgabenbetreuung, "berufsorientierte Angebote", "Bereich sozialen Lernens") sowie die mögliche "Angebotsstruktur". Die "Rahmenkonzeption" überläßt dem einzelnen Mitarbeiter die erforderliche Konkretisierung der von ihm wahrzunehmenden Betreuungsaufgaben, wobei die Angebotsstruktur nur gattungsmäßig umschrieben wird. Mit welchen didaktischen Methoden die einzelnen Projekte durchzuführen sind, wird in der Rahmenkonzeption nicht im einzelnen bestimmt.

Eine für das Arbeitsverhältnis charakteristische Weisungsabhängigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der "Richtlinien über die nebenamtliche Mitarbeit im Rahmen der städtischen Jugendförderung". Die "Richtlinien" sehen unter Ziff. 2 ausdrücklich eigene "konkrete realisierbare Vorstellungen" des Mitarbeiters vor. Bestimmte Tätigkeitsanweisungen lassen sich aus den Richtlinien nicht folgern. Allein der Umstand, daß durch "Rahmenkonzeption" und "Richtlinien" der Gegenstand der Tätigkeit des Klägers der Gattung nach beschrieben wird, rechtfertigt nicht die Annahme, der Kläger sei aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zur Dienstleistung verpflichtet. Vielmehr setzt auch ein Dienstverhältnis einen bestimmten Leistungsgegenstand voraus. Der Kläger kann im Rahmen der konzeptionellen Grundlage seine praktische Arbeit weitgehend frei durchführen; in dem vorgegebenen Rahmen bleibt es ihm überlassen, welche Ziele er mit welchen Methoden erreichen will. Dem widerspricht auch nicht, daß Ziff. 12 Abs. 4 der "Richtlinien" ein bindendes Weisungsrecht des Projektleiters in Situationen vorsieht, "die eine sofortige Entscheidung notwendig machen". Diese Regelung rechtfertigt gerade den Umkehrschluß, daß ein derartiges Weisungsrecht nicht besteht, wenn keine sofortige Entscheidung notwendig ist. Die Richtlinien sehen für den Fall von Meinungsverschiedenheiten die Schlichtung durch den Bezirksjugendpfleger bzw. durch den Abteilungsleiter vor.

Von dem Kläger wird auch nicht behauptet, ihm würden auf den Teambesprechungen konkrete Arbeitsanweisungen erteilt. Die Teamgespräche dienen vorrangig der gegenseitigen Information. Ein solches Erfordernis ergibt sich aus dem Umstand, daß nicht täglich dieselben Mitarbeiter zusammenarbeiten und ein Erfahrungsaustausch aller Beteiligten im Rahmen der pädagogischen Arbeit erforderlich ist.

c) Auch aus der zeitlichen Inanspruchnahme des Klägers in einem Umfang von zuletzt in der Regel 12,5 bzw. 14,5 Stunden pro Woche läßt sich nicht auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses schließen (a. A. Beuthien/Wehler, Gemeinsame Anm. zu AP Nr. 15 bis 21 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Die Dauer der zeitlichen Inanspruchnahme ist für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung, da auch die Tätigkeit eines freien Mitarbeiters eine gewisse zeitliche Inanspruchnahme voraussetzt. Im Einzelfall kann eine umfangreiche zeitliche Inanspruchnahme jedoch ein Indiz für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses sein (vgl. BAG Urteil vom 7. Mai 1980 - 5 AZR 293/78 - AP Nr. 35 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Dieses ist vorliegend - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht der Fall.

d) Die persönliche Abhängigkeit des Klägers folgt schließlich auch nicht daraus, daß er seine Tätigkeit - von externen Veranstaltungen abgesehen - im wesentlichen nur in dem "Kinderclub" der Beklagten verrichten kann und damit an einen bestimmten Ort gebunden ist. Eine derartige Ortsgebundenheit ist für pädagogische Betreuungstätigkeiten der hier vorliegenden Art typisch und besagt nichts über die persönliche Abhängigkeit (vgl. BAG Urteil vom 9. Mai 1984, aaO, unter 3 c der Gründe, m. w. N.).

Die Revision war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Dr. Seidensticker Roeper Dr. Becker

Gossen Neuroth

 

Fundstellen

Dokument-Index HI441141

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